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Bebauungsplan vor Verabschiedung

City-Ost Pforzheim: Gegner und Befürworter kämpfen vor finaler Entscheidung mit harten Bandagen

Je näher die finale Entscheidung im Gemeinderat über den Bebauungsplan für das Infrastrukturprojekt City-Ost in Pforzheim rückt, desto verbissener kämpfen die Gegner gegen das „Prestigeprojekt”.

Boch und Rülke streiten sich in einer Sitzungspause im Pforzheimer Gemeinderat
Stellvertreter-Krieg: Als Sprecher der größten Gemeinderatsfraktion in Pforzheim ließ sich Hans-Ulrich Rülke (rechts) 2019 zum ehrenamtlichen Stellvertreter von Oberbürgermeister Peter Boch (links) wählen. Doch im Konflikt um die City-Ost sind sie erbitterte Gegner. Rülke will das Infrastrukturprojekt noch per Bürgerbegehren stoppen. Foto: str

Am 28. Juli steht die letzte Entscheidung für die City-Ost an. Der Bebauungsplan soll vom Pforzheimer Gemeinderat verabschiedet werden. Dann erst kann der Investor formal seinen Bauantrag stellen. Das seit Jahren geplante Vorhaben um vom Gemeinderat mehrfach grundsätzlich bewilligte Bauvorhaben kann dann Realität werden.Doch auf allen Seiten wächst spürbar die Nervosität.

Seit einer Woche ist klar, dass sich das Projekt kaum durch einen Bürgerentscheid aufhalten lässt, weil die Projektgegner vor dem Verwaltungsgericht mit einer Klage eine krachende Niederlage eingefahren haben.Nun konzentrieren sich die Gegner um Hans-Ulrich Rülke auf die letzte verbliebene Möglichkeit: Eine Ablehnung des Bebauungsplans im Rat. Und es könnte tatsächlich knapp werden, im Vorfeld war die Vorlage im Fachausschuss knapp durchgefallen.

Derweil die Gegner Morgenluft wittern, stellt ein Sprecher der Stadtverwaltung klar: „Der Bebauungsplan aber ist die Grundlage für eine Baugenehmigung. Ohne B-Plan kann also nicht gebaut werden. Für den Fall, dass der B-Plan endgültig nicht zustande kommen sollte, ist von einem Ende des Projekts auszugehen, das Projekt wäre damit de facto gescheitert.”



Laut Rathaus Pforzheim droht Schadenersatz

In diesem Fall drohen laut Stadt wegen der bisherigen Verträge mit dem Investor Ten Brinke unkalkulierbare finanzielle Risiken. „Inwieweit und in welcher Höhe für Ten Brinke daraus Schadensersatzansprüche entstünden, wäre gerichtlich zu prüfen beziehungsweise zu klären.” Es könne sein, dass ein Gericht dem Investor Schadensersatz zuspricht, „da der Investor im Vertrauen auf den Beschluss des Gemeinderats zum Zuschlagsentscheid und den anschließenden Vertragsschluss intensiv am Projekt gearbeitet habe”..

Aus Sicht der Verwaltung müsste im Falle eines Scheiterns unverzüglich in die Sanierung des Technischen Rathauses eingestiegen werden. „Der Zustand des Gebäudes lässt einen dauerhaften Betrieb definitiv nicht mehr zu”, so der Ratssprecher. Die Sanierungskosten des Technischen Rathauses mit allen Folge- und Unterbringungskosten belaufen sich laut Stadt auf 23 Millionen Euro. „Wobei mit dieser Sanierung lediglich ein niedriger bis mittlerer Standard erreicht werden würde”, so der Sprecher weiter.

Allerdings rechne man im Rathaus mit einer Mehrheit für die City-Ost. „Wir gehen davon aus, dass das Lösungskonzept des Wettbewerblichen Dialogs umgesetzt wird und der Gemeinderat das Ergebnis der Vorberatung zum Bebauungsplan umkehrt.”

Als „nicht den Tatsachen entsprechend“ bezeichnet Rülkes FDP/FW/UB/LED-Fraktion in einer Mitteilung vom Freitagnachmittag mehrere Aussagen der Stadtverwaltung. „Hier wird der Eindruck erweckt, es sei teurer aus dem Projekt auszusteigen, als auf Jahrzehnte hinaus zu exorbitanten Preisen bei Ten Brinke zu mieten. Das stimmt aber schlichtweg nicht“, so der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke (FDP) und sein Stellvertreter Michael Schwarz (Freie Wähler).

City-Ost-Gegner argumentieren mit Geheimhaltung

Wie schon so oft argumentieren die Stadträte mit Geheimhaltungspflichten, die eine öffentliche Aufklärung erschwerten. „Die Stadtverwaltung soll doch bitte verraten, ob im Vertrag steht, dass im Falle einer Beendigung des Projekts vonseiten Ten Brinkes keinerlei Schadensansprüche auf die Stadt Pforzheim zukommen oder nicht. Wir dürfen das nämlich nicht verraten. Es ist nämlich so, dass nach wie vor die Kosten und Klauseln des Prestigeprojekts als Kommando-Geheimsache im Rathaustresor lagern.”

Man hoffe weiterhin, dass der Bebauungsplan im Gemeinderat scheitert. „Die Pforzheimer Bürgerschaft möchte das Projekt nämlich mehrheitlich nicht”, so die Behauptung der Fraktion, die einen eigenen Vorschlag für eine günstigere Lösung einbringen will, die das Technische Rathaus erhalte und den Schlossberg befahrbar lasse.

Bürgerbegehren: Urteil der Richter vernichtend

Unterdessen hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe am Freitag in einer Pressemitteilung Gründe dafür veröffentlicht, warum das von Rülke und seinem Fraktionskollegen Andreas Kubisch (Liste Eltern) initiierte Bürgerbegehren gegen die City-Ost juristisch gleich dreifach gescheitert ist und eine Klage der beiden Stadträte gegen die Stadt vor wenigen Tagen vom Gericht abgewiesen wurde.

Die Richter stellen in ihrer Begründung Rülke und seinem Aktionsbündnis ein vernichtendes Urteil aus: Das Bürgerbegehren habe weder die erforderliche Zahl an gültigen Unterschriften erreicht, noch sei ein rechtlich vorgeschriebener Vorschlag zur Kostendeckung gemacht worden. Drittens sei „die Begründung des Bürgerbegehrens in einem wesentlichen Punkt unvollständig und damit im Ergebnis irreführend gewesen”.

Rülke wollte sich auf BNN-Anfrage dazu am Freitag nicht äußern. Der gescheiterte Kläger teilte mit: „Dazu kann ich zunächst nur sagen, dass ich es für einen ganz üblen Stil des Gerichtshalte, eine Pressemitteilung zu machen, bevor man die Prozessbeteiligten informiert. Wir werden uns in der Sache erst äußern, wenn uns schriftlich etwas vorliegt und wir uns mit unserem Rechtsbeistand beraten haben.”

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Rülke und Kubisch haben die Möglichkeit der Berufung.







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