Sie kommen zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto und dem Motorrad: Unzählige Menschen haben sich auf den Weg gemacht, um einen kleinen Weiher außerhalb von Königsbach zu besuchen.
Er heißt Trais und ist etwas ganz Besonderes, auch und vor allem in historischer Hinsicht. „Es ist Wahnsinn, wie viel Geschichte dieser kleine Ort zu bieten hat“, sagt Susanne Kaiser-Asoronye, Vorsitzende des Freundeskreises Königsbach-Steiner Geschichte. Ihr Verein ist für den Menschenauflauf verantwortlich, denn er hat zu einem historischen Rundgang durch den geschichtsträchtigen Ort eingeladen.
Wie geschichtsträchtig er ist, das ahnte Kaiser-Asoronye zum ersten Mal, als sie für das Buch „Fachwerk lesen lernen“ die Fachwerkhäuser fotografierte. Dabei entdeckte sie viele Inschriften, die auch im Kreisarchiv noch nicht erfasst waren.
Kaiser-Asoronyes Neugierde war geweckt – und wurde immer größer. Erst recht, als sie im Ortssippenbuch einen aus Trais stammenden Mann namens Christian Jung entdeckte, der in Stein auf dem Schafott hingerichtet wurde.
Je mehr wir an Trais geforscht haben, desto interessanter wurde es.Susanne Kaiser-Asoronye , Freundeskreis Geschichte
„Da wollte ich natürlich wissen, was da passiert ist“, erzählt Kaiser-Asoronye, die sich daraufhin zusammen mit ihren Vereinskollegen in die Recherche stürzte: „Je mehr wir an Trais geforscht haben, desto interessanter wurde es und desto mehr haben wir herausgefunden.“
Drei Monate hat Kaiser-Asoronye recherchiert, unter anderem im Generallandesarchiv, im Kreisarchiv, im Ortssippenbuch – und direkt vor Ort bei den Einwohnern von Trais, die sie gerne mit Informationen, Dokumenten und historischen Fotografien unterstützt haben.
„Ich war in jedem Haus und habe sehr viel Hilfe bekommen“, sagt Kaiser-Asoronye. Für den historischen Rundgang stellte eine Familie sogar ihre Scheune zur Verfügung, damit die Teilnehmer dort im Trockenen sitzen und stehen können, während Kaiser-Asoronye ihre Einführung hält.
Zehn Bänke haben die Ehrenamtlichen des Freundeskreises aufgestellt, doch diese sind bereits nach wenigen Minuten belegt. Weitere werden herbeigeschafft, doch auch sie reichen nicht ansatzweise aus: Zahlreiche Interessierte stehen vor der Scheune im Freien oder lehnen im Inneren an den Heuballen, als Kaiser-Asoronye über diejenigen spricht, die vor rund 30.000 Jahren in Trais gelebt haben.
Gegend bei Trais damals für Jäger und Sammler attraktiv
Damals war die Gegend eine sogenannte Freilandstation, also ein Ort, an dem Jäger und Sammler vorübergehend einen Lagerplatz anlegten, um von dort aus auf die Jagd zu gehen. Die Gegend bei Trais war ideal, denn sie bot nicht nur einen guten Blick auf die durch das Umland ziehenden Tierherden, sondern auch Rohstoffe für die Werkzeug- und Waffenherstellung.
Auch, wenn die Besiedlung schwer nachzuweisen ist, weil die meisten Gegenstände der damaligen Menschen aus verrottenden Materialien wie Holz oder Leder bestanden, hat man bis heute in Königsbach mehr als 3.600 von Menschen erzeugte Artefakte aus Stein gefunden. Ein eindeutiger Beweis dafür, dass dort früher schon Menschen gelebt haben.
Doch woher kommt der Name „Trais“? Eine Frage, die Kaiser-Asoronye nicht abschließend beantworten kann. Er könnte auf einen ausgedienten römischen Soldaten zurückgehen, der sich einst dort niedergelassen hatte und die Gegend „trajectus“, Übergang, nannte. Aber der Name Trais könnte auch keltischen Ursprungs sein und vom Wort „dreas“ stammen, was so viel wie „Wohnsitz“ bedeutet.
Was nun stimmt, kann Kaiser-Asoronye nicht sagen. Aber sie weiß, dass die Gegend sowohl von Kelten als auch von Römern besiedelt worden ist. Und sie weiß auch, dass „Treyß“ im Jahr 1431 erstmals urkundlich erwähnt wird – und zwar in einem Dokument im Generallandesarchiv in Karlsruhe. Dort gibt es noch zahlreiche weitere Schriften mit Bezug zu Trais, etwa zur Schäferei oder zur Ziegelhütte, die es dort einst gegeben hat. Über sie informiert Kaiser-Asoronye die Teilnehmer des historischen Rundgangs ebenso wie über die Charakteristika der einzelnen Gebäude.
Als die Führung nach gut zwei Stunden endet, spenden die Teilnehmer tosenden Beifall. Viele erwerben das Buch, in dem der Freundeskreis Geschichte seine Erkenntnisse auf mehr als 100 Seiten zusammengefasst hat.