Vor Jahren türmte sich bei den Sparkassen die Fusionswelle auf. Ein Höhepunkt war die Verschmelzung der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Pforzheim und Calw. Die Sparkasse, die seitdem beide Städte in ihrem Namen trägt, ist mit einer Bilanzsumme von rund 13 Milliarden Euro die unangefochtene Nummer 1 im Südwesten.
Nun also verschmelzen Volksbanken in der Region zu Dickschiffen: Vor allem die Fusion in Offenburg und Villingen-Schwenningen zur „Volksbank eG“ (Bilanzsumme zusammen 8,1 Milliarden Euro) sowie die Pläne in Karlsruhe und Baden-Baden (6,4 Milliarden Euro) wirbeln die Banken-Branche auf. Etliche kleine Genossenschaftsbanken und Sparkassen befinden sich in der Sandwichposition zwischen den Großen.
Banken-Professor Hans-Peter Burghof hat gegen solche Fusionen prinzipiell nichts einzuwenden – auch wegen der steigenden Kosten, die die Bankenaufsicht den Instituten aufhalse. Er sehe aber keinen Zwang, dass die kleinen Banken und Sparkassen aufs Fusionskarussell aufspringen.
Kleine Kreditinstitute müssen möglicherweise am Geschäftsmodell feilen
„Es wäre wichtig, dass kein Lemminge-Effekt entsteht“, betont Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistung der Uni Hohenheim. „Luxemburg kommt auch gut klar mit seiner Größe“, setzt er einen Vergleich zur Vielfalt der europäischen Staaten. Burghof hält es auch „für Unsinn“, dass sich die Bankenaufsicht immer wieder für größere Volksbanken und Sparkassen ausspricht.
Luxemburg kommt auch gut klar mit seiner Größe.Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft
Möglicherweise müssten die kleineren Genossenschaftsbanken und Sparkassen in der Region nun ihre Geschäftsmodelle anpassen. Eine Chance sei, dass sie die Nähe noch besser ausspielen könnten. „Wenn man überregional ist, ist das vorbei“, sagt Burghof.
Burghof sieht es problematisch, wenn eine fusionierte Volksbank oder Sparkasse ihre Berater aus der Ferne gegen gewohnte Mitarbeiter, die die Kunden kennen, austauscht. Auch falls örtliche Betreuer – etwa bei Sponsoringanfragen von Vereinen – stets die Genehmigung der entfernten Zentrale brauchten, sei dies ein Nachteil.
Burghof warnt vor „Pseudo-Großbanken“
Kritisch sieht es Burghof, falls regionale Kreditinstitute „eine Pseudo-Großbank“ werden wollen und dabei die Bodenhaftung verlieren. „Ich denke, an dieser Stelle sind wir noch nicht“, spricht Burghof die Situation in der Region an. Problematisch ist aus seiner Sicht der Trend, dass bei Fusionen Geschäftsgebiete übersprungen werden.
Ein erheblicher Vorteil einer großen Sparkasse oder Volksbank ist nach Meinung des Banken-Professors, dass diese mittelständische Unternehmen mit erheblichem Kreditbedarf betreuen können. Die Kleinen brauchen dafür – schon wegen der Auflagen der Bankenaufsicht – Partnerinstitute oder ihre Zentralinstitute, damit keine sogenannten Klumpenrisiken entstehen. „Die Begleitung eines großen Mittelständlers ist bei einem Kleinen nicht drin“, sagt Burghof. Die hätten dann keine klassische Hausbanken-Funktion, weil das Gros des Fremdkapitals von anderen Kreditinstituten zur Verfügung gestellt wird.
Persönliche Beziehungen steuern Fusionen
Ein enormer Vorteil von Sparkassen und Genossenschaftsbanken sei es, dass der Mittelstand bei ihnen in der Region einen Partner auf Augenhöhe habe: von Unternehmer zu Bankvorstand sozusagen. Dies ist laut Burghof bei Großbanken nicht der Fall.
Die Machtfülle von Vorständen der regionalen Banken und Sparkassen habe aber auch Nachteile. „Wer mit wem fusioniert, wird häufig von persönlichen Beziehungen gesteuert“, sagt Burghof. Vermeintlicher Fusionsdruck könne auch von ehrgeizigen Bankvorständen kommen. „Das kann man immer wieder beobachten.“
Das müsse mehr als bisher kontrolliert werden, ist Burghofs Wink an die Aufsichtsräte der Genossenschaftsbanken und an die Verwaltungsräte der Sparkassen. Damit „eine aktivere Corporate Governance“ – Regeln, Verfahren oder Gesetze, nach denen ein Unternehmen geführt oder betrieben wird – möglich ist, müsse der ökonomische Sachverstand in den Kontrollgremien vergrößert werden.