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Ende um 19.33 Uhr

Die AfD macht in Pforzheim umjubelten Wahlkampf – davor regt sich friedlicher Protest

Der junge Mann mit dunkler Hautfarbe bleibt vor dem rot-weißen Flatterband der Polizei stehen. „Darf ich fragen, was hier los ist?“ Das ist schnell erklärt. Drin im Congresscentrum Pforzheim macht die AfD Europawahlkampf. Und hinter der Absperrung gegenüber beim Stadttheater findet der Protest dagegen statt. „Ok, dann steh’ ich hier ja richtig“, sagt der junge Mann hinter dem Band und lächelt.

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Die AfD macht Europawahlkampf in Pforzheim am 3. Mai 2019. Vor dem CCP versammelten sich bis zu 300 Demonstranten bei einer Veranstaltung der Initiative gegen Rechts. Foto: Harry Rubner

Die meisten Menschen haben sich am Freitagabend schon früher entschieden. 650 hören sich im CCP die Reden der AfD-Größen Alice Weidel und Jörg Meuthen sowie des FPÖ-Politikers Johann Gudenus an. In der Spitze 300 protestieren draußen lautstark dagegen. Sie setzen auf Trillerpfeifen, Punkmusik, Trommeln, Protestrufe und Transparente. WiP-Stadtrat Christof Weisenbacher hält die Botschaft hoch: „Rechtsradikale aus Österreich wollen wir nicht noch einmal.“ Eine Anspielung auf Gudenus – und natürlich auf die deutsche Nazizeit. So sehen es viele der Teilnehmer der Veranstaltung der Initiative gegen Rechts.

Stimmung insgesamt entspannt

Ein erster Redner aus Pforzheim von den sozialistischen „Falken“ stellt ebenfalls Bezüge zur Machtergreifung der Nazis 1933 her. Er macht die AfD mitverantwortlich für einen Rechtsruck in der Gesellschaft, der sich durch die Europawahl verschärfen könne. Ein Redner von der Seebrücke Pforzheim sagt: „Ich habe keine Lust mehr, die AfD und ihre Brüder im Geiste als Rechtspopulisten zu bezeichnen.“ Er warnt vor der seiner Meinung nach „faschistoiden Propaganda“ im CCP und erhält Beifall.

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Die Besucher der AfD-Wahlkampfveranstaltung konnten das Gebäude unbehelligt betreten. Foto: Harry Rubner

Stadtrat unter den Demonstranten

Die Stimmung ist insgesamt entspannt. Polizei-Einsatzleiterin Elke Heilig vom Revier Nord wird hinterher von einem „friedlichen Verlauf“ sprechen. Immer wieder laufen Besucher der AfD-Veranstaltung durch die Masse der Gegendemonstranten und bleiben unbehelligt. Ein Jugendlicher hebt das Polizei-Absperrband für zwei Senioren an, die ins CCP wollen. Stadtrat Felix Herkens (Grüne), der ebenfalls unter den Demonstranten ist, sagt. „Die Leute können hier ohne Gewalt und ohne blöd angemacht zu werden direkt bei uns durchgehen – entgegen alledem, was die AfD immer zu sagen pflegt.“ Herkens ist draußen neben SPD-Vertreterin Dorothea Luppold der dritte Vertreter aus dem Gemeinderat.

"Was mal war, das wollen wir nicht wieder"

Die lautstarken Rufe passen freilich nicht jedem der Besucher im CCP. Ein Mann aus Mühlacker sagt: „Über die Vergleiche mit damals kann ich nur lachen. Ich fühle mich völlig falsch eingeordnet.“ Es könne doch nicht sein, dass jeder ein Rassist sei, der gern Deutscher sei. „Was mal war, das wollen wir nicht wieder“, sagt er und nickt betonend.

Spontandemo durch die Fußgängezrone

Um 19 Uhr beginnt die AfD ihre Großveranstaltung. Während im Saal Alice Weidel über europäische Finanzpolitik spricht und dabei zum Schlag gegen Kanzlerin Merkel ausholt, löst sich draußen die Versammlung langsam auf. Es sind noch 60 Teilnehmer, die sich zu einer Spontandemo durch die Fußgängerzone in Richtung Hauptbahnhof aufmachen. Als sie den Platz vor dem Congresscentrum verlassen, zeigt die Uhr auf die Minute genau 19.33.

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