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Grenzgänger klagt

Keine Einigung vor Gericht: Steuer-Streit bei Michelin geht weiter

Auch am Arbeitsgericht Karlsruhe konnten sich der Reifenhersteller Michelin und ein ehemaliger Mitarbeiter nicht einigen. Der Streit um Steuerzahlungen mit Grenzgängern geht weiter. Doch die Verhandlung vor Gericht könnte Auswirkungen haben.

Der Reifenhersteller Michelin streitet mit Mitarbeitern um Steuerzahlungen. Ein Fall ist nun vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe gelandet und könnte Auswirkungen auf die weiteren Fälle haben.
Der Reifenhersteller Michelin streitet mit Mitarbeitern um Steuerzahlungen. Ein Fall ist nun vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe gelandet und könnte Auswirkungen auf die weiteren Fälle haben. Foto: dpa
Auch am Arbeitsgericht konnten sich Michelin und ein ehemaliger Mitarbeiter nicht einigen. Der Streit um Steuerzahlungen mit Grenzgängern geht weiter. Doch die Verhandlung vor Gericht könnte Auswirkungen haben.

Schon seit drei Jahren streitet sich Michelin mit seinen Grenzgängern – doch am Mittwoch erreichte die Auseinandersetzung ihren vorläufigen Höhepunkt. Am Arbeitsgericht Karlsruhe verhandelte der Reifenhersteller mit einem ehemaligen Mitarbeiter über ausstehende Forderungen. Die waren aufgrund eines Steuerproblems bei 32 Grenzgängern aufgetreten, insgesamt geht es um mehr als 1,2 Millionen Euro.

Für das Unternehmen und die betroffenen Mitarbeiter war die Verhandlung am Dienstag nicht unwichtig, wie der Richter erklärte: „Es geht um eine Art Grundsatzentscheidung.“

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Finanzieller Vorteil in Frankreich

Betroffen sind Mitarbeiter, die in Frankreich leben, aber an Michelin-Standorten in Karlsruhe oder Homburg arbeiten. Sie können ihr Gehalt durch ihren Status als Grenzgänger in Frankreich versteuern, für sie ein finanzieller Vorteil.

Das Problem: Es gibt Auflagen für diesen Status. Der Wohnort muss in Grenznähe liegen, der Arbeitnehmer muss dahin in der Regel zurückkehren. Wenn er mehr als 45 Arbeitstage an anderen Orten verbringt, etwa wegen Dienstreisen, kann er den Status verlieren.

Internes Protokoll sorgt für Aufsehen

Zwischen 2011 und 2016 verloren einige Michelin-Mitarbeiter ihren Grenzgänger-Status. Sie haben ihr Geld aber weiter in Frankreich versteuert. Wem hätte es auffallen müssen: Michelin oder den Arbeitnehmern? Nach einer Prüfung forderten die deutschen Behörden mehr als 1,2 Millionen Euro.

Die Sache könnte einfach sein: Steuerangelegenheiten sind Angelegenheiten des Arbeitnehmers. Doch eine Kündigung und ein internes Protokoll sorgen dafür, dass die Sache vor dem Arbeitsgericht landet.

Es geht um einen der Grenzgänger, der gekündigt hat. Er hat die 45-Tage-Regelung aufgrund von Dienstreisen zu Automobilherstellern in zwei Jahren gebrochen.

Mitarbeiter: „Für mich war es sehr klar“

Ihm zog Michelin die Forderung von der Abfindung ab, andere Grenzgänger erhielten Mahnungen. 18.000 Euro fordert der Mann, der mittlerweile einen neuen Arbeitgeber hat. Einem Vergleich, die Forderung hälftig aufzuteilen, lehnte Michelin ab. Der Reifenhersteller wolle nicht die Mitarbeiter benachteiligen, die bereits gezahlt haben, erklärte die Rechtsanwältin nun vor dem Arbeitsgericht.

Doch ein internes Protokoll bestärkt den Mitarbeiter vor Gericht. Darin heißt es nach einer Besprechung: „Die Überschreitung in der Vergangenheit ist Arbeitgeber-Problematik!“ Bis Ende 2016 müsse Michelin zahlen, heißt es weiter. „Der Satz ist so gefallen“, betonte der Mitarbeiter in der Verhandlung. „Für mich war es sehr klar.“

Michelin-Anwältin: "Es war nie der Gedanke"

Die Rechtsanwältin sieht das anders: „Es war nie der Gedanke, dass dort Zusagen gemacht werden, schon gar nicht in diesem Rahmen. Das wurde von Betroffenen aber in diese Richtung forciert.“

Für den Kläger bleibt es dabei: Michelin hat aus seiner Sicht eine Teilschuld. Nach der Steuerprüfung Anfang 2017 hat es bis November gedauert, ehe die Grenzgänger bei der strittigen Informationsveranstaltung aufgeklärt wurden. „Es hat uns geärgert, dass wir die Information erst im November bekommen“, so der Kläger.

"Fehler, den Michelin leider oft macht"

„Man hat noch geholfen“, sagte die Rechtsanwältin dagegen. „Letztlich sind wir nicht verpflichtet dazu.“ Der Service-Gedanke sei dem Unternehmen aber wichtiger gewesen. „Ein Fehler, den Michelin leider allzu oft macht.“

Doch für den Kläger belegt das nur, dass Michelin länger von der Steuer-Problematik wusste und die Sache laufen ließ, die betroffenen Arbeitnehmer zu spät informierte.

Einzel-Forderungen bis über 200.000 Euro

Weitere Mitarbeiter warten den Ausgang des Verfahrens ab. Gegen sie erhebt Michelin weiter Forderungen. „Wir wollen sehen, wie das Unternehmen argumentiert und warten, dass es uns angreift“, sagt einer. „Die Emotionen bleiben – es geht auch um Mitarbeiter, die lange im Unternehmen sind.“

Die Forderungen belaufen sich für einzelne Betroffene auf Beträge zwischen 4.000 und 75.000 Euro, in der Spitze über 200.000 Euro. Viele haben mittlerweile gezahlt – weil die Beträge bei ihnen verhältnismäßig gering waren und sie im Unternehmen bleiben wollten.

Verkündung in drei Wochen

„Ich werde zahlen“, hatte einer im Gespräch mit den BNN vor Monaten angekündigt. „Da geht es nicht um Recht.“ Ein anderer hatte enttäuscht erklärt: „Ich kenne meine Firma nicht mehr.“

Das Arbeitsgericht hat einen Verkündungstermin in drei Wochen angesetzt. Dann kann es ein Urteil oder eine Fortsetzung des Verfahrens geben.

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