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Urteil

Lkw-Maut verstieß 2010 und 2011 teilweise gegen EU-Recht

Zwei Spediteure aus Polen haben wegen der Berechnung der Lkw-Maut die Bundesrepublik verklagt. Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht NRW ein Urteil gefällt.

Das OVG war seit 2016 mit der Klage befasst.
Seit 2005 gilt in Deutschland eine Maut für den Schwerlastverkehr. Seitdem weichen Lastwagenfahrer in der Grenzregion auf die französische Autobahn aus. Foto: Bernd Weissbrod/dpa

In einem Musterverfahren zur Berechnung der Lkw-Maut hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) in Münster zwei polnischen Spediteuren teilweise Recht gegeben.

Die Erhebung der deutschen Lkw-Maut in den Jahren 2010 und 2011 habe teilweise gegen EU-Recht verstoßen, stellte das Gericht in einem Urteil fest. Bei der Berechnung der Mautsätze seien die Kapitalkosten der Autobahn-Grundstücke fehlerhaft kalkuliert worden. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.

Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) muss den klagenden Spediteuren jetzt insgesamt 565 Euro plus Zinsen erstatten. Wie viele Speditionen möglicherweise von dem Urteil profitieren könnten, war zunächst unklar. Der Klägeranwalt sagte, dass die Entscheidung bei weiteren sieben Fällen angewandt werden soll.

Das OVG war seit 2016 mit der Klage befasst. Der Europäische Gerichtshof hatte im Rahmen des Verfahrens im Oktober 2020 bereits entschieden, dass die Kosten für die Verkehrspolizei bei der Kalkulation der Lkw-Maut nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Bundesrepublik änderte daraufhin die Kalkulation und erstattete den Klägern rund 424 Euro Mautgebühren.

Beim BAG sind seitdem Zehntausende Erstattungsanträge von Speditionen und Logistikunternehmen eingegangen. Bis Juni zählte die Behörde knapp 36.000 Anträge. Über die aktuelle Anzahl machte die Behörde zunächst keine Angaben.

Laut dem Urteil vom Dienstag dürfen die Mautgebühren nach den Vorgaben der sogenannten EU-Wegekostenrichtlinie die Infrastrukturkosten nicht überschreiten. Damit sei es nicht vereinbar, wenn bei den Kapitalkosten der Autobahn-Grundstücke statt mit ihrem Anschaffungswert mit ihrem aktuellen Wiederbeschaffungswert kalkuliert werde.

Anders als andere Anlagegüter erlitten Grundstücke keinen Substanzverlust und müssten nicht nach einer gewissen Zeit erneut beschafft werden. Die Mautsätze beruhten damit auf einer fehlerhaften Kalkulation, hieß es zur Begründung.

Dagegen ist eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden muss. Der Anwalt der Kläger, Martin Pfnür, äußerte sich zufrieden mit dem Urteil.

Die beiden Kläger hatten bis 2015 in Polen eine Spedition betrieben. Insgesamt hatten sie rund 12.000 Euro Mautgebühren zurückgefordert. Das Verwaltungsgericht Köln hatte ihre Klage in erster Instanz abgewiesen. Für die Klage sind Gerichte in Nordrhein-Westfalen zuständig, weil das für die Lkw-Maut zuständige Bundesamt für Güterverkehr in Köln sitzt.

Die Speditionsbranche hatte das Verfahren aufmerksam verfolgt. Die Einschätzungen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung würden für Tausende von mautzahlenden Unternehmen von Interesse sein, hatte der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) im Vorfeld mitgeteilt.

Die Höhe der Lkw-Maut muss sich laut der EU-Richtlinie an den tatsächlichen Wegekosten orientieren. Dazu zählen unter anderem die Kosten für Bau, Ausbau, Erhalt und Betrieb des Straßennetzes. Auch Kosten aus Luftverschmutzung und Lärmbelastung dürfen mitberechnet werden.

Die Lkw-Maut wurde in Deutschland 2005 auf den Bundesautobahnen eingeführt und später auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Im vergangenen Jahr betrugen die Einnahmen rund 7,4 Milliarden Euro.

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