Der Multi-Milliarden-Deal war noch nicht offiziell, da versuchte das Enfant terrible des weltweiten Unternehmertums eine Annäherung an seinen neuen Besitz – mit einem tatkräftigen Wortwitz.
Als Elon Musk dieser Tage die Unternehmenszentrale von Twitter betrat, schleppte er ein neues Waschbecken herein. „Let that sink in“ – zu Deutsch: Lass dieses Waschbecken rein, oder auch: Lass das sacken. Lass sacken, dass Elon Musk nach monatelangem Gezerre tatsächlich den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen hat, für die nicht ganz alltägliche Summe von 44 Milliarden US-Dollar. Die wenigsten dürften das bemühte Auftreten des Superreichen aber witzig gefunden haben.
Deutsche Alternative Mastodon erfreut sich zurecht gerade großen Zuspruchs
Zuvorderst die Beschäftigten, die gerade in der Zeitung lesen durften, dass Musk drei Viertel der 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rauswerfen wolle. Das habe er nicht vor, beteuerte der Multimilliardär zwar. Die Stimmung im Haus dürfte dennoch nicht die beste sein. Die ersten Mitglieder der Führungsetage mussten bereits gehen oder wurden aus dem Haus begleitet, wie verschiedene Medien berichten. Seinem Ruf als Axt im Walde wird Musk wohl ungern untreu.
Auch viele Nutzer und Nutzerinnen von Twitter denken jetzt über Alternativen nach. Will man wirklich auf dieser Plattform bleiben und sich weiter dort austauschen, wo ein einzelner Haudrauf wie Musk das Sagen hat? Die deutsche Alternative Mastodon jedenfalls erfreut sich zurecht gerade großen Zuspruchs, seit bekannt ist, dass Musk sich Twitter einverleibt.
International sind die acht Millionen deutschen Twitter-Accounts nicht von großer Bedeutung. Mehrere hundert Millionen Menschen müssen sich jetzt vor allem in den USA und Großbritannien fragen, ob sie ihre Daten und Ansichten auf den Servern eines sprunghaft wirkenden und willkürlich Agierenden lassen wollen, dem auch noch ein Automobilkonzern und ein Weltraumunternehmen gehören.
Nach Twitter-Übernahme: beängstigende Machtfülle bei Elon Musk
Auch Tesla sammelt viele Daten, bis hin zu fragwürdigen Filmaufnahmen aus den Fahrzeugen heraus – von Musks Satelliten im Weltraum ganz zu schweigen. Werden diese alle zusammengeführt, ergibt sich das perfekte Bild: Von der individuellen und mobilen Ebene bis zur Vogelperspektive ergibt sich eine Datenfülle, die in diesem Umfang wohl ihresgleichen sucht.
Ein Einzelner erlangt damit eine Machtfülle, die aktuell noch zu selten im Licht der Debatten über Monopole und kritische Infrastruktur beleuchtet wird. Eine beängstigende Machtfülle – wenn viele sie durch ihren Verbleib auf einer vertraut gewordenen Nachrichtenplattform unterstützen. Konsequent und sinnvoll wäre es aber nach der Musk-Übernahme, das Twittern nach dem Sackenlassen künftig sein zu lassen.