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Umfrage in der Region

Ausfall von Messen: Digitale Präsentationen als einzige Alternative

Corona macht vielen Vertrieblern einen Strich durch die Rechnung: Normalerweise können sie auf Messen ihre Produktneuheiten präsentieren und Kundenbeziehungen pflegen. Doch Not macht erfinderisch.

Eine Tunnelbohrmaschine der Firma Herrenknecht.
Schwergewicht: Der Herrenknecht AG aus Schwanau fehlen zahlreiche Messen. Dennoch hat der Weltmarktführer für Tunnelvortriebmaschinen im vergangenen Jahr seine Verkaufsziele nahezu wie geplant erreicht. Foto: Patrick Seeger/dpa

Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass bundesweit hunderte Messen ausfielen und weitere abgesagt werden. Als Betroffene schlagen vor allem Veranstalter, Dienstleister wie Messebauer, Spediteure sowie die Hotellerie und Gastronomie Alarm.

Dass kaum noch Präsenzmessen stattfinden, trifft aber auch die Aussteller.

Die BNN haben beispielhaft einige Unternehmen aus verschiedenen Branchen dazu befragt.

Herrenknecht AG

Der Weltmarktführer für Tunnelvortriebsmaschinen weist darauf hin, dass 2020 nur ein Viertel der klassischen Messen stattfand. Sehr schnell sei man auf die digitale Schiene ausgewichen.

Weil man eine „sehr gut positionierte und vertrauenswürdige Marke“ in einem Nischenmarkt sei, habe das auch gut geklappt. Die Verkaufsziele habe man nahezu wie geplant erreicht, so ein Sprecher des Schwanauer Konzerns.

Kronimus AG

Für den Hersteller von Betonsteinen aus Iffezheim fiel die Traditionsveranstaltung GaLaBau in Nürnberg aus. Dort verkaufe man nicht aktiv, sondern informiere und berate.

Auch die Wettbewerber hätten nicht an Messen teilnehmen können, so Marketingleiter Martin Ehrentraut. Von daher sei nicht messbar, inwiefern sich der Messe-Ausfall auf den Umsatz und Auftragseingang ausgewirkt hat.

Wellendorff

„Dass in herausfordernden Zeiten wie diesen die großen Schmuckmessen nur digital stattfinden können, hat zum Glück keinen Einfluss auf unser Arbeiten“, sagt Wellendorff-Chef Christoph Wellendorff.

Bereits seit vielen Jahren lade man zu Beginn eines Jahres die Juwelierkunden einzeln in die Manufaktur nach Pforzheim ein. „Diesen besonderen Luxus können wir uns erlauben, da wir weltweit mit nur rund 100 ausgewählten Juwelierpartnern zusammenarbeiten.“

E.G.O.-Gruppe

Der Weltmarktführer für Technik in Weißer Ware – wie Wasch- oder Geschirrspülmaschinen – lädt normal parallel zur Weltleitmesse IFA zu einer Hausmesse in Berlin ein, um Innovationen vorzustellen. Dort treffe man sich mit Kunden aus aller Welt.

„Es schmerzt uns, dass wir derzeit auf unser Innovationsevent verzichten müssen“, so E.G.O.-Chef Dirk Schallock. Über digitale Messeauftritte habe man nachgedacht, setze stattdessen aber auf Telefon- und Videokonferenzen. Zusätzlich arbeite man derzeit an einem digitalen Konzept.

dm-drogerie markt

Die Beauty-Messe „Glow by dm“ ist traditionell ein Highlight, vor allem für die junge Kundschaft des Karlsruher Drogeriemarktkonzerns. Geschäftsführer Sebastian Bayer bedauert, dass diese klassische Messe nicht stattfinden konnte. Im April und Juni 2020 hat dm stattdessen die „Glow@Home“ als Live Event via Instagram angeboten, im Dezember die „Glow by dm Live“ als digitales Event aus Berlin live über YouTube gestreamt.

