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Rohre durch Fett verschmutzt

Prozess gegen Müller-Fleisch endet mit teurer Verwarnung

Weil sie Abwasser aus ihrem Unternehmen in Birkenfeld in die Kanalisation geleitet haben, müssen die Geschäftsführer von Müller-Fleisch 60.000 Euro zahlen.

Unternehmen Müller Fleisch in Birkenfeld
Im Fokus des Gerichts: Der Müller-Fleisch-Standort in Birkenfeld ist durch mehrere Fälle von Ableitung nicht-genehmigter Abwässer und Schadstoff-Grenzwertüberschreitungen negativ aufgefallen. Foto: Björn Fix

Am Ende erkannten die beiden Geschäftsführer von Müller-Fleisch, Martin und Stefan Müller, ihre Verantwortung für zehn Fälle der unberechtigten Einleitung von Abwässern aus ihrer Abwasserbehandlungsanlage in ihrem Unternehmen in Birkenfeld in die öffentliche Kanalisation an.

Über ihre Rechtsanwälte – Christoph Bühler für Martin Müller und Elisa Weintraub für Stefan Müller – ließen sie verlauten, dass sie künftig „beabsichtigen, sich an die Vorgaben“ von Regierungspräsidium (RP), Birkenfeld und der Stadt Pforzheim zu halten, „sich bemühen, alle Werte einzuhalten und kooperativ mit den Behörden umzugehen“.

Richter Marc-Robin Rastätter sprach daraufhin in seinem Urteil „eine Verwarnung mit vorbehaltener Geldstrafe“ in Höhe von jeweils 80 Tagessätzen aus. Für Stefan Müller beträgt der Tagessatz 750 Euro, für Martin Müller 700 Euro. „Geldstrafen auf Bewährung werden nur sehr selten verhängt“, erläuterte Staatsanwältin Katharina Stohrer am Rande der Verhandlung.

Die Strafe muss nur bezahlt werden, wenn es erneute Umweltverstöße geben sollte oder gegen die Bewährungsauflage verstoßen wird. Als Bewährungsauflage wies der Richter die Geschäftsführer an, einen Betrag von jeweils 60.000 Euro hälftig an die Staatskasse und an den Bezirksverein für soziale Rechtspflege zu bezahlen.

Vorausgegangen waren drei Verhandlungstage im Amtsgericht mit mehreren Zeugen und zwei Verständigungsgesprächen zwischen Richter, Staatsanwältin und Rechtsanwälten.

Müller-Fleisch hat seit Jahren mehr Abwasser in die Kanalisation eingeleitet als genehmigt

Seit Jahren hat Müller-Fleisch mehr Abwasser, als das Regierungspräsidium (RP) genehmigt hatte aus seiner Abwasserbehandlungsanlage in die öffentliche Kanalisation eingeleitet. In der Folge wurden die Grenzwerte für Schadstoffe mehrmals überschritten. Insbesondere geht es um Fett, das sich auf den acht Kilometern vom Firmenstandort bis zum Pforzheimer Klärwerk in den Rohren festsetzt und aufwändig gereinigt werden muss.

Das RP habe sich jahrelang auf Absprachen mit Müller-Fleisch eingelassen, statt Zwangsmaßnahmen einzuleiten – das sei von dem Unternehmen ausgenutzt worden, beklagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Das Unternehmen habe immer nur so viel gehandelt, um das „Damoklesschwert verwaltungsrechtlicher Maßnahmen abwenden zu können“.

Regierungspräsidium erstattete Anzeige

Nachdem zehn Fälle festgestellt worden waren, in denen mehr als die genehmigten 20 Kubikmeter Abwasser, die in einer Stunde von der Abwasserreinigungsanlage gereinigt werden können, in die Kanalisation eingeleitet worden waren, sowie vier Fälle von Schadstoff-Grenzwertüberschreitungen im vergangenen Jahr, hatte das RP Anzeige erstattet.

Die Folge war ein Strafbefehl über jeweils 120 Tagessätze (36.000 und 28.000 Euro), gegen den Martin und Stefan Müller Einspruch eingelegt hatten. So kam es zur Hauptverhandlung.

Der ganze Prozessverlauf habe gezeigt: „Natürlich können die Grenzwerte eingehalten werden. Die Frage ist: Was kostet es?“, sah Staatsanwältin Stohrer das Motiv für das Umweltvergehen in der Gewinnmaximierung.

Staatsanwältin wirft Müller-Geschäftsführern falsche Verdächtigung vor

Geschickt habe die Verteidigung dargelegt, dass in den Jahren seit 2010 eine Million Euro in den Umweltschutz investiert worden sei. „Das mag für den Normalbürger eine große Summe sein“, auf das Jahr gerechnet relativiere sich der Betrag jedoch angesichts eines Jahresumsatzes von einer halben Milliarde Euro.

Stohrer warf den Müller-Geschäftsführern zudem „eine neue Straftat“ vor: falsche Verdächtigung. Hätten sie doch dem Gericht „weismachen wollen, dass nicht sie, sondern ein Mitarbeiter Betreiber der Anlage sei. „Moralisch mehr als bedenklich“, urteilte die Staatsanwältin.

Birkenfeld ist nur ein Standort der Müller-Fleisch-Gruppe

Das Einkommen der Geschäftsführer schätzte sie deutlich höher als die 300 Euro Tagessatz aus dem Strafbefehl, zumal Birkenfeld nur ein Unternehmen der Müller-Fleisch-Gruppe sei. Weitere Standorte sind Ulm, Ingolstadt und Bayreuth. Deshalb hatte sie eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen von 1.000 Euro und 940 Euro zur Bewährung und als Bewährungsauflage einen Betrag von jeweils 75.000 Euro gefordert.

Für Prozessbeobachter auffällig war, dass die beiden Brüder während des gesamten Prozessverlaufs im Gerichtssaal kein Wort miteinander sprachen und sich keines Blickes würdigten, selbst in der dreiviertelstündigen Prozesspause nicht, während der ihre Anwälte mit Richter und Staatsanwältin im Verständigungsgespräch waren.

Beide Verteidiger äußerten sich in ihren Plädoyers zuversichtlich, dass es künftig eine konstruktive Kooperation mit den Behörden und ein rechtskonformes Verhalten ihrer Mandanten geben werde.

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