Einen Rekord hat der XXXLutz-Konzern aus Wels (Oberösterreich) schon: Mit seinem Markenzeichen, dem riesengroßen roten Stuhl, schaffte er es ins legendäre Guinness-Buch-der-Rekorde. Nun legen sich die Österreicher in Deutschland mit den Schweden an: XXXLutz gegen Ikea heißt der Kampf, und das auf dem wichtigsten Markt des schwedischen Konzerns.
In Karlsruhe will der bisherige Platzhirsch XXXLutz sein Revier gegen den Elch verteidigen. Die neue Ikea-Filiale – sie wird am 24. September eröffnet – haben die XXXL’er zwar direkt in ihrem Sichtfeld. Aber sie möbelten zuvor die eigene Filiale grundlegend auf. Außerdem haben sie, keine zweieinhalb Kilometer entfernt, vor einigen Jahren einen Mömax-Markt hochgezogen. Der Möbeldiscounter ist ebenfalls Teil des Marken-Reiches der Österreicher, wie die benachbarte Roller-Filiale. Bei den vielen Namen – Mann Mobilia, Hiendl, Sonneborn und Neubert sind nur einige Beispiele – weiß der Kunde oft gar nicht, wann sein Geld letztlich in die Kasse der Österreicher fließt.
In Pforzheim kooperieren die beim gleichnamigen Möbelzentrum mit dem Kaufmann Ekkehard Haase – auch wenn nicht XXXLutz draufsteht, ist die Handschrift des Möbelhandels-Multis nicht nur bei den Werbeprospekten zu sehen. Und in Heidelberg baut XXXLutz derzeit laut Fachzeitschrift „Möbel Kultur“ für 40 Millionen Euro ein 28.000 Quadratmeter großes Möbelhaus, samt integriertem Mömax. Das kann man ebenfalls als Fingerzeig an die skandinavische Konkurrenz verstehen, denn deren bisherige Filiale in Walldorf ist nicht weit entfernt.
Ikea greift XXXLutz in dessen Heimatland an
Ikea wiederum packt im XXXLutz-Heimatland Österreich der Ehrgeiz: Landeschef Alpaslan Deliloglu sagt: „Beginnend in Wien, wollen wir in einigen Jahren Marktführer werden und XXXLutz überholen.“ Wenn das keine Kampfansage ist.
Mit 320 Einrichtungshäusern in zwölf europäischen Ländern, über 25.700 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 5,1 Milliarden Euro ist die XXXLutz-Gruppe bereits einer der größten Möbelhändler auf diesem Globus. Im gemeinsamen GIGA-Einkaufsverbund sind zudem die über 1,6 Milliarden Euro Umsatz von Poco gebündelt. Weltweit spielt Ikea aber in einer ganz anderen Liga: 41,3 Milliarden Euro Umsatz, 211.000 Mitarbeiter. Da geht keiner dem Elch ans Gehörn.
Anders könnte es in einigen Jahren in Deutschland aussehen. XXXLutz will dort seine Einkaufstour fortsetzen. Zur Erinnerung: 2005 verkaufte der Baden-Badener Hugo Mann, ein Pionier in Deutschland auch für Möbel-Märkte auf der grünen Wiese, seine Mann-Gruppe („Mann Mobilia“) an XXXLutz. Durch ihre ehrgeizige Expansionspolitik ist XXXLutz fortan in der Bundesrepublik Ikea immer mehr auf die Pelle gerückt. Ikea setzte im vergangenen Jahr hierzulande 5,3 Milliarden Euro um. Karlsruhe wird das 54. Einrichtungshaus sein.
XXXLutz will Ikea in Deutschland überholen
XXXLutz kommuniziert keine Umsatzzahlen für Deutschland, dürfte aber nach einer Schätzung von „Möbel Kultur“ inklusive Poco und Roller bei über 4,5 Milliarden Euro liegen. XXXLutz-Deutschland-Chef Alois Kobler will nach eigener Aussage Ikea überholen . „Ich habe vor kurzem gesagt: in fünf Jahren. Dabei möchte ich bleiben”, strotzt er Ende 2019 gegenüber der „Mainpost“ vor Selbstbewusstsein. Kenner der Möbel-Materie trauen den Österreichern durchaus zu, dass sie reüssieren. Externes Wachstum fällt leichter als organisches wie bei Ikea. Und XXXLutz hat mit Zukäufen längst Routine, Kapitalkraft offenbar sowieso.
Die Geschäftsideen hinter Ikea und XXXLutz sind unterschiedlicher, wie sie kaum sein könnten: Ikea hat für viele Kunden immer noch Kultcharakter – Schweden-Charme mit Inbus-Schlüssel. Verkauft werden nur Eigenmarken, die Ikea selbst oder über Partner herstellt. Ein riesiger Vorteil: Ikea-Produkte gibt’s bei keinem Wettbewerber. XXXLutz hingehen muss sogar aufpassen, dass sich die rabattierten Preise in den Filialen nicht erheblich von denen im eigenen Online-Shop unterscheiden – oder sich ein potenzieller Kunde rasch zum gleichen Produkt der Konkurrenz klickt.
Beide Kontrahenten haben sehr klein angefangen
Die Schweden hingegen kennen sich in der kompletten Wertschöpfungskette bestens aus: Von den Rohstoffen der Möbel bis hin zu den Präferenzen der Kunden. Sie können also an vielen Stellen betriebswirtschaftlich nachjustieren. Außerdem sind sie erfinderisch: Da sind Regalböden schon einmal mit Kartonwaben gefüllt, wie man sie von so manchem Türblatt kennt. Das macht die Möbel leicht – und spart somit Transportkosten. Und der Ikea-Kunde? Der bastelt am Möbel, denn die Selbstmontage ist ebenfalls ein Ikea-Prinzip. Auf die Idee sind die Schweden gekommen, als einer ihrer Mitarbeiter die Beine seines Tisches abschraubte, damit dieser letztlich in seinen Pkw passte. Ikea sei nach wie vor Kult, eben „das andere Möbelhaus“, sind sich viele Branchenfachleute einig. Ikea habe ein gewisses Refugium, sei unvergleichbar.
Was die an und für sich so verschiedenen Kontrahenten eint: Beide haben klein angefangen. 1945 eröffnete Gertrude Seifert, geborene Lutz, das Stammhaus im oberösterreichischen Haag am Hausruck. Sie bot zunächst bemalte Bauernmöbel an. Traditionsbetriebe wie das „Weiße Rössl“ am Wolfgangsee waren erste Referenzkunden.
Ingvar Kamprad gründete mit 17 Jahren Ikea. Als Startkapital nutzte er die Belohnung, die ihm sein Vater für den bestandenen Schulabschluss schenkte. Zu Beginn verkaufte Kamprad unter anderem Stifte, Bilderrahmen, Schmuck und Nylonstrumpfhosen. Fünf Jahre nach der Gründung nahm er Möbel ins Sortiment auf; sie wurden in umliegenden Betrieben produziert. Der Name Ikea setzt sich übrigens zusammen aus den Anfangsbuchstaben des Gründers (I. K.) sowie dem Bauernhof Elmtaryd (E) und dem Dorf Agunnaryd (A), in dem Kamprad aufwuchs.