Skip to main content

Fragen und Antworten

Bleibt Diesel teurer? Mit Importverbot für russischen Sprit wird Lage komplizierter

Ein Diesel-Pkw war früher beim Kauf meist teurer – dafür sparten Vielfahrer beim Tanken. So war das früher. Seit vielen Monaten ist alles anders – auch in Karlsruhe. Und das dürfte erst einmal so bleiben.

Glück, wer Benzin tanken kann: Denn Diesel ist seit Monaten teurer als Ottokraftstoffe. Dabei dürfte es mehreren Gründen auch bleiben.
Besser dran, wer Benzin tanken kann: Denn Diesel ist seit Monaten teurer als Ottokraftstoffe. Dabei dürfte es aus mehreren Gründen auch bleiben. Foto: Sven Hoppe/dpa

Jahrzehntelang war Diesel günstiger als Benzin – das änderte sich mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und den Folgen.

Autofahrerinnen und Autofahrer dürften offenbar weiterhin mehr für Diesel bezahlen müssen als für Benzin. Unser Autor Dirk Neubauer zählt die Gründe dafür auf.

2022 gilt als bislang teuerstes Tank-Jahr in Deutschland. Wie hoch waren die Preise?

Der Verbraucherinformationsdienst „Clever Tanken“ nennt für den Liter Super E10 im Jahresmittel 1,8645 Euro – das sind 34 Cent mehr als 2021. Der Liter Diesel kostete im Jahresschnitt 1,9522 Euro und somit 57 Cent mehr als im Vorjahr. Der ADAC kommt auf ähnliche Werte.

Die Energiesteuer macht bei Superbenzin 65,5 Cent pro Liter aus, bei Diesel sind es aber nur rund 47 Cent. Warum ist Dieselkraftstoff dennoch seit Monaten teurer als Otto-Kraftstoff?

Es liegt an den Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg. Viele Unternehmen sind dazu übergegangen, Heizöl statt Gas einzusetzen – Diesel und Heizöl sind nahezu identisch. Das treibt die Nachfrage nach dem sogenannten Mitteldestillat. „Zudem war es im Winter schon immer so, dass der Dieselpreis nah an den Benzinpreis herangekommen ist, weil aus dem Rohprodukt viel Heizöl hergestellt wurde“, sagt Alexa Sinz, Pressesprecherin des ADAC Nordbaden.

Diesel konkurriert also mit Heizöl, korrekt?

„Ja“, sagt auch Alexander von Gersdorff, Pressesprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes en2x. „Was von einem mehr produziert wird, kann vom anderen nur weniger produziert werden.“ Der Absatz von leichtem Heizöl stieg im vergangenen Jahr um rund 14 Prozent, auch da viele Betriebe Erdgas substituierten, teilt die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) mit.

Was viele nicht wissen: Sehr viel Diesel wird aus Russland importiert. Warum eigentlich?

Während Deutschland bei Benzin als Selbstversorger gilt, „ist Diesel generell knapp auf dem deutschen und europäischen Markt“, sagt von Gersdorff. So kamen im November 42 Prozent des importierten Diesels aus Russland nach Deutschland. Im November 2021 lag der entsprechende Importanteil laut von Gersdorff bei 23 Prozent.

Das hat etwas mit den deutschen Raffinerien zu tun, richtig?

Der dort produzierte Diesel reicht nach Angaben des en2x-Sprechers nur für etwa die Hälfte des deutschen Bedarfs. Aus Rohöl entstehen verschiedene Produkte, der Dieselanteil lässt sich nicht mal eben schnell oder gar unbegrenzt erhöhen. Bei technischen Änderungen in Raffinerien handelt es sich um Millioneninvestitionen. Die Zahl der Diesel-Pkw nimmt allerdings ab – nicht gerade ein Grund für die Branche, Entscheidungen für eine höhere Dieselproduktion zu treffen.

Wie sieht es bei der MiRO in Karlsruhe, Deutschlands größter Raffinerie, aus?

