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Vom Sozialarbeiter zum Shortseller

Wer ist der Grenke-Jäger Fraser Perring?

Er wuchs auf der Schweinefarm der Eltern auf, arbeitete lange als Sozialarbeiter – und jagt aktuell die Baden-Badener Grenke AG. Doch wer ist der umstrittene Spekulant Fraser Perring eigentlich?

Der Sitz der Grenke AG in Baden-Baden
Der Sitz der Grenke AG in Baden-Baden Foto: Uli Deck picture alliance/dpa

Er hat Jura, Psychologie und Sozialwesen studiert und bis 2012 als Sozialarbeiter gearbeitet. Dann schmiss er den Job – ihn drängte es an die Börse. Dies ist ein kleiner Auszug aus der ungewöhnlichen Vita von Fraser Perring aus dem britischen Canterbury. Die Geschichte eines Mannes, der Konzernen wie Wirecard, Steinhoff, ProSiebenSat.1, AMD das Fürchten lehrt. Aktuell hat er die Baden-Badener Grenke AG ins Visier genommen.

Mit Schwert, Rüstung – aber ohne Melone

Sein Vorgehen, Kritiker nennen es Masche: Perring analysiert Bilanzen von Unternehmen, wobei er offenbar von Insidern Tipps bekommt. Stößt er auf vermeintliche Unregelmäßigkeiten, dann lanciert er die entsprechenden Informationen an die Öffentlichkeit. Gleichzeitig wettet Perring gegen die Unternehmen – und profitiert per Shortselling, wenn deren Börsenkurs nach unten rauscht. Nach Perrings Aussage hatte er bereits im ersten Quartal als Spekulant mehr verdient, als in einem Jahrzehnt als Sozialarbeiter.

Fraser Perring Karikatur.Angriffslustiger Grenke-Jäger:
 Fraser Perring zeigt sich in Ritterrüstung und mit Schwert auf Twitter
Angriffslustiger Grenke-Jäger: Fraser Perring zeigt sich in Ritterrüstung und mit Schwert auf Twitter Foto: twitter/@AIMhonesty

Persönliches ist über den bärtigen Investor wenig bekannt, der – anders als in der City of London üblich – meist ohne Krawatte und in Jeans auftritt. So viel immerhin weiß man: Er wuchs auf der Schweinefarm der Eltern auf und spielt gerne Schach. Dies eint ihn mit Wolfgang Grenke. In Ritterrüstung und mit einem Schwert zeigt sich der 46-jährige Perring auf seinem Twitter-Profilbild. Soziale Medien sind eines seiner Werkzeuge.

Als Perring 2016 beim Zahlungsdienstleister Wirecard auf Ungereimtheiten stieß, ging er nicht unter seinem Klarnamen an die Öffentlichkeit, sondern als „Zatarra“, der Name seiner damaligen Researchfirma. „Zatarra“ ist eine Figur aus dem Roman „Der Graf von Monte Christo“ von Alexandre Dumas. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin vermutete, dass er mit falschen Aussagen den Markt manipuliert haben könnte – und ermittelte gegen den Briten. Wie die Wirecard-Geschichte ausging, ist bekannt: Das Unternehmen erwies sich als eine Skandalfirma, die insolvent ist. Nach einem ihrer Vorstände wird gefahndet. Seitdem wird Shortsellern wie Perring viel mehr öffentliche Bedeutung eingeräumt.

Drohung vor der Schule der Tochter

Ungefährlich scheint Perrings Job nicht zu sein: Vor dem Schulhof seiner Tochter sei er von zwei dubiosen Männern gezwungen worden, in sein Auto einzusteigen. Dort hätten sie ihm den Wink gegeben, Wirecard in Ruhe zu lassen.

Mittlerweile gibt Perring Interviews – wie aktuell in der kritischen Grenke-Phase gegenüber der „Wirtschaftswoche“. Zu dem Gesprächszeitpunkt räumte er ein, seine Positionen noch nicht geschlossen zu haben. Die Wette war also noch aktuell, Perring hatte die Ernte noch nicht eingefahren. Welche Gemeinsamkeiten es denn zwischen einem Sozialarbeiter und einem Shortseller gebe, wurde er von dem Magazin daraufhin gefragt. Perrings Antwort: „Beide müssen sich sehr gut informieren. Wenn ich als Sozialarbeiter eine Familie betreue, muss ich erst mal genau verstehen, was dort passiert, ehe ich Entscheidungen treffe – das ist beim Shortselling genauso.“

Wirecard und Grenke sind nicht die einzigen Fälle, mit denen Perring an den Börsen für Furore sorgte: An seinen Vorwürfen gegen Möbel-Multi Steinhoff war etwas dran. Den Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 sowie den Chiphersteller AMD hat er hingegen vergeblich attackiert. Mittlerweile hat Perring eine neue Analystenfirma mit Sitz im US-Steuerparadies Delaware. Sie heißt Viceroy, Mitgründer sind Aidan Lau und Gabriel Bernade.

Auf Grenke sei er über einen Freund gekommen, der Ärger mit der Grenke AG habe und ein Gerichtsverfahren gegen sie ausfechten müsse, sagte er der „Wirtschaftswoche“. Die Baden-Badener wehren sich auf Pressekonferenzen und mit Pressemitteilungen gegen die Vorwürfe des Briten. Außerdem haben sie Wirtschaftsprüfer engagiert, damit die Anleger ihnen wieder vertrauen. Der Brite hat es sogar geschafft, dass die Grenke AG Bundesbank-Kontoauszüge veröffentlicht, um nachzuweisen, dass man das in den Bilanzen ausgewiesene Barvermögen auch tatsächlich hat. Es ist wie im Schachspiel: Wem gelingt der bessere Zug?





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