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Sparkassenverband zieht Bilanz

Nur noch die Hälfte der Sparkassen-Kunden in Baden-Württemberg kann sparen

Die Zinsen steigen. Das bringt nur vielen Menschen in Baden-Württemberg wenig – die Inflation ist schuld. Ohnehin können immer weniger Sparkassen-Kunden Geld auf die Seite legen.

Der Zins ist zurück: Das hört sich gut an. Doch Zinserträge werden von der Inflation aufgefressen. Außerdem haben bei den Preissteigerungen immer weniger Menschen noch Geld fürs Sparschwein übrig.
Der Zins ist zurück: Das hört sich gut an. Doch Zinserträge werden von der Inflation aufgefressen. Außerdem haben bei den Preissteigerungen immer weniger Menschen noch Geld fürs Sparschwein übrig. Foto: Ekaterina Yakunina IMAGO/Westend61

Baden-Württembergs Sparkassenpräsident Peter Schneider hatte es bereits in einem BNN-Gastbeitrag im vergangenen Jahr befürchtet – und so ist es nun auch gekommen: „Mittlerweile kann rund die Hälfte unserer Privatkundinnen und -kunden kein Geld zur Seite legen.“ Sie brauchen Lohn und Rente, um bei der horrenden Preissteigerung ihre monatlichen Ausgaben abzudecken.

Die Sparkassen bilden mit ihrer Klientel einen guten Querschnitt der Gesellschaft ab. Sie haben auch vergleichsweise viele sozial schwache Kunden. In der Region hat die Berichtsaison der Sparkassen und Genossenschaftsbanken erst begonnen. Es dürfte spannend sein, ob es auch von diesen solche Hiobsbotschaften gibt, wie sie Schneider jetzt beim Bilanzgespräch in Stuttgart kundtat.

Sparkassen-Privatkunden sparen mehr, als ein Jahr zuvor

Baden-Württemberg ist allerdings immer noch ein Bundesland mit relativ niedriger Arbeitslosigkeit und hoher Kaufkraft. Und so sparte die Privatkundschaft der 50 Südwest-Sparkassen in der Summe doch noch mehr als im Vorjahr. 126,4 Milliarden Euro kamen als Bestand zusammen – das ist ein Plus von 2,3 Prozent.

Der Zins ist zurück – aber das bringt klassischen Sparern wenig, weil die hohen Inflationsraten auffressen, was Tages- und Spargeldkonten abwerfen. Das hat sich herumgesprochen. Immer mehr Menschen setzen daher aufs (Wertpapier-)Sparen.

Putin hat mit seinem Angriffskrieg jedoch auch die Börsen auf Talfahrt geschickt. „Doch anders als in früheren Jahren kam es nicht zu Panikverkäufen von Wertpapieren“, betont Schneider. Im Gegenteil: Der Nettoabsatz der Sparkassen-Kunden lag bei 4,8 Milliarden Euro. Noch nie haben sie mit Effekten so viel Vermögen gebildet. Auffallend: „Die Leute steigen klein ein“, so Schneider. Die Hälfte aller Wertpapier-Sparpläne belaufen sich auf weniger als 50 Euro pro Monat.

Der Zinsüberschuss ist die Hauptertragsquelle der Sparkassen. Seit vielen Jahren ist er mit der Zinswende der EZB erstmals wieder gestiegen, und zwar auf 3,34 (2021: 3,07) Milliarden Euro.

Das hört sich prima an für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. Doch die Medaille hat auch eine Kehrseite: Die Sparkassen legen in ihrem sogenannten Depot A auch selbst Wertpapiere an – überwiegend sind das sichere, festverzinsliche Anleihen.

Abschreibungen bei den Eigenanlagen der Sparkassen auf Rekordniveau

Durch die abrupte Zinswende haben die – zumindest buchhalterisch – an Wert verloren. Die Sparkassen mussten deshalb kräftig Wertberichtigungen (960 Millionen Euro) auf ihre Wertpapierbestände bilden. Einen solch hohen Wert gab es noch nie. Folglich ging es mit dem Betriebsergebnis nach Bewertung in den Keller: auf 0,81 (2021: 1,63) Milliarden Euro. Unterm Strich steht ein Gewinn von 490 (2021: 936) Millionen Euro .

Es wird aber noch ein bisschen komplizierter: Die Sparkassen werden diese meist kurz- bis mittelfristigen Anleihen in ihren Depots lassen, bis die Rückzahlung fällig ist. Für Sparkassen, die so agieren können, sind dann die temporären Abschreibungen passé.

Durch Zinswende und Inflation wurde auch das Bauen nochmals erheblich teurer. Folge: Im ersten Halbjahr haben viele Kunden noch eine Baufinanzierung vorgezogen, um sich günstige Kredite zu sichern. Im zweiten Halbjahr sank die Vergabe von neuen Krediten aber deutlich. Unter dem Strich haben die Südwest-Sparkassen Privatkunden für den Bau oder Kauf von Immobilien Kredite in Höhe von 12,3 Milliarden Euro zugesagt.

Renaissance des Bausparens

Auch wenn die Welt mit ihren Krisen und Konflikten komplizierter geworden ist – bei Sparkassen und Banken kehrt ein Stück weit Normalität zurück. Das zeigt auch, dass Totgesagte länger leben. Dazu gehört das Bausparen, mit dem man sich günstige Zinsen sichern kann. Schneider sprach vom „absoluten Gewinner des Jahres 2022“. Die Sparkassen hätten LBS-Bausparverträge mit einer Bausparsumme von 4,75 Milliarden Euro vermittelt – ein Plus von 35 Prozent.

Ende 2022 hatten die Sparkassen 1.200 mit Mitarbeitern besetzte Filialen, das sind 60 weniger als ein Jahr zuvor. Hinzu kommen 660 (2021: 630) Selbstbedienungsfilialen. „15 Prozent dieser SB-Filialen teilen wir uns mit Volksbanken“, so Verbandsgeschäftsführer Ralf Bäuerle.

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