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Luxusklasse setzt auf gelbes Edelmetall

Gold gilt als krisensicher: Fachvereinigung Edelmetall blickt auf ein turbulentes Jahr zurück

Zentralbanken und Wohlhabende haben 2022 weltweit 4.740 Tonnen Gold geordert. 70 bis 80 Tonnen davon kommen aus deutschen Recyclingprozessen.

Gold gilt seit jeher als krisenfest.
Die Edelmetallindustrie verzeichnete im Vorjahr ein deutlich gestiegenes Interesse an Gold. Zentralbanken und Privatleute haben 2022 weltweit 4.740 Tonnen Gold nachgefragt. Foto: Uli Deck/dpa

Mehr Gold war selten: Im vergangenen Jahr haben Menschen weltweit 4.741 Tonnen nachgefragt. Sie kauften Schmuck der 18-karätigen Luxusklasse, Goldbarren, Münzen. Vermögen wurden in das bei Krieg und Währungsschwankungen als krisensicher geltende Edelmetall investiert. Der Vorgang steigerte den Umsatz um 18 Prozent gegenüber 2021 auf einen Zehnjahres-Höchststand.

Zentralbanken standen dem in nichts nach. Vor allem Schwellenländer plus China und Türkei „schichteten massiv ihre Devisen in das gelbe Edelmetall um“, sagt Thomas Weiß als er gemeinsam mit Frank- Josef Kron die Jahresbilanz der in Pforzheim beheimateten Fachvereinigung Edelmetall präsentiert.

Die Goldkäufe stiegen hier um 152 Prozent, erläutert der Geschäftsführer der Pforzheimer Scheideanstalt Heimerle + Meule GmbH weiter. Sein Vorstandskollege, der Vorstandsvorsitzende der Pforzheimer Agosi AG, ordnet diese und einige andere Entwicklungen als Folgen von Geopolitik und Weltwirtschaft ein.

Die Branche konnte sich weiter gut entwickeln.
York Alexander Tetzlaff, Verbandsgeschäftsführer

Ungeachtet oder vielleicht gerade wegen der weltweiten Verwerfungen herrscht also Kontinuität bei die Edelmetallindustrie. „Die Branche konnte sich weiter gut entwickeln“, sagte denn auch Verbandsgeschäftsführer York Alexander Tetzlaff.

Sie hat dennoch ein turbulentes Jahr hinter sich. Dafür sorgte allein schon der russische Überfall auf die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen. Durch das Gasembargo drohte ein Lieferengpass bei Grundchemikalien. „Wir haben von der Hand in den Mund bei extremen Preissteigerungen gelebt“, unterstreicht Kron die Bedeutung fürs Recycling-Geschäft.

Ein Mangel an Edelmetall – insbesondere an dem aktuell preisstabilen Silber – kann essentiell sein. Ohne gäbe es allein bei der „grünen Energiegewinnung“ vielfältige Einschränkungen, macht Kron deutlich. Die Produktion von Windkraftgeneratoren, Solarpanels und Elektromotoren für Autos wäre ebenso betroffen wie Wasserstoffkatalyse.

Metalle für Weißgoldringe fehlten

Wer im vergangenen Jahr – so wie vor Corona geplant und dann aufgeschoben – Weißgoldringe für die nachgeholte feierliche Trauung kaufen wollte, bekam die industrielle Seite des Edelmetallgeschäfts ebenfalls zu spüren. Nachdem Rhodium und Palladium vor allem in der Autoindustrie gebraucht werden, damit die Abgasnormen eingehalten werden können, fehlen die Metalle um aus gelbem Gold silberfarbenen Schmuck zu machen.

Die Alternative heißt Platin, was den Scheideanstalten hier ein Plus von 15 Prozent bescherte. Finanziell ließ sich dies nach den Worten von Kron aber nicht eins-zu-eins verbuchen. „Der Preis für Palladium und Rhodium hat sich trotz der Russlandsorgen halbiert.“ Als Hintergrund verweist der Agosi-Chef auf die von Corona und China getriebenen Lieferengpässe in der Automobilindustrie: „Es wurden weniger Autos neu zugelassen, Altwagen länger gefahren und dadurch weniger Platin recycelt.“

An Nachschub aus Russland mangelte es dagegen nicht. „Die Platin-Gruppe war nie auf der Sanktionsliste, weil es dann nicht weitergegangen wäre“, so Kron.

Auch die Sicherheitspolster für Wohlhabende lassen sich nicht nur nach ethischen Kriterien aufbauen. Allein die Nachfrage nach Investmentprodukten übersteigt laut Weiß das Volumen an recyceltem Gold, das in Deutschland zur Verfügung steht. Bei der Nachfrage spiele dieser Aspekt noch eine untergeordnete Rolle. Aber das ändere sich, wenn auch nicht so deutlich wie bei den Schmuckkäufern.

Die Bundesrepublik hat einen Anteil von 70 bis 80 Tonnen an der weltweiten Feingoldproduktion. Im Gegensatz zum internationalen Geschäft mit rund einem Drittel recyceltem Material liege der Anteil allerdings bei über 90 Prozent. „Neugold kommt lediglich als Beiprodukt der Kupferverarbeitung in den Prozess“, erläutert Kron.

Bereits in der benachbarten Schweiz sehe es schon deutlich anders aus – auch was den Umfang der Gesamtproduktion anbelangt. Es ließe sich ändern. Denn „der größte Altgoldschatz liegt in den Schubladen von Privathaushalten“, sagt Tetzlaff. Der Verbandsgeschäftsführer schätzt, dass allein in Deutschland über das Recycling von nutzlos gewordenen Mobiltelefonen sechs Tonnen des Edelmetalls zu holen wären, das 2022 einen Durchschnittspreis von 1.800 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) erzielte.

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