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Umstieg auf Elektroantriebe

Daimler-Truck-Chef stellt Metaller-Ausbildung im Werk Gaggenau in Frage

Der Autokonzern Daimler fokussiert sich auch bei Nutzfahrzeugen auf Elektromotoren. Das kostet Arbeitsplätze in Aggregatewerken wie Gaggenau. Daimler-Truck-Chef Martin Daum warnt vor aussterbenden Berufszweigen.

Daimler Vorstand Renata Jungo Brüngger, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG verantwortlich für Integrität und Recht, begrüßt neue Auszubildende und duale Studenten im Mercedes-Benz Werk Gaggenau
Daimler Vorstand Renata Jungo Brüngger, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG verantwortlich für Integrität und Recht, begrüßt neue Auszubildende und duale Studenten im Mercedes-Benz Werk Gaggenau Foto: Daimler AG

Die Stellenausschreibungen des Mercedes-Benz-Werks in Gaggenau lesen sich, als sei die automobile Welt noch ganz die alte. „Fließt Benzin in deinen Adern?“, heißt es zum Einstieg. „Dann ist eine Ausbildung als Fertigungsmechaniker (m/w/d) bei uns die perfekte Vorbereitung für dein Berufsleben.“

Erlernt würden „handwerkliche Grundlagen wie Drehen, Fräsen, Bohren, Feilen, Schleifen, Trennen, Fügen und Umformen“.

Doch Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der künftig eigenständigen Daimler Truck AG, hat bei seiner Bilanzpressekonferenz am Donnerstag deutlich gemacht, dass die Zukunft des „Benzin-im-Blut“-Nachwuchses keine allzu rosige sein wird: Der forcierte Umstieg auf klimafreundlichere Elektromotoren führe dazu, dass in Aggregatewerken wie Gaggenau Arbeitsplätze verloren gingen.

„Wenn wir 30 Prozent weniger Verbrenner bauen, brauchen wir auch 30 Prozent weniger Belegschaft“, sagte Daum. Und er nannte noch deutlichere Zahlen: „Ich gehe davon aus, dass wir im Jahr 2033 etwa 50 Prozent weniger Belegschaft haben.“

Das sei aber keine Katastrophe, betonte der Daimler-Truck-Chef. Entlassungen werde es keine geben. „Denn uns hilft der demografische Wandel.“ Das bedeute aber auch: „Wir dürfen heute nicht mehr intensiv Metall- und Zerspanungstechniker ausbilden“, so Daum.

Es sei wie bei den Zeitungshäusern, als der Blei- durch den Computersatz verdrängt wurde. „Mit den Schriftsetzern ist ein kompletter Berufszweig verschwunden.“

Nutzfahrzeug-Umsatz ging zurück

Mit dem abgeschlossenen Geschäftsjahr zeigte sich Daum trotz Corona-Einbruch zufrieden. 2020 hatte der Konzern mit 378.500 Lastwagen und Bussen zwar ein gutes Viertel weniger verkauft als im Vorjahr. Der Umsatz ging um 22 Prozent auf 34,7 Milliarden Euro zurück, das bereinigte operative Ergebnis gar um 75 Prozent auf 678 Millionen Euro.

Doch der aus Karlsruhe stammende Manager erklärte mit Blick auf die letzten beiden Quartale, dass die Lkw-Nachfrage nach dem durch die Pandemie verursachten Stillstand wieder angezogen habe.

Im laufenden Jahr strebe die Daimler Truck AG an, wieder deutlich mehr Geld zu verdienen. Daum stellte für 2021 sechs bis sieben Prozent Umsatzrendite in Aussicht – nach zwei Prozent im vergangenen Jahr.

Dieses Geld werde gebraucht, um die Entwicklung neuer Technologien voranzubringen. Neben batterieelektrischen Antrieben für City-Busse und Kurzstrecken-Lkw setzt der Konzern bei Nutzfahrzeugen vor allem auf die Brennstoffzelle. Eine Kooperation mit dem schwedischen Konkurrenten Volvo soll dabei helfen.

Nutzfahrzeuge mit Dieselmotoren seien derzeit das Standardgeschäft. „Damit machen wir mehr als 90 Prozent unseres Umsatzes und 100 Prozent des Gewinns“, sagte Daum. „Aber in zehn Jahren wird das nicht mehr so sein. Deshalb müssen wir heute die Weichen stellen.“ Auch die geplante Aufspaltung des Automobilkonzerns Daimler sei daher sinnvoll. „Wir sind dann noch fokussierter unterwegs“, so Daum.

Standort weiter „Werk der Daimler Truck AG“

Aktuell ist die Daimler Truck AG eine Tochtergesellschaft des Daimler-Konzerns. Noch in diesem Jahr soll sie abgespalten und als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht werden. Das Mercedes-Benz-Werk in Gaggenau wird dabei eine Sonderrolle einnehmen.

Der Standort bleibe zwar „ein Werk der Daimler Truck AG“, bestätigte ein Unternehmenssprecher auf BNN-Anfrage. Einzelne Werkteile wie etwa das Presswerk Kuppenheim werden jedoch als „Gemeinschaftsbetrieb“ mit der für das Pkw-Geschäft zuständigen Mercedes-Benz AG geführt. Diese Organisationsstruktur soll „auch in Zukunft beibehalten werden“, so der Daimler-Sprecher.

Das traditionsreiche Mercedes-Benz-Werk im Murgtal ist auf Lkw-Getriebe spezialisiert. Dort werden allerdings nicht nur Teile für Lastwagen und andere Nutzfahrzeuge hergestellt, sondern auch für die Kompaktwagen-Produktion im nahen Werk Rastatt. Dazu zählen etwa Drehmomentwandler. Das Presswerk in Kuppenheim liefert Karosserieteile für Lkw und Pkw.

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