Das bisherige Sparprogramm reicht offenbar nicht aus. Die Progress-Werk Oberkirch AG (PWO) will zusätzliche Stellen an ihrem Stammwerk in der Ortenau streichen. Neben den rund 200 Mitarbeitern, die im Rahmen eines Freiwilligen-Programms das Unternehmen zum Jahresende verlassen, sollen in Oberkirch bis zu 150 weitere Jobs wegfallen. Das hat der PWO-Vorstand am Dienstag beschlossen.
„Während die Auslandsstandorte schon bei der jüngsten, nur moderaten Marktbelebung wieder gute Ergebnisse erzielten, traf dies für den Standort Oberkirch nicht zu“, heißt es in einer Pressemitteilung des Autozulieferers.
Wegen stark gestiegener Arbeitskosten in Deutschland und weil die Autohersteller mehr und mehr in Osteuropa produzieren, müsse man „auch Produktionsverlagerungen nach Osteuropa in Erwägung ziehen, wenn wir bestehende Serienproduktionen nicht verlieren wollen“.
Die PWO-Kunden produzieren zunehmend in Osteuropa
Mit einem stark wachsenden Werk in der Tschechischen Republik sei PWO dort bereits äußerst wettbewerbsfähig aufgestellt, erklärt das Unternehmen weiter. „Deshalb hat der Vorstand in seiner heutigen Sitzung beschlossen, Kapazitäten des Standorts Oberkirch weiter in Richtung des zu erwartenden zukünftigen Auslastungsniveaus anzupassen.“
Dazu soll die Anzahl der Beschäftigten „um weitere 120 bis 150 Mitarbeitende überwiegend aus der Stammbelegschaft der Produktion reduziert werden“.
Vorstandschef Carlo Lazzarini sagte laut Pressemitteilung: „Wir sind ein weltweit tätiger Konzern. Der Kostendruck in der Automobilzulieferindustrie zwingt uns dazu, jeden Auftrag in dem Werk zu platzieren, das für den konkreten Auftrag am wettbewerbsfähigsten ist.
Leider hat die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland in den letzten Jahren stark nachgelassen, was zu einem überproportionalen Anstieg des Auftragsvolumens in unserm Werk in Tschechien geführt hat. Daher müssen wir die Kapazitäten in Oberkirch an das rückläufige Umsatzvolumen für den Standort anpassen.“
Standort Oberkirch soll zur „High-tech-Schmiede“ weiterentwickelt werden
Doch Lazzarini verspricht auch, den Standort Oberkirch „zu einer High-tech-Schmiede weiterentwickeln“. Dort soll die Wettbewerbsfähigkeit durch „höchsteffiziente moderne, datengetriebene Fertigung“ gestärkt werden.
Der Manager hat er ist im September den Chefposten bei PWO übernommen. Lazzarini folgte auf Vorstandssprecher Volker Simon, der das Unternehmen vorzeitig verlassen hat. Eigentlich wäre Simons Vertrag bis Juni 2022 gelaufen.
Dass Lazzarini seinen verschärften Sparkurs noch im alten Jahr durchgesetzt hat, stößt bei Gewerkschaftern auf Kritik. „Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit schwieriger Entscheidungen: Der Zeitpunkt ist alles andere als angenehm“, sagt Ahmet Karademir, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Offenburg. „Zwischen Weihnachten und Silvester sind die Mitarbeiter zuhause. Sie wissen nicht, ob die betroffen sind und müssen diesen Druck mindestens bis zum 7. Januar aushalten.“
Der Vorstand strebe „eine möglichst sozialverträgliche Umsetzung“ des Stellenabbaus an, teilte das Unternehmen mit. Die voraussichtlichen Kosten für diese Reduzierung der Beschäftigtenzahl, die das Betriebsergebnis des Geschäftsjahres 2020 zusätzlich belasten werden, liegen demnach „im oberen einstelligen Millionenbereich“. Die erwarteten Einsparungen in Höhe von neun Millionen Euro sollen erstmals im Geschäftsjahr 2022 voll wirksam werden. Die vorläufigen Zahlen für das Gesamtjahr 2020 liegen laut PWO noch nicht vor und „werden planmäßig am 24. Februar 2021 veröffentlicht“.
PWO stellt für die Automobilindustrie Metallkomponenten und Subsysteme in Leichtbauweise her. Neben dem Stammwerk in Oberkirch betreibt der Konzern vier weitere Produktionsstandorte in Tschechien, Kanada, China und Mexiko sowie weitere Montagestandorte. Weltweit arbeiten rund 3.000 Beschäftigte für das 1919 gegründete Unternehmen.