Bis zu 30.000 Euro Corona-Soforthilfe hat die baden-württembergische Landesregierung Kleinunternehmern versprochen, die in der Krise in Existenznot geraten . Der Ansturm auf das Hilfsprogramm ist enorm. Doch bei der Auszahlung hakt es noch.
Wolfgang Sebastian wird langsam ungeduldig. Der 73-jährige Karlsruher arbeitet als selbstständiger Handelsvertreter, verkauft die Getränke des Weinhauses Pallhuber im Direktvertrieb. Weil Messen wie die „RendezVino“ wegen des Coronavirus abgesagt wurden und sein „Probierstüble“ im Bad Herrenalber Klosterviertel zubleiben muss, bricht der Umsatz ein.
Sebastian hat daher sofort einen Antrag auf Finanzhilfe gestellt, als die Landesregierung ihr Sofortprogramm für Soloselbstständige und kleine Unternehmen gestartet hat. Das war am Mittwoch vor einer Woche. Auf das Geld wartet er noch.
Maximal 9.000 Euro erhalten Soloselbstständige wie Sebastian oder solche, die bis zu fünf Angestellte haben. Für kleine Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigen sind es höchstens 15.000 Euro Soforthilfe, bei bis zu 50 Mitarbeitern 30.000 Euro.
Schon mehr als 210.000 Anträge auf Corona-Soforthilfe
Die Antragsteller müssen begründen, inwiefern sie durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Geprüft werden die Angaben zunächst bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie den Handwerkskammern. Bewilligt und ausgezahlt wird dann durch die landeseigene L-Bank. Doch an dieser Stelle hakt es derzeit.
Bis Donnerstagnachmittag wurden laut Landeswirtschaftsministerium mehr als 210.000 Anträge auf Corona-Soforthilfe gestellt. Doch erst in 3.500 dieser Fälle landete das Geld auf dem Konto des jeweiligen Empfängers. Insgesamt waren es rund 36,4 Millionen Euro. Der Großteil der Antragsteller wartet noch darauf. So wie Weinverkäufer Sebastian.
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Die Miete für sein „Probierstüble“, die Leasingrate für das Auto – zum Monatsende sei das alles schon abgebucht worden, sagt er. „Mein Konto ist jetzt im Minus und ich weiß noch nicht einmal, ob ich überhaupt etwas bekomme. Es kann ja sein, dass mein Antrag abgelehnt wird.“
Dass es für viele Kleinunternehmer schnell eng wird, wenn das Geschäft plötzlich wegbricht, die Kosten aber weiterlaufen, ist auch der Landesregierung klar. „Das Soforthilfeprogramm hilft im ersten Schritt all jenen Unternehmen, die ohne diese Unterstützung innerhalb kurzer Zeit insolvent gehen würden“, verspricht das baden-württembergische Wirtschaftsministerium. „Ein vollständiger und gut begründeter Antrag wird innerhalb weniger Tage bewilligt.“
Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut kündigt mehr Tempo an
Am Mittwoch kündigte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) an, für mehr Tempo zu sorgen. „Alle Beteiligten arbeiten weiterhin mit Hochdruck daran, dass die Soforthilfen noch schneller ausbezahlt werden“, teilte sie per Presseerklärung mit. „Wir wissen, dass die Mittel dringend benötigt werden und setzen alles daran, den Prozess weiter zu beschleunigen.“
Edith Weymayr, die Vorstandsvorsitzende der L-Bank, wird konkreter: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die gewaltige Antragswelle der ersten Woche an diesem Wochenende so zu verarbeiten, dass bis kommenden Dienstag die bei der L-Bank vorliegenden Anträge ausbezahlt werden, soweit sie in der Sache bewilligungsfähig sind.“
Bei der Handwerkskammer Karlsruhe sind bis Mittwoch mehr als 5.000 Soforthilfe-Anträge eingegangen. Darunter seien viele Frisörbetriebe und Kosmetiksalons, sagt Alexander Fenzl, Sprecher der Kammer. Denn sie mussten ihr Geschäft auf Anordnung des Landes einstellen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
„Aber auch kleinere Betriebe aus dem Bau- und Ausbauhandwerk sind darunter“, so Fenzl. „Fliesenleger zum Beispiel, denen jetzt die Aufträge fehlen.“ Knapp 3.000 Anträge seien bereits an die L-Bank weitergeleitet worden.
Deutlich mehr, nämlich gut 13.000 Soforthilfe-Anträge, verzeichnet die IHK Karlsruhe bisher. Der Schwerpunkt liege auf den Branchen Gastronomie, Einzelhandel und Tourismus, teilte die Kammer mit. Es seien auch sehr viele „Einzelgewerbetreibende aller Art“ darunter, die aktuell nicht arbeiten können.
Mehr als 8.000 Anträge seien bis Donnerstagmorgen bearbeitet worden, so die IHK. 6.225 davon wurden an die L-Bank weitergereicht. Darunter ist auch der Antrag des Weinverkäufers Wolfgang Sebastian.