Vor einer ungewohnt großen Publikumskulisse hat der Kelterner Gemeinderat in seiner Sitzung vom Dienstag gegen die Stimmen der Grünen und der SPD einer Erweiterung des Steinbruchs der Firma Natursteinwerke Nordschwarzwald (NSN) um 7,8 Hektar nordwestlich zum Rannwald hin zugestimmt. Vorangegangen war ein emotional geprägter Meinungsaustausch.
Susanne Nittel (SPD) hatte zunächst vergebens versucht, die Beratung per Geschäftsordnungsantrag zu verhindern und argumentiert, man solle erst noch die Umweltprüfung im Gewann Kottenrain abwarten. Johannes Riegsinger (FWG) sagte mit Blick auf das sich schon lang hinziehende Verfahren, „das Ende der langen Bank ist erreicht, es hat keinen Sinn, dieses Spiel weiter zu treiben. Es gibt keine neuen Erkenntnisse.“
Im Februar des vergangenen Jahres hatte das Gremium einen Erweiterungsantrag noch abgelehnt, weil alternative Abbauflächen nicht geprüft worden waren. Nachdem dies mittlerweile erfolgt ist, hatten die Fraktionen von FWG und CDU gemeinsam beantragt, erneut über die Erweiterungsfrage zu entscheiden.
Hintergrund ist, dass sie NSN den letzten Abschnitt der 2010 genehmigten Abbauflächen angegangen hat. Dieser Abschnitt wird nach Aussage des Betreibers die Rohstoffversorgung und die Annahme von Erdaushub nur noch für die nächsten vier bis fünf Jahre sichern.
Ihr spielt euch als Umweltexperten auf und tretet den Wald mit Leiden.Susanne Nittel, SPD-Gemeinderätin
Aus Sicht der NSN ist das Muschelkalkvorkommen in den zusätzlich untersuchten Bereichen als nicht wirtschaftlich abbauwürdig einzustufen. Die wirtschaftliche Relevanz einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik in diesem Bereich sei enorm und könne nicht stark genug betont werden, bekräftigte Michael Sengle (CDU) in der Antragsbegründung.
Michael Trägner (FWG) schloss sich dem an. Der Betrieb des Steinbruchs trage mit rund 300.000 Euro pro Jahr wesentlich zum Haushalt der Gemeinde bei, zudem wäre eine Ablehnung der Erweiterung und einer damit verbundenen Einstellung des Betriebs ein negatives Signal für andere Gewerbetreibende. Verbleibe der Betrieb in Keltern, könne die Gemeinde zudem Einfluss auf die Wiederherstellung der Naturlandschaft nehmen und eigene Ziele umsetzen. Vor allem im Hinblick auf den Klimawandel entstehe hier die Chance, den Wald mit Baumsorten wieder aufzuforsten, die auch einem wärmeren Klima und einer erhöhten Trockenheit standhielten.
Grüne und SPD werfen wir Fraktionen Heuchelei vor
Letzteres Argument trieb Susanne Nittel (SPD) die Zornesröte ins Gesicht. „Ich glaube, ich platz’ jetzt gleich“, rief sie aus. „Ihr spielt euch als Umweltexperten auf und tretet unseren Wald mit Füßen“. Sie bezweifelte außerdem die wirtschaftliche Notwendigkeit der Einnahmen aus dem Steinbruch. Andere Gemeinden im Enzkreis könnten ihren Haushalt doch auch ohne Steinbruch ausgleichen.
Auch Manfred Dengler (Grüne) polterte, er sei fast vom Stuhl gefallen, als er die Antragsbegründung gelesen habe. Tatsache sei, dass es auf der Erweiterungsfläche für die nächsten dreißig Jahre keinen Wald mehr geben werde. Es sei absurd, Wald zu vernichten um in hundert Jahren an gleicher Stelle wieder einen neuen Wald zu haben.
So argumentierte auch Kristin Grüne (Grüne), die ergänzte, es sei „das Bescheuertste“ den Wald platt zu machen. Sie forderte, jetzt zum Ausgleich auf gleich großer Fläche einen neuen Wald zu pflanzen und erhob dies zum Antrag. Protest kam auch aus dem Publikum, einige hatten Schilder auf den Rücken gepinnt, auf denen „Nein zur Steinbrucherweiterung“ zu lesen war.