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Land plant keine weiteren Anpassungen

Bahnsteige im Enzkreis zu niedrig für moderne Doppelstockzüge

Moderne Doppelstockzüge haben einen höheren Einstieg als ältere Bahnen. Das könnte auf Bahnhöfen mit niedrigen Bahnsteigen für Probleme sorgen. Betroffen sind auch Stationen im Enzkreis. Kritik gibt es am Land.

Der Bahnhof Niefern von schräg oben fotografiert. Ein IC hält Durchfahrt. Es sind Bauarbeiten am Bahnsteig zu sehen.
Hier geht beides: Der Nieferner Kombi-Bahnsteig hat zwei Bahnsteighöhen, sowohl für ICE als auch Nahverkehrszüge. Foto: Tilo Keller

Die Bahnsteighöhen der Bahnhöfe im Enzkreis beschäftigen Erik Schweickert nach wie vor. Deshalb hat der FDP-Landtagsabgeordnete und Sprecher des Aktionsbündnisses „Qualitätsoffensive für die gesamte Residenzbahn“ eine kleine Anfrage zum Thema barrierefreie Bahnhöfe an das Verkehrsministerium gerichtet.

Die Antwort ernüchtert den Politiker aus Niefern: „Außer den geplanten Vorhaben an den Bahnhöfen in Wilferdingen-Singen und Enzberg gibt es keine Pläne zum Ausbau von Bahnsteigen im Enzkreis“, teilte das Ministerium mit.

Die Begründung: Die Bundesvorgaben mit 76 Zentimetern Bahnsteighöhe würden nur bei Neu- und Ausbauvorhaben umgesetzt, so Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Und das, obwohl ab Ende 2025 auf den Bahnstrecken um Stuttgart herum neue moderne Doppelstockzüge mit einer Einstiegshöhe von 76 Zentimetern zum Einsatz kommen sollen.

Die Landesregierung verweist darauf, dass die vorhandenen 55-Zentimeter-Bahnsteige durch Rampen auch als barrierefrei gelten – und schiebe die Verantwortung ansonsten auf die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Bahnstationen, kritisiert Schweickert.

Niefern einziger Bahnsteig im Enzkreis mit 76 Zentimetern

Nach Angaben des Ministeriums seien 70 Prozent der Bahnhöfe im Kreisgebiet vollständig barrierefrei oder im Ausbau. Aber bis auf den Kombibahnsteig in Niefern sei derzeit kein einziger Bahnsteig im Enzkreis auf 76 Zentimeter ausgelegt, bemängelt Schweickert.

Die Projekte zur Barrierefreiheit in Wilferdingen-Singen und Enzberg sollen laut Ministerium bis Dezember 2028 abgeschlossen werden. Unerwähnt bleiben in der Antwort auf die Anfrage von Schweickert die Planungen der Gemeinde Kämpfelbach, den Bahnsteig in Bilfingen barrierefrei zu machen.

Barrierefreiheit in Singen und Enzberg bis Ende 2028

Schweickert weist darauf hin, dass Menschen, die auf barrierefreie Einstiege angewiesen sind, an Stationen, die erst vor kurzem auf 55 Zentimeter Bahnsteighöhe gebracht wurden, vermutlich noch jahrzehntelang auf Rampen angewiesen sein werden.

Das ist der allergrößte Witz.
Günter Bächle, CDU-Stadtrat in Mühlacker

Das ist in Mühlacker der Fall. Die Stadt hat sich mit 1,2 Millionen Euro an den Kosten beteiligt, um die Bahnsteighöhe von 38 auf 55 Zentimeter anzuheben. „Das ist der allergrößte Witz“, sagt CDU-Stadt- und Kreisrat Günter Bächle. „Als das beschlossen wurde, hieß es, 55 Zentimeter bedeuten Barrierefreiheit. Nun ist klar, dass das nicht reicht.“

Durch die neuen Doppelstockwagen brauche man 76 Zentimeter hohe Bahnsteige. Oder mobile Einstiegshilfen. Bächle findet, dass die Bahn dafür sorgen muss, dass auch Rollstuhlfahrer und Kinderwagen stufenfrei in den Zug kommen, und nicht die Kommunalpolitik. Eine zweite bauliche Erhöhung des Bahnsteigs sei jedenfalls in Mühlacker „nicht darstellbar“. Und dass in Enzberg etwas geplant ist, sei ihm nicht bekannt, so der Stadtrat.

Es gibt bei Land und Bahn zu viele Akteure und jeder optimiert nur für sich selbst.
Matthias Lieb, VCD-Landesvorsitzender

Matthias Lieb, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), sieht den höchsten Handlungsbedarf bei den mit höchstens 38 Zentimetern ganz niedrigen Bahnsteigen in Eutingen, Enzberg, Ötisheim und Illingen. Während es in Nachbarländern eine einheitliche Höhe von 55 Zentimetern gelte, gebe es in Deutschland auch Bahnsteighöhen von 76 oder 96 Zentimetern. Das Problem sei der „Kompetenz-Wirrwarr“, so Lieb: „Es gibt bei Land und Bahn zu viele Akteure und jeder optimiert nur für sich selbst.“ Der VCD-Vorsitzende fordert daher ein Gesamtkonzept und eine langfristige Lösung.

Das käme auch der Pünktlichkeit der Züge zugute. Wenn immer erst Rampen eingesetzt werden müssten, damit die Fahrgäste ein- und aussteigen können, komme es eben zu Verzögerungen, so Lieb.

Schweickert fordert Konzept für barrierefreie Bahnhöfe

Auch Schweickert fordert von Bund und Land ein langfristiges Konzept. Man müsse einen groben Rahmen festlegen, bis wann die noch nicht vollständig barrierefreien Stationen ausgebaut werden und bis wann auch die vor wenigen Jahren umgebauten Bahnsteige auf 76 Zentimeter Höhe gebracht werden sollen, so der Politiker.

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