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Vom Polierlappen zum Investmentprodukt

Die Pforzheimer Scheideanstalt Heimerle+Meule wird 175 Jahre alt

Deutschlands älteste Scheideanstalt kann nicht feiern: Corona sorgt dafür, dass es Heimerle + Meule nach 175 Jahren beim Blick auf die dürftigen Details der Firmengeschichte belassen muss.

Luftbild des Geländes.
Industriearchitektur mit großer Geschichte: Die Scheideanstalt Heimerle + Meule wurde vor 175 Jahren von Julius Dittler als Kehretsanstalt in Pforzheimer gegründet. Foto: Achim Keiper

Polierlappen und edelmetallhaltiger Abfall stehen am Anfang einer der ältesten Firmengeschichten Pforzheims. Sie gehören zu den Ingredienzien, aus denen Julius Dittler 1845 in Pforzheim eine Kehretsanstalt formte, aus der die heutige Firma Heimerle + Meule hervorging. Viel mehr ist nicht überliefert zu dem damaligen Start-up auf der Basis von zusammengekehrten Produktionsabfällen aus der Gold- und Silberindustrie.

Gesichert scheint nur zu sein, dass Dittler erfolgreich war. Warum seine Firma bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert zu Heimerle + Meule wurde, ist der Firmengeschichte, die die heutige Geschäftsführung vorlegt, nicht zu entnehmen.

Jubiläumsfeier fällt Corona zum Opfer

Wie auch immer das Schicksal von Julius Dittler aussieht, für die rund 300 Pforzheimer Mitarbeiter von Heimerle + Meule legte er den Grundstein zu einem Jubiläumsjahr. Das Feier indes, muss sich auf den Stolz auf die Entwicklung des Unternehmens und einen zuversichtlichen Blick auf die Zukunft beschränken. Es gibt zwar eine Jubiläumsgabe, aber mehr lässt Corona nicht zu.

Pforzheims schwärzester Tag, der 23. Februar 1945, ist wie so oft auch hier mit ursächlich dafür, dass es kaum Material zur Geschichte der laut Firmenleitung ältesten Gold- und Silberscheideanstalt in Deutschland gibt. Die Fabrik in der Östlichen Karl-Friedrich-Straße wurde bei der Bombardierung total zerstört.

Arbeit in der Koksschmelze
Heiße Angelegenheit: Die Gewinnung von Edelmetall ist schwere Industriearbeit, wie auf dieser historischen Aufnahme von der Koksschmelze bei Heimerle + Meule zu sehen ist. Foto: Firmenarchiv Heimerle + Meule

Der Wiederaufbau beginnt zunächst in der Schmuck- und Uhrenfabrik Knoll + Pregitzer. 1951 folgen eine neue Fabrik in der Innenstadt und bald darauf eine Erweiterung und ein Neubau an der Berliner Straße, bevor es 1977 ins Brötzinger Tal ging, wo Heimerle + Meule bis heute seinen mehrfach erweiterten Stammsitz hat. Dort ereignete sich an Ostern 2012 auch einer der wenigen überlieferten Unglücksfälle: Ein Großbrand hinterließ einen Millionenschaden.

Edelmetall für Autos und Schmuck

Parallel zur baulichen Entwicklung verläuft die Erweiterung der Produktionsleistungen. Es ist zwar nicht überliefert, wo genau in Pforzheim die einzelnen Schritte unternommen wurden, aber es gilt unter anderem als gesichert, dass Heimerle + Meule ab 1920 selbst legierte. Heute deckt das Unternehmen nahezu die ganze Edelmetallverarbeitung ab.

Vom Recycling über die Herstellung von Halbzeugen, Galvanotechnik, Investment- und Dentalprodukten bis zur Oberflächenbeschichtung reicht die Produktpalette. Zur Kundschaft gehören ebenso Schmuckfabrikanten wie Automobilzulieferer, Dentallabore und Elektronikunternehmen.

Ein entscheidender Punkt war 1951 der Eintritt der Lübecker Possehl-Gruppe als stiller Teilhaber in das Unternehmen. Dem folgte 1960 die komplette Übernahme durch Possehl und seitdem auch international ein großes Wachstum. Die Heimerle + Meule Gruppe, die 2013 nach der Übernahme von Cookson Precious Metals in Birmingham geformt wird, hat nach Unternehmensangaben heute 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sieben Staaten. Einzelfirmen sind Cooksongold, Weston Beamor, Cookson-Clal, Sempsa JP, Drijfhout und Koutadly. In Pforzheim zum Wachstum beigetragen hat 2001 auch die Übernahme der Heraeus Edelmetall Halbzeug GmbH.

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