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Lieferengpässe

Ukraine-Krieg trifft deutsche Autoindustrie

Die Autobranche ist eine Schlüsselindustrie in Deutschland. Wegen des Krieges fehlen wichtige Teile und Rohstoffe. Das Problem könnte sich noch verschärfen.

Mitarbeiter montieren Komponenten an Porsche Macan und Panamera im Leipziger Werk.
Mitarbeiter montieren Komponenten an Porsche Macan und Panamera im Leipziger Werk. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Die Folgen des Ukraine-Kriegs könnten die deutsche Autoindustrie schwer treffen. Der Verband der Automobilindustrie erklärte am Mittwoch, ein verlässlicher Ausblick sei schwierig: „Fest steht aber: Es wird zu weiteren Beeinträchtigungen bei der Produktion von Fahrzeugen in Deutschland kommen.“

Grund ist, dass wichtige Teile fehlen und es zu einer Knappheit bei Rohstoffen kommen könnte. Mehrere deutsche Autohersteller hatten bereits von Produktionsunterbrechungen berichtet.

So stehen in den BMW-Werken München, Dingolfing und Steyr sowie in den Mini-Werken in Oxford und in den Niederlanden nächste Woche die Bänder still, weil Kabelbäume aus der Ukraine fehlen, wie ein Sprecher des Autokonzerns am Mittwochabend in München sagte. Von Problemen hatte zuvor auch der VW-Konzern berichtet.

Auf der Suche nach Alternativen

„Die Hersteller und Zulieferer arbeiten mit Hochdruck daran, die Ausfälle und Behinderungen in den Lieferketten zu kompensieren und Alternativen hochzufahren“, so der VDA. „Eine Fortsetzung der Produktion an alternativen Standorten liegt im Interesse der Kunden, der Beschäftigten, der Unternehmen und eines starken Wirtschaftsstandorts Deutschland und Europa.“

Die Kriegshandlungen Russlands führten zur Unterbrechung von Lieferketten, teilte der Verband mit. Der Transport sei eingeschränkt, die Produktion in Zulieferbetrieben falle aus. Kurzfristig ergebe sich eine Reduzierung der Zulieferung von Kabelbäumen. „Bei den Kabelbäumen handelt es sich um ein komplexes und teils für jedes Fahrzeugmodell individuell angefertigtes Bauteil. Hier gibt es kaum Lagerbestände.“ Neben Tunesien versorge vor allem die Ukraine europäische Hersteller mit diesem Bauteil. Die Produktion könne nicht kurzfristig umdisponiert werden.

Leoni will einspringen

Der Nürnberger Autozulieferer Leoni versucht, den durch die Schließung zweier ukrainischer Werke bedingten Produktionsausfall auszugleichen. „Wir arbeiten – in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Lieferanten – mit Hochdruck daran, die Folgen der momentanen Produktionsunterbrechungen in unseren beiden Werken in Stryi und Kolomyja, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, für alle Beteiligten bestmöglich zu beherrschen“, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Nürnberg mit. In den beiden derzeit stillstehenden Werken sind normalerweise 7000 Mitarbeiter im Einsatz.

Die Produktionsausfälle in der Ukraine bei Leoni und mehreren anderen Zulieferern hätten Folgen für die Verfügbarkeit von Teilen insbesondere in der europäischen Autoindustrie. Unter Berufung der ukrainischen Wirtschaftsfördergeesellschaft Ukraineinvest seien in der Ukraine 22 ausländische Unternehmen ansässig, die in 38 Fabriken Teile für die Automobilindustrie fertigten. Darunter befänden sich neben Leoni auch weitere Hersteller von Bordnetzsystemen.

Der VDA rechnet außerdem langfristig mit einer Knappheit und einem Preisanstieg bei Rohmaterialien. Dies betreffe vor allem die Rohstoffe Neongas, Palladium und Nickel.

Die Ukraine sei einer der wichtigsten Neon-Lieferanten. „Wir erwarten Auswirkungen auf die europäische Halbleiterproduktion, da Chips bereits jetzt Mangelware sind. Bei der Halbleiterproduktion kommen Hochleistungs-Laser zum Einsatz, die unter anderem das Edelgas benötigen.“

Zum anderen könnte Palladium aus Russland für Katalysatoren fehlen. Etwa ein Fünftel des nach Deutschland importieren Palladiums komme aus Russland. Ein wichtiger Rohstoff zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien sei Nickel. „Damit ist dieser Rohstoff unersetzbar für den Hochlauf der Elektromobilität“, so der Verband. Russland sei unter anderem ein wichtiges Förderland für Nickelerz.

Die deutsche Automobilindustrie, Hersteller und Zulieferer, unterhalte etwa eigene 43 Fertigungsstandorte in Russland und sechs der Ukraine. Zudem gebe es weitere internationale Werke, die Komponenten zuliefern.

Auswirkungen der Sanktionen noch nicht abzusehen

Außerdem hieß es, Lieferketten zum Beispiel nach und aus China gerieten unter Druck, weil auch die Landwege durch die Krisenregion einen Transport zunehmend ausschließen. Auswirkungen der westlichen Finanzsanktionen gegen Russland würden auch die Automobilindustrie betreffen, so der Verband. Die handelspolitischen Auswirkungen für die Automobilindustrie seien noch nicht genau abzusehen.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller erklärte: „Die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie verurteilen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.“.Der Verband unterstütze ausdrücklich die Sanktionen der EU. „Schnelle Hilfe und ein Ende der Kampfhandlungen müssen im Vordergrund stehen, wirtschaftliche Fragen stehen jetzt dahinter zurück.“

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