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Wegen Coronavirus gefangen

Ehepaar aus Karlsbad darf Feriendomizil an der Costa Blanca nicht verlassen

Wer würde nicht gerne seinen Urlaub auf unbestimmte Zeit verlängern? Aber jetzt hält das Coronavirus das Ehepaar Traudl und Bernhard Dürr aus Karlsbad in ihrem Ferienhaus an der Costa Blanca fest. Die beiden dürfen nicht einmal zu zweit im Auto sitzen, und Spaziergänge sind auch untersagt.

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Einen traumhaften Ausblick genießen Traudl Dürr und ihr Mann von der Terrasse ihres Ferienhauses im spanischen Pedreguer. Hinten links ist unter einer Dunstglocke das Meer zu sehen. Und doch ist es unerreichbar – wegen der Coronakrise. Foto: pr

Das Haus ist von viel Grün umgeben, das jetzt im Frühling besonders kräftig leuchtet. Von der Terrasse aus können Traudl und Bernhard Dürr auf das in der Ferne glitzernde Mittelmeer sehen. „Wir haben es hier sehr schön mit Pool und großem Garten“, erzählt Traudl Dürr am Telefon.

Doch ihr kleines Paradies in Pedreguer in der Provinz Alicante würden die Dürrs lieber heute als morgen verlassen, um ins heimische Karlsbad zurückzukehren.

Rückflug Anfang Juni?

Das Coronavirus sorgt dafür, dass der Aufenthalt im eigenen Ferienhaus an der Costa Blanca zum Zwangsurlaub auf unbestimmte Zeit wird. Als Traudl und Bernd Dürr am 3. März am Baden-Airport in den Flieger stiegen, wussten sie noch nichts von Corona.

Am 9. April sollte es zurückgehen. „Aber die Fluggesellschaft fliegt in diesem Monat nicht mehr.“ Der vermeintlich nächste Termin am 5. Mai ist auch geplatzt.

„Es heißt, dass wir Anfang Juni fliegen können, wenn es dabei bleibt“, erklärt die 73-jährige Traudl Dürr. In der zweiten Heimat hat das Ehepaar einen kleinen Fiat. „Wir haben überlegt, die 1.700 Kilometer lange Strecke mit dem Auto zurückzufahren.“

Das Paradies wurde zum Corona-Gefängnis

Aber wo sollten sie übernachten? Hotels sind zu, und sie würden eine Durchfahrtbescheinigung für Frankreich brauchen. Und nicht auszudenken, sollten sie unterwegs festgehalten und in Quarantäne gesteckt werden.

Dann erfuhren sie, was Bekannten passierte: „Sie wurden nach 150 Kilometern wieder zurückgeschickt und mussten 600 Euro bezahlen, weil sie gegen die Ausgangssperre verstießen.“ So ist ihr kleines Paradies zum Gefängnis geworden, das niemanden heraus lässt und niemanden hinein.

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Im Gegensatz zu anderen von Corona überraschten Urlaubern, die im Hotelzimmer festsitzen, leben die Dürrs in einer luxuriösen Quarantäne mit viel Platz.

Selbst der kleinste Spaziergang ist wegen Covid-19 verboten

Aber der „Alarmzustand“, wie die Ausgangssperre in Spanien genannt wird, verbietet dem Ehepaar selbst den kleinsten Spaziergang. Erlaubt ist der Einkauf im Supermarkt in der Nähe, aber nicht die Fahrt zu weiter entfernten Lebensmittelläden.

Erschwerend kommt für sie und ihren um sechs Jahre älteren Ehemann hinzu: „Wir fahren immer gemeinsam einkaufen. Aber jetzt darf nur noch eine Person im Auto sitzen.“ Einmal hielten sie sich nicht an die Regel und wurden prompt kontrolliert. Doch die Guardia Civil, die Traudl Dürr als sehr streng beschreibt, verzichtete darauf, ihnen 150 Euro Bußgeld abzunehmen. „Man wird immer gefragt, wohin man geht.“

Um diese Jahreszeit verbringt das Karlsbader Ehepaar besonders gerne einige Wochen im Feriendomizil. „Mein Mann hat Ende März Geburtstag.“ Auch diesmal sollte gemeinsam mit Freunden bei einem Abendessen gefeiert werden.

Ausgangssperre über Nacht

Der angekündigte Besuch aus der Heimat sagte ab: Die Lage hatte sich geändert. Dabei war es den Dürrs in den ersten Tagen so vorgekommen, als wäre das Coronavirus gar nicht bis Spanien gelangt. Kein Mensch war mit Mundschutz oder Handschuhen zu sehen.

Die Wende kam plötzlich, und dann ging es schnell. „Als wir am 13. März in unserem Lokal zum Abendessen waren, sagte die Bedienung zu uns: ,Wisst ihr, dass wir ab Mitternacht geschlossen haben?’“ Am nächsten Tag wurde die Ausgangssperre verhängt. Restaurants und Geschäfte machten dicht. Wie viele Kollegen schloss auch der deutsche Arzt von Traudl und Bernhard Dürr seine Praxis.

Nach anfänglichem Mangel sei die Bevölkerung sehr schnell mit Schutzmasken versorgt worden. In den weiterhin geöffneten Apotheken, Lebensmittel- und Tabakläden habe es sofort Desinfektionsmittel und Trennwände gegeben, seien Distanzstreifen auf Böden geklebt worden, sagt Traudl Dürr.

„Security sorgt dafür, dass Abstand gehalten wird und nur wenige Leute gleichzeitig ins Geschäft kommen.“ Das Einhalten der Regeln werde streng kontrolliert.

Heimweh und Sehnsucht nach dem Sohn

In Spanien sei spät auf das Virus reagiert worden, meint Dürr. Und selbst als das Umdenken eingesetzt hatte und alle Schulen im Land geschlossen waren, seien noch Madrilenen in großen Scharen und voll besetzten Autos in die Urlaubsgebiete geströmt, um der Hauptstadt zu entfliehen, die bereits spanisches Epizentrum der Pandemie war.

„Langsam würden wir gerne nach Hause“, sagt Traudl Dürr. Sie haben Heimweh und vermissen ihren schwer kranken Sohn, den sie an dessen 55. Geburtstag wohl nicht werden sehen können. „Hätten wir das Anfang März gewusst...“ Trotz allem sind sie guter Dinge. Sie dürfen zwar nicht ans Meer, aber der Blick darauf ist tröstlich.

Zu gerne würde Traudl Dürr im Pool schwimmen, aber das Wasser hat nur 15 Grad. Der sonnige Süden zeigt sich gerade von seiner kühlen, bewölkten Seite mit viel Regen. Aber es gibt Hoffnung: Irgendwann wird es wärmer, irgendwann wird Corona schwächer. Flugzeuge werden wieder fliegen.

Jetzt bleibt den Dürrs ein Spaziergang im Garten, beim Häuschen an der Costa Blanca. Keine Ausgangssperre der Welt kann ihnen den nehmen.

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