Die Orgel ist in der evangelischen St. Leonhardskirche in Knittlingen still geblieben an diesem Tag. Ein Gottesdienst fand dennoch statt, und dies an einem gänzlich unüblichen Ort. Pfarrer Bernhard Körner hatte zu einem Tauffest in das Paul-Kieselmann-Bad eingeladen.
Auf der dort vorhandenen Bühne war ein Altar aufgebaut. Die Jugendband HomeRun gestaltete mit überwiegend englischem Liedgut den Gottesdienst musikalisch. Die meisten der recht zahlreichen Teilnehmer saßen auf dem Rasen, da es an Sitzgelegenheiten fehlte. Das Laubdach eines großen Ahorns spendete Schatten. Die strahlende Sonne erfreute natürlich die vielen Badegäste, für die das Bad auch an diesem Vormittag zur Verfügung stand.
Rund um den 24. Juni, dem Johannistag, der zu Ehren Johannes des Täufers in christlichen Kirchengemeinden gefeiert wird, hatte die evangelische Kirche Deutschlands dazu aufgerufen, die Taufe zu feiern. „Viele Gründe, ein Segen. Deine Taufe“, so hieß das Leitwort der Aktion.
Mädchen führen Spiel zur Taufe in Knittlinger Bad auf
„Die Taufe ist ein Herzstück christlichen Glaubens und das Zeichen, dass man sein Leben Gott anvertraut“, predigte der Pfarrer. Drei Mädchen führten ein lustiges Anspiel vor, in dem es um ewig sichtbare Tattoos ging, aber die neuesten Aqua-Tattoos seien unsichtbar, doch man spüre sie trotzdem.
Der Pfarrer nahm das Stichwort auf. „Man kann die Taufe durchaus mit einem Tattoo vergleichen. Getauft bleibt man ein Leben lang, sich enttaufen geht nicht. Und ähnlich einem Aqua-Tatoo ist Gott unser unsichtbares Tattoo. Man sieht ihn nicht, doch er ist allgegenwärtig und man spürt, dass es ihn gibt und er uns Kraft und Liebe schenkt.“
Inzwischen recht angespannt fieberten die beiden Täuflinge Joshua, 13 Jahre, und Finn, zwölf Jahre alt, ihrem „Auftritt“ entgegen. Sie wurden auf die Bühne gerufen und ihre selbst gewählten Taufsprüche wurden vorgelesen, ihr christliches Bekenntnis gehört.
Zeremonie in Badehose und T-Shirt
Dann machten sie sich, nun in ihrer „Festkleidung“ Badehose und T-Shirt, zusammen mit dem Pfarrer und ihren Familien und begleitet von vielen Gemeindemitgliedern auf den Weg zum „Taufbecken“. Der Pfarrer stieg in seiner Kutte in das frische Nass, vollzog nacheinander an beiden Jungen das Taufzeremoniell und tauchte sie tief ins Wasser ein. Mit dem Beifall vieler anderer Badegäste endete das Tauffest.
„Mich taufen zu lassen, das habe ich als 16-Jähriger entschieden. Die Freiheit der eigenen Entscheidung will ich meinen Kindern auch gewähren“, erwiderte Joshuas Vater Daniel Kastner auf Nachfrage, warum jetzt die Taufe des Sohnes und nicht als Säugling. „Ich möchte am Konfi 8 teilnehmen, und das kann ich nur, wenn ich getauft bin“, erklärte Finn, „Konfi 8 ist für Jugendliche in meinem Alter die Vorbereitung auf die Konfirmation.“
Ältere Besucherinnen hatten Vertrautes in diesem Gottesdienst vermisst. „Zu viel Englisch“, so eines der Argumente. „Das bedaure ich. Das Programm hat HomeRun überwiegend wohl im Sinne der Jugendlichen gestaltet. Generationenkonflikte dieser Art erlebe ich immer wieder“, meinte der Pfarrer dazu.