In Halle 75 im Daimler-Werk Wörth herrscht derzeit Hochspannung, im doppelten Sinne. Zum einen haben die Verantwortlichen hier am Mittwoch die Präsentation des ersten Serienmodells des vollelektrischen Lkw „eActros“ mit Spannung erwartet.
Seit Monaten laufen schon in Halle 75 die Vorbereitungen, eine neue Montagelinie mit sechs Stationen plus Vormontage ist errichtet. Ab 1. Oktober soll es losgehen. Zum anderen haben einige Mitarbeiter auch schon für die Vorserien-Fahrzeuge mit Hochvolt-Komponenten hantiert.
Allerdings nicht, ohne sich zuvor zur Elektro-Fachkraft weitergebildet zu haben.
„An den E-Fahrzeugen haben wir Hochspannung. Die Verletzungsgefahr ist wesentlich höher, und dementsprechend müssen die Mitarbeiter sensibilisiert und auch ausgebildet werden“, sagt Kevin Dausch, einer der Fachtrainer für Hochvolt-Schulungen in Wörth. Kfz-Monteur und Elektrofachkraft – ein neues Berufsbild entsteht.
Strukturwandel für Daimler auf der Straße und am Band
Bis hin zu den Beschäftigten am Band also wird der Strukturwandel deutlich: Die Daimler Truck AG fokussiert auf E-Mobilität.
Bei der virtuellen Präsentation des neuen, leisen Serienmodells spielt Vorstandsmitglied Karin Rådström zuallererst die grüne -Karte: „Wir müssen anerkennen, dass Transport ein Teil des Problems ist, wenn es um den Klimawandel geht. Gleichzeitig können und werden wir Teil der Lösung sein.“
Wir haben diesen Lkw in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickeltKarin Rådström, Vorstandsmitglied der Daimler Truck AG
Die Reichweite ist im Vergleich zu den Testmodellen mit bis zu 400 Kilometern größer geworden, bei einem Gesamtgewicht von bis zu 40 Tonnen und zwei leistungsstarken E-Motoren.
Die Batteriekapazität beträgt bis zu 420 Kilowattstunden. „Wir haben diesen Lkw in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickelt, dabei wurden über eine halbe Million Testkilometer auf öffentlichen Straßen zurückgelegt“, sagt Rådström.
Produktions- und Verkaufsstart des eActros ist im Oktober
Ab Oktober startet auch der Verkauf in zwölf europäischen Staaten, ab dann kann bestellt werden. Über Produktions- oder angepeilte Verkaufszahlen wollte sich der Konzern nicht äußern. Der Preis jedoch: Dreimal so hoch im Vergleich zu einem herkömmlichen Diesel-Modell.
Allerdings verweist Daimler auf das begleitende Beratungskonzept, für das 30 sogenannte E-Consultants – auch das ein neues Berufsbild – rekrutiert werden: Sie sollen bei Fragen rund ums Laden, der Routenplanung, aber eben auch durch den Dschungel von rund 50 Förderprogrammen helfen, mit denen staatlicherseits der Umstieg zur Elektromobilität in der teuren Anfangsphase versüßt werden soll.
Neben dem Zuckerbrot gibt es von der Politik beispielsweise in den Niederlanden aber auch die Peitsche: Dort werden ab 2025 bereits emissionsfreie Zonen errichtet. Kein Zutritt mehr für Verbrenner – auch diesen Markt hat Daimler mit dem eActros aus Wörth fest im Blick.
Weiterbildung zur Elektrofachkraft am Standort Wörth
Die Batterien – bis zu vier Pakete, von denen eines schon 740 Kilogramm schwer ist – kommen in ihren Grundbestandteilen aus China und werden im Mercedes Benz-Werk in Mannheim zusammengesetzt.
Und dann ist Wörth an der Reihe: Hier nutzt der Konzern die vorhandene Infrastruktur in der Montage. Die elektrischen Lkw-Modelle werden in der Serienproduktion neben denen mit konventionellen Antrieben gefertigt.
Mit einem Unterschied: Auf der neuen Montagelinie in Halle 75 wird der komplette elektrische Aufbau des Fahrzeugs mit den Batterien bis hin zur Inbetriebnahme des E-Fahrzeugs vorgenommen.
1.200 der rund 10.000 Beschäftigten haben sich dafür im Weiterbildungszentrum am Standort Wörth in den vergangenen drei Jahren bereits qualifiziert. „Das sind unverzichtbare Kompetenzen, wenn es um die Montage von Fahrzeugbatterien und den Aufbau sowie das Fahren eines elektrischen Trucks geht“, berichtet eine Standort-Sprecherin.
Die Qualifizierung umfasst demnach rund 30 Schulungstage und enthält verschiedene Lern-Module rund um die Themen Elektrotechnik, gesetzliche Grundlagen sowie praktische Arbeiten am Elektro-Fahrzeug selbst.