Bayer: „Unsere Beobachtung ist, dass die Besucher der ,Glow by dm‘ sich in der Zwischenzeit noch stärker über die sozialen Netzwerke über aktuelle Trends informieren und den Austausch mit den Influencer-Stars dort intensiviert haben.“

Herrmann Ultraschall

Das Karlsbader High-Tech-Unternehmen war vor der Pandemie jährlich auf 40 Fachmessen und Kongressen vertreten – einige davon sind Leitmessen mit bis zu 150.000 Besuchern. „Es ist gerade dieser persönliche Kontakt, den wir zurzeit sehr vermissen“, sagt Pressesprecherin Astrid Herrmann.

Man habe das Webinar-Angebot ausgebaut. Dort nähmen „mittlerweile oft genauso viele Personen teil, wie uns früher auf Messen besucht haben“. Zusätzlich vereinbaren Kunden virtuelle Termine in den Ultraschall-Laboren.

Bellmer

Der Hersteller von Papiermaschinen aus Niefern-Öschelbronn weist darauf hin, dass man auf Messen nur selten Abschlüsse erzielt habe. Viel wichtiger seien Kundensymposien. „Natürlich setzen wir auch vermehrt digitale Konzepte ein“, sagt Bellmer-Chef Martin Kollmar.

„Mit Videokonferenzen können Kunden erstaunlich gut angesprochen werden.“ Dazu habe man Virtual-Reality-Lösungen mit Datenbrillen kreiert. „Hier werden die Produkte quasi wie in einem Referenzbesuch live erlebt.“

Schöck AG

Der Baden-Badener Bauteile-Spezialist wollte eigentlich auf der Weltleitmesse BAU in München ausstellen – die ausfiel. „Das ist für die Baubranche ein großes Familientreffen“, sagt Vorstandschef Mike Bucher. Ein Produkt wolle man anfassen, versuchen, es zu verbiegen, überprüfen, ob es hält, was es verspricht.

Das sei schwer zu ersetzen. Man helfe sich, indem man Produkte per Livestream vorstellt. „Dafür haben wir ein Studio in Baden-Baden eingerichtet.“ Für den Sommer plane man in einer Halle für Kleingruppen eine Art Dauerausstellung anzubieten.

Hansgrohe

Voll auf digitale Formate setzt nun der Brausen- und Armaturenspezialist Hansgrohe, der in Offenburg ein großes Werk und Logistikzentrum hat. So zum Beispiel bei der Weltleitmesse für Wärme, Wasser, Klima, der ISH in Frankfurt. „Natürlich werden die persönlichen Kontakte und die Gelegenheit, Produkte anzufassen, fehlen“, sagt Vorstandsmitglied Christophe Gourlan.

Aber man werde die „bestmögliche Alternative“ bieten. Produktneuheiten stelle man auch über das eigene digitale Format „Hansgrohe Group Aqua Days“ vor.

Wegen fehlender Messen stelle man keine Umsatzrückgänge fest, so Gourlan. „Produktlancierungen werden eventuell etwas länger brauchen, um ihren Weg in die Märkte zu finden, aber auch das kann man heute nicht explizit feststellen.“

Bruker-Gruppe

Mit virtuellen Veranstaltungen könne man relativ leicht auf neue Produkte aufmerksam machen – dabei gebe es aber eine Lücke, bis ein Auftrag daraus entsteht. „Diesem Nachteil stehen allerdings sehr hohe Einsparungen bei den Geschäftsreisen und Verbesserungen der C02-Bilanz gegenüber“, sagt Thorsten Thiel, Marketing-Manager des US-Analysekonzerns Bruker, der auch in Ettlingen mit einem großen Standort vertreten ist.

Messeveranstalter und Messeaussteller seien daher „in der Verantwortung, sich hier ernsthaft einer digitalen Erneuerung und virtuellen Ergänzung zu stellen“.

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