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Einst ein Vorzeigeobjekt: Die Kämpfelbacher Sozialstation bietet ambulante Pflege, betreutes Wohnen und Tagespflegeplätze unter einem Dach. Bei ihrer Gründung vor rund 20 Jahren war das sehr innovativ.

Neuer Träger und Personal gesucht

Sozialstation Kämpfelbach reagiert auf Kritik

Händeringend sucht die Kämpfelbacher Sozialstation derzeit nach einem neuen Träger und Personal. Dass man sich im Vorstand zu diesem Schritt entschlossen hat, dafür gibt es viele Gründe. Diese wurden jetzt in einem Pressegespräch erläutert.
von Nico Roller
2 Minuten
von Nico Roller
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Das Gespräch wurde als Reaktion auf einen Bericht dieser Redaktion vereinbart. Auch in der Gemeinderatssitzung am Montagabend war die Situation der Station als Thema aufgekommen.

Klaus Kasper (FWV) forderte in der Sitzung, dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit müssten endlich die Bilanzen der vergangenen Jahre vorgestellt werden. Kasper sprach von „null Prozent Info“ und sagte, das sei unerträglich.

Es gehe hier nicht um ein privates Unternehmen, sondern um eine kommunale Einrichtung der Gemeinde. Der Bürger sorge sich um die Sozialstation. Seit zwei Jahren habe keine Generalversammlung mehr stattgefunden.

Vergangenen Jahre waren für die Einrichtung nicht leicht

Bei einem Gespräch am Mittwoch gab nun Vorstandsmitglied Ernst Korb Einblick in die Situation. Die vergangenen Jahre waren für die Einrichtung nicht leicht. Bis ins Jahr 2018 sei alles sehr gut gelaufen, sagt Korb.

Doch ab dann habe sich einiges in der Personalsituation verändert. Korb berichtet von einem hohen Krankenstand, der dazu geführt habe, dass eine Person in größerem Umfang im ambulanten Dienst mitarbeiten musste, die sonst auch für das Schreiben von Rechnungen zuständig ist.

Dafür sei ihr dann weniger Zeit geblieben – mit der Folge, dass weniger Rechnungen gestellt wurden als Leistungen erbracht worden sind.

Dass sich eine andere als die dafür zuständige Person um die Rechnungen kümmert, war laut Korb nicht möglich, weil es dafür eine spezielle Qualifikation und den Überblick braucht. Durch die bislang nicht geschriebenen Rechnungen sind bei der Sozialstation die Außenstände sehr hoch. „Wir sind aber nicht insolvent, sondern können bis heute alles bezahlen.“

Kaum noch qualifizierte Kräfte auf dem Markt

Hinzu kommt, dass durch Corona kaum noch gut qualifizierte Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind – trotz intensiver Suche. Korb berichtet von zahlreichen Stellenanzeigen, von Aktivitäten in Fachportalen im Internet, von Anfragen bei anderen Trägern.

Gebracht hat all das bisher kaum etwas. Inzwischen hat wie berichtet auch die Pflegedienstleitung angekündigt, die Sozialstation in nächster Zeit zu verlassen. Seither suche man eine neue Leitung.

Schon länger, nämlich seit zwei Jahren, ist man auf der Suche nach einer stellvertretenden Pflegedienstleitung. Beide Suchen waren bislang nicht von Erfolg gekrönt.

„Hier macht sich der Pflegenotstand bemerkbar.“ Den einzigen Ausweg aus dem Dilemma sieht der Vorstand darin, dass die Sozialstation durch einen neuen, größeren Träger übernommen wird, der über genügend und qualifiziertes Personal verfügt. Bislang habe man zwar noch keinen gefunden, aber man führe weiter Gespräche und sei für Interessenten immer offen.

„Wenn morgen ein Träger kommt, dann sagen wir im Vorstand sofort Ja.“ Korb betont, man wolle in jedem Fall die ambulante Pflege aufrechterhalten und das Personal weiterbeschäftigen. „Wir werden alles dafür tun.“ Deswegen will der Vorstand bei der Mitgliederversammlung am 26. November auch wieder antreten und danach bis zum Ende der Abwicklung im Amt bleiben. „Wir geben die Hoffnung nicht auf.“

Sozialstation betreut rund 100 Menschen in ambulanter Pflege

Derzeit werden von der Sozialstation rund 100 Menschen in ambulanter Pflege betreut. „Wir sind stolz, was hier in 20 Jahren geschaffen wurde“, sagt Korb und verweist auf die Geschichte der Sozialstation, die eng mit dem Krankenverein Ersingen und dem Krankenhilfsverein Bilfingen verbunden ist.

Gegründet wurden die beiden Vereine schon vor mehr als 100 Jahren. Seither kümmern sie sich in der Gemeinde um die ambulante Pflege: bis in die 1960er-Jahre hinein mit Ordensschwestern, seither mit examinierten Krankenschwestern. Beide Vereine stünden gut da, sagt Korb, hätten sparsam gewirtschaftet und Rücklagen aufgebaut.

Wegen der Einführung der Pflegeversicherung und der damit verbundenen, umfangreichen Vorschriften haben sie sich in den 1990er-Jahren auf den Weg gemacht, die Sozialstation ins Leben zu rufen.

1998 wurde das Gebäude eingeweiht, das einen ambulanten Dienst, 20 betreute Wohnungen und 25 Tagespflegeplätze beherbergt. Korb spricht von einem Vorzeigeobjekt und von einem Konzept, das damals sehr innovativ war.

2000 wurde ein Trägerverein mit den drei Trägern Krankenhilfsverein Bilfingen, Krankenverein Ersingen und politischer Gemeinde gegründet. In der Gemeinde Kämpfelbach deckt die Sozialstation laut Korb 95 Prozent des ambulanten Diensts ab. Jedes Jahr habe man schwarze Zahlen geschrieben, teilweise auch einen Überschuss erwirtschaftet, der zur Unterstützung gemeinnütziger Einrichtungen verwendet wurde.

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