Auch die ist eine sogenannte „Benzin-Raffinerie“. Nicht zuletzt aufgrund des größten Investitionspakets in ihrer Geschichte im Jahr 2021 kann sie nun technisch etwas mehr Mitteldestillat – Basis für Diesel und leichtes Heizöl – herstellen, aber eben auch nur begrenzt. Da Diesel und leichtes Heizöl aus dem gleichen Ausgangsstoff „hergestellt werden, geht ein Mehr des einen Produktes automatisch zu Lasten des anderen Produktes“, betont MiRO-Pressesprecherin Yvonne Schönemann.

Wie viele Millionen Tonnen Diesel, leichtes Heizöl und Benzin hat die MiRO im vergangenen Jahr hergestellt?

4,74 Millionen Tonnen waren es bei Benzin; 4,09 Millionen Tonnen beim Diesel und 2,33 Millionen Tonnen beim Heizöl – jeweils deutlich mehr als in dem von der Corona-Krise geprägten Jahr 2021.

Die Benzin-Diesel-Schere war im Dezember vergangenen Jahres den siebten Monat in Folge umgekehrt. Bleibt das so?

Früher war es so: Ein Auto mit Dieselmotor war meist teurer als eines mit Benzinmotor. Auch die Kfz-Steuer war und ist höher. Im Umkehrschluss war Dieselkraftstoff günstiger als Benzin. „Jetzt ist das Dieselfahren gerade für Pendler extrem teuer“, sagt Alexa Sinz. „Unserer Meinung nach gibt es Spielraum, dass Diesel günstiger wird und wir hoffen, dass die Entspannung mit dem Ende der Heizsaison kommt.“

Warum sieht das der Lobbyverband der Mineralölwirtschaft anders?

Alexander von Gersdorff erinnert zum einen an die laufenden hohen Bestellungen der Industrie, die Heizöl und Diesel permanent brauche. Zum anderen verbietet die EU ab 5. Februar den Diesel-Import aus Russland.

Was heißt das?

Eine Preisprognose ist von Gersdorff nicht zu entlocken. Er sagt aber: „Es wird zu machen sein, dass es auch nach dem Embargo noch genug Diesel geben wird. Aber es wird nicht einfacher.“ Dies zumal alle in der Europäischen Union vor dem gleichen Problem stünden.

Und der Staat?

Der hat die für 2023 geplante weitere Erhöhung der Kohlendioxid-Abgabe für Sprit um ein Jahr verschoben, was positiv für Autofahrer sei, so der ADAC. Der Preis pro ausgestoßener Tonne CO2 liegt also weiterhin bei 30 Euro. Ab Anfang 2024 soll dann ein Preis von 35 Euro gelten, was umgerechnet zu einem Aufschlag auf den Liter Benzin beziehungsweise Diesel von rund 1,5 Cent führt.

Die Branche blickt auch nach China, warum?

Weil China eine Nation mit einem enorm hohen Ölverbrauch ist. Als die strikten Corona-Maßnahmen gelockert wurden, ergaben sich höhere Ölpreisnotierungen, so der Infodienst „Clever Tanken“. Doch die erneuten Corona-Infektionswellen in der Volksrepublik könnten die Nachfrage wieder dämpfen.

Was können Dieselfahrer tun?

Einen speziellen Tipp hat ADAC-Sprecherin Sinz nicht parat. Sie rät generell, eher spätabends zu tanken, etwa zwischen 20 und 22 Uhr. Dann sei Sprit oft relativ günstig. Die erstbeste Tankstelle sei zudem nicht immer die günstigste.

Und wie lässt sich der Sprit-Verbrauch reduzieren?

Indem man beispielsweise das Auto stehen lässt, wenn man nur zum Bäcker um die Ecke muss. „Aber so handelt die Mehrzahl“, sagt Sinz. „Die Fahrleistung nimmt ab.“ Persönlich habe sie auf der Autobahn festgestellt, dass weniger Schnellfahrer als früher unterwegs seien. „Es gibt sehr viele Fahrzeuge, in denen der Tempomat auf 120 oder 130 Stundenkilometer eingestellt ist.“ Beim Blick auf ihr Display sehen die Autofahrerinnen und -fahrer, dass sie weniger Sprit verbrauchen als bei höherem Tempo.

nach oben Zurück zum Seitenanfang