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Neues Lebensmittel-Logo

Nutri-Score startet offiziell

Soll es die Salamipizza mit dem gelben „C“ sein - oder doch lieber die vegetarische mit einem hellgrünen „B“? Eine Extra-Kennzeichnung soll Verbrauchern helfen. Rechtlich ist dafür jetzt alles besiegelt.

Ein Fertigprodukt ist mit der Stufe B gekennzeichnet.
Ein Fertigprodukt ist mit der Stufe B gekennzeichnet. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa

Für Supermarktkunden soll der Einkauf bunter werden, um gesündere Lebensmittel in den Regalen leichter zu erkennen. Das neue Logo Nutri-Score mit einer Farbskala plus Buchstaben hat von diesem Freitag an eine eigene Rechtsgrundlage.

Hersteller sollen es nun freiwillig auf die Packungen möglichst vieler Fertigprodukte drucken, wie Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag deutlich machte: „Jetzt müssen Wirtschaft und Handel mitziehen.“ Verbraucherschützer und Ernährungsbranche unterstützen die Einführung in Deutschland als drittem EU-Land. Über einzelne Änderungen an der Berechnungsmethode wird schon diskutiert.

Nach jahrelangem Streit um eine Extra-Kennzeichnung für Zucker, Fett und Salz sollen sich nun alle hinter Nutri-Score versammeln. Klöckner sprach bei einer symbolischen Startaktion in Berlin von „einem der großen ernährungspolitischen Vorhaben für Deutschland“, das leicht verständliche und vergleichbare Informationen bringe. Das sei eine gute Botschaft, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, an ihrer einen Seite. Damit werde auch ein Wettbewerb bei den Herstellern angestoßen: „Es lohnt sich jetzt, bessere, gesündere Produkte herzustellen.“ An Klöckners anderer Seite begrüßte der Chef des Lebensmittelverbands, Philipp Hengstenberg, dass es Rechtssicherheit gebe. Viele Unternehmen würden mitmachen.

Das in Frankreich entwickelte System bedeutet so viel wie „Nährwert-Punktzahl“ und bezieht neben Zucker, Fett und Salz auch empfehlenswerte Elemente wie Ballaststoffe, Eiweiß oder Anteile an Obst und Gemüse ein. Für die Mengen pro 100 Gramm werden jeweils Punkte vergeben. Dann werden von der Summe der „negativen“ Punkte die „positiven“ Punkte abgezogen. Heraus kommt am Ende ein einziger Gesamtwert, der in einer fünfstufigen Skala abgebildet wird: von „A“ auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes „C“ bis zum roten „E“ für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird hervorgehoben. Bei Getränken ist das „A“ nur für Wasser reserviert.

Eine Verordnung, die die Verwendung regelt, tritt an diesem Freitag in Kraft. Dabei geht es um eine Ergänzung der EU-weit verpflichtenden Nährwerttabellen mit Angaben auch zu Kalorien. Die sind allerdings meist klein gedruckt hinten auf der Packung zu finden. Nutri-Score soll ins Auge fallen, immer auf der Vorderseite. Dabei geht es in erster Linie um mehr Orientierung bei Produkten derselben Kategorie. Vergleichbar machen soll es nicht Fertigpizza mit Müsli, wie das Ministerium erläutert - aber etwa Schokomüsli mit Früchtemüsli.

Um Wirkung zu entfalten, muss Nutri-Score auf breiter Front kommen. Helfen soll auch eine Informationskampagne. Dabei startet das Logo nicht bei Null. Die Verbraucherzentrale Hamburg fand es im Frühjahr auf rund 1000 Produkten - etwa Spinat, Fisch und Pizzen aus dem Tiefkühlregal, Joghurts und anderen Milchprodukten. Pioniere waren vor allem internationale Lebensmittelkonzerne. Und auch zahlreiche Handelsketten sind bereits dabei, auf den Zug aufzuspringen.

Rewe und der Discounter Penny haben nach eigenen Angaben schon damit begonnen, erste Eigenmarken-Produkte zu kennzeichnen. Die Discounter Aldi und Lidl machen auch mit. Eine Lidl-Sprecherin sagte: „Nachdem nun die rechtlichen Grundlagen geschaffen wurden, beginnen wir sukzessive damit, unser Eigenmarkensortiment zu kennzeichnen.“ Aldi betonte ebenfalls, die Einführung werde nicht mehr lange dauern. „Wir befinden uns bezüglich der Kennzeichnung unserer Produkte bereits im Austausch mit unseren Lieferanten.“

Der Discounter Kaufland begann nach eigenen Angaben schon Anfang 2020, Nutri-Score bei der Eigenmarke K-Bio aufzudrucken. Nun würden weitere Produkte folgen. Deutschland größter Lebensmittelhändler Edeka ließ sich nicht in die Karten schauen. „Wir sind noch in der Prüfung“, hieß es dort lediglich. Aus Wettbewerbsgründen wolle man aktuell noch keine nähere Auskunft zu den eigenen Planungen geben.

Unter den Bürgern stößt das Logo bereits auf enorme Akzeptanz. Neun von zehn Verbrauchern in Deutschland finden es gut, wie eine Umfrage der Unternehmensberatung PwC ergab. Rund 85 Prozent der Befragten sprachen sich sogar dafür aus, die Kennzeichnung für alle verarbeiteten Lebensmittel und Getränke verpflichtend zu machen. PwC-Handelsexperte Christian Wulff sagte wachsenden Druck auf alle Marktteilnehmer voraus. Wer Produkte im grünen Logo-Bereich habe, werde damit werben. „Produkte ohne Nutri-Score werden dann vom Verbraucher automatisch mit einer roten Ampel gleichgesetzt.“

Auch Klöckner sagte, sie sei grundsätzlich für eine verpflichtende Kennzeichnung. Dies gehe rechtlich nicht national, sie wolle sich auf aber EU-Ebene weiter dafür einsetzen. Neben Frankreich hat Belgien Nutri-Score auf freiwilliger Basis eingeführt. Gesprochen werden soll demnächst über einige „Optimierungen“ bei Berechnungsmethoden. Im Blick stehen etwa Bewertungen von Pflanzenöl oder Vollkornprodukten. Die Verbraucherorganisation Foodwatch warnte, Algorithmus-Änderungen dürften nur von unabhängigen Experten erarbeitet werden „und nicht aufgrund eines Wunschkonzerts der Lebensmittelindustrie“.

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