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Kritik aus Gemeinderat

Gegen Bauplan verstoßen? Wirbel um Seniorenzentrum in Königsbach-Stein

Die Debatte um das neue Seniorenzentrum in Königsbach-Stein läuft heiß. Jetzt befasst sich der Gemeinderat damit.

Wichtiges Großprojekt: In der Steiner Wilhelmstraße entsteht das neue Seniorenzentrum Haus Edelberg. Weil dort nicht so gebaut wurde, wie es der vorhabenbezogene Bebauungsplan vorschreibt, ging der Gemeinderat mit dem Investor hart ins Gericht.
Großprojekt: In der Steiner Wilhelmstraße entsteht das neue Seniorenzentrum Haus Edelberg. Weil dort nicht so gebaut wurde, wie es der vorhabenbezogene Bebauungsplan vorschreibt, ging der Gemeinderat mit dem Investor hart ins Gericht. Foto: Nico Roller

Ein stattliches Gebäude ist in den vergangenen Monaten in der Steiner Wilhelmstraße entstanden, nämlich das neue Seniorenzentrum. Bauherr und Investor ist die Orpea-Unternehmensgruppe, Betreiber wird später die Haus-Edelberg-Gruppe sein.

Fertig ist das Großprojekt zwar noch nicht, aber trotzdem schon oft Gegenstand von kontroversen Diskussionen und Kritik gewesen. Nun hat sich der Gemeinderat in seiner jüngsten öffentlichen Sitzung am Dienstagabend wieder mehr als drei Stunden mit dem Gebäude befasst.

Der Grund: Laut Gemeindeverwaltung ist der Bauherr nicht nur vom vorhabenbezogenen Bebauungsplan und von der Baugenehmigung abgewichen, sondern hat auch den Durchführungsvertrag verletzt. Eine Vorgehensweise, die laut Bürgermeister Heiko Genthner (parteilos) dem konstruktiven Miteinander widerspricht und „zu missbilligen“ ist.

Ein Vertreter von Oresc, einer Tochtergesellschaft von Orpea, gab sich in der Sitzung reumütig, sprach von einem „unentschuldbaren Verhalten“ und von einer Art der Kommunikation, für die er persönlich nicht stehe. Orpea habe kein Interesse daran, in „irgendeine Konfrontation“ zu gehen, sondern wolle das Gebäude für Generationen errichten.

Vertrauen wird auf harte Probe gestellt

Im Gemeinderat war man dennoch kritisch und sah das Vertrauen auf eine harte Probe gestellt. Deswegen wollte das Gremium in der Sitzung auch nicht über die vorgelegten Abweichungen vom Bebauungsplan beschließen. Stattdessen wurde bei einer Enthaltung einem von Wolfgang Ruthardt (SPD) vorgebrachten Vertagungsantrag zugestimmt, der dem Gremium die Gelegenheit geben soll, bis zu einer erneuten Beratung offene Fragen zu klären.

Dass es davon noch einige zu geben scheint, wurde deutlich, als Architekt Andreas Bohr eine Änderung nach der anderen vorstellte. Änderungen, die laut Bohr und Orpea allesamt eine fachliche Verbesserung zum Wohl der künftigen Nutzer des Gebäudes bewirken sollen.

Eine Einschätzung, der sich das Landratsamt in einer Stellungnahme im Wesentlichen angeschlossen hat. Aber nicht der Gemeinderat. Dort äußerte man sich durchaus kritisch zu den Änderungen.

Etwa zu dem großen Raum in der Tagespflege, der nun nicht mehr baulich abgeschlossen auf einer Seite des Flurs realisiert werden soll, sondern über die gesamte Breite des Gebäudes vom Innenhof bis zum Zugangsbereich auf der Straßenseite. Laut Bohr entstehe so mehr Offenheit und für Gäste die Gelegenheit, nach draußen zu schauen.

Das ist der reine Witz, was wir hier vorgelegt bekommen.
Tobias Schwender , FWV-Gemeinderat

Tobias Schwender (FWV) dagegen bemängelte, so werde der Raum vom Flur durchschnitten, es gebe „Durchgangsverkehr“ und keine Gelegenheit für ruhige Aktivitäten, etwa Vorträge. Seine Befürchtung: Mit „ein bisschen Trockenbau und Elektrik“ ließen sich bei der neuen Raumaufteilung aus der Tagespflege schnell Wohnheimzimmer machen. „Das ist der reine Witz, was wir hier vorgelegt bekommen.“

Gemeinderat geht mit Orpea-Vertretern hart ins Gericht

Kritik gab es auch an der Dachterrasse, die zwar etwas kleiner ausfallen, aber dafür einen Demenzgarten mit Hoch-, Gemüse- und Kräuterbeeten bekommen soll. Dass der Bauherr auf auskargende Bauteile in der Fassade verzichten will, konnten dagegen viele nachvollziehen – auch, weil sie bei Regen störende Trommelgeräusche verursachen, weniger Licht hineinlassen und von mobilitätseingeschränkten Personen nur schwer bedient werden können.

Stefan Reinmüller (Grüne), selbst Architekt, sah das anders und bemängelte, nun entstehe eine „durchschnittliche Mehrfamilienhausfassade“. Keiner der von Bohr vorgeschlagenen Kompromisse konnte ihn überzeugen. Dieser hatte eine vorgelagerte Fassadenbegrünung ins Gespräch gebracht, die das Kleinklima positiv beeinflussen und Schallwellen schlucken soll.

Immer wieder gingen die Ratsmitglieder mit den Vertretern von Orpea hart ins Gericht. Etwa Schwender, der vor jeder Diskussion zu den Abweichungen von dem Unternehmen eine Zusage forderte, die Vertragsstrafe von bis zu einer halben Million Euro und die Anwaltskosten der Gemeinde zu bezahlen.

Ruthardt bemängelte, dass kein Vertreter des Landratsamts vor Ort war. Rolf Engelmann (Grüne) sagte: „Wir werden keinen Änderungen zustimