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Fußball-Kreispokal

Brisantes Ortsderby: Fatihspors Freude und ein Lehrstück in Sachen Fairness

Das Oberderdinger Derby im Fußball-Kreispokal war mit Spannung erwartet worden. Das Polizeiaufgebot, die 40 Ordner – all das erwies sich als unnötig. Die 450 Zuschauer sahen in Rinklingen ein faires und spannendes Fußballspiel.

kein Halten mehr nach dem entscheidenden Elfmeter
Kein Halten mehr: Nach dem entscheidenden Elfmeter, verwandelt von Mert Yilmaz, feiert der FC Fatihspor einen Sieg gegen den SV Oberderdingen. Foto: Jan Prihoda

Als die Show vorbei war, zeigte sich auf dem Rinklinger Rasen ein schönes, ja versöhnliches Bild. Hier hatten keine verfeindeten Vereine gegeneinander gespielt, die sich nach monatelanger Streit Quälerei ihre Mitglieder auf den Hals hetzen wollten. Ganz im Gegenteil: Es waren Freunde gegeneinander angetreten. Junge Oberderdinger Sportler, die nichts anderes wollen, als mit Freude Fußball zu spielen. Ob sie nun an diesem Tag das rote Trikot des SVO oder das türkise des FC Fatihspor trugen.

Was war nicht alles erwartet worden vor diesem brisanten Ortsduell, das für die erste Runde des Kreispokals gezogen worden war. Randale, Krawalle? Selbst die Polizei hatte angesichts des Platz-Streits der Clubs schlimmste Bedenken, weshalb sie neben den 40 Platzordnern mit einem eigenen Aufgebot am Ort war. In Oberderdingen - wo der neu gegründete FC Fatihspor gerne die Anlage des SVO mitnutzen würde, was dieser verweigert - hatte man das Derby erst gar nicht austragen wollen und war nach Rinklingen ausgewichen.

Nichts von den Befürchtungen traf ein. Obwohl es spannend war bis zum Schluss und erst das Elfmeterschießen über den 6:5 (2:2,1:0)-Sieg des FC Fatihspor entschied, gratulierten sich die Spieler beider Vereine anschließend mehr als fair. Kein Wunder, man kennt sich. Immerhin spielte die halbe Mannschaft des neuen türkischen Clubs zuvor für den Oberderdinger Traditionsverein.

SV Oberderdingen gegen FC Fatihspor
Intensives Duell: Tim Bissinger grätscht gegen Simon Schneider. Sportlich blieb das Oberderdinger Ortsduell aber jederzeit fair. Foto: Jan Prihoda

Viele gehen an den Wochenenden gemeinsam feiern, auch wenn sie mittlerweile unterschiedliche Farben tragen. Die Zerwürfnisse auf Vorstandsebene spielten auf dem Platz überhaupt keine Rolle. Genauso wenig auf den Rängen, wo es mit 450 Zuschauern so voll war, dass einige wegen der Corona-Beschränkungen vor verschlossenen Toren standen und sich das sportlich hochklassige Spiel von der anderen Seite des Zauns anschauen mussten.

Dieser Sieg wird uns Auftrieb geben ohne Ende.
Andreas Krall Trainer Fatihspor Oberderdingen

Den weitaus größeren Anhang hatte der türkische Club hinter sich. Rund 250 Besucher feuerten den Außenseiter aus der Kreisklasse C lautstark an. Unter die anderen 200 hatten sich auch viele neutrale Fußballfans gemischt, die wegen der Brisanz des Duells ins Rinklinger Saalbachstadion gekommen waren. Passend dröhnte auf der einen Tribünenseite vor der Partie Orientalische Musik aus den Boxen, während auf der anderen Seite deutscher Schlager lief.

Der FC Fatihspor Oberderdingen findet keinen Platz für seine Spiele

Das Duell auf dem Platz war eher Heavy Metal. Obwohl der FC Fatihspor aufgrund der ungelösten Platzfrage noch kein einziges Mal auf einem großen Spielfeld trainieren konnte und auf der anderen Seite dem SV Oberderdingen einige Spieler urlaubsbedingt fehlten, entwickelte sich von Beginn an eine Partie auf hohem Niveau.

FC Fatihspor Oberderdingen gegen SV Oberderdingen
Gätzliche Gefühle: Fatih Yurdakul und Elias Vincon (hinten von links) feiern einen Treffer des FC Fatihspor. Yavuzhan Solmaz vom SV Oberderdingen ist bedient. Foto: Jan Prihoda

SVO-Spielertrainer Yavuzhan Solmaz setzte einen Freistoß an die Latte (10.), zwei Minuten später traf Fatih Yurdakul, der Fatihspor-Vorstand und Stürmer in Personalunion ist, freistehend den Ball nicht. Zur Führung kam der Underdog dann in der 33. Minute, als Elias Vincon – auch er spielte zuvor für den SVO – nach einem Eckball das 1:0 einköpfte.

Ich gratuliere dem FC Fatihspor und wünsche ihnen eine gute Runde.
Yavuzhan Solmaz Trainer SV Oberderdingen

Nach einem direkt verwandelten Freistoß des früheren KSC-Spielers Serkan Akin (61.), dessen Dienste sich Fatihspor erst am Vortag gesichert hatte, sah der Neuling schon wie der sichere Sieger aus. Doch der Platzhirsch aus der Kreisklasse A schlug durch Simon Schneider (68.) und Spielertrainer Solmaz (90.) zurück. Letzterer lobte beide Teams für eine starke Leistung, nachdem sein Team in einem dramatischen Elfmeterschießen schließlich den Kürzeren gezogen hatte.

„Ich gratuliere Fatihspor zum Sieg und wünsche ihnen eine gute Runde”, sagte Solmaz. Natürlich sei er sehr enttäuscht, die Rivalität spiele für ihn aber überhaupt keine Rolle. „Unterschätzt haben wir den Gegner nicht. Ich kenne die Jungs ja und weiß, was sie können.”

Die „Jungs” des FC Fatihspor hatten sich unterdessen schon vor ihrem Fanblock aufgereiht und tanzten und feierten mit „Derbysieger”-Rufen den Einzug in die zweite Pokalrunde. „Das war ein fantastisches Fußballspiel heute”, fand der völlig aufgelöste Trainer Andreas Krall. „Dieser Sieg wird uns Auftrieb geben ohne Ende”, sagte er. Einen besseren Startschuss in die Premierensaison hätte er sich nicht wünschen können.

FC Fatihspor
Entscheidung im Elfmeterschießen: Mert Yilmaz vom FC Fatihspor verwandelt zum Sieg seiner Mannschaft gegen Lazaros Tsenekidis. Foto: Jan Prihoda

Der FC Fatihspor sucht noch immer einen Platz für seine Heimspiele

Das eigentlich noch wichtigere Oberderdinger Ortsduell läuft für den FC Fatihspor aber noch. In dem geht es nicht gegen den SVO, sondern darum, bis zum Saisonstart am 13. September einen Platz für die Heimspiele zu finden. Hauptgegner ist hierbei die Gemeindeverwaltung, die sich weiterhin stur stellt.

Am Samstagabend spielte das aber für den Moment keine Rolle. Vorstandschaft, Trainer und Team wollten ihren Sieg noch gebührend feiern – nach einem tollen Spiel, bei dem der offenbar noch im Urlaub befindliche Bürgermeister Thomas Nowitzki wirklich etwas verpasst hatte. Auch was das Thema Fairness zwischen den Rivalen angeht.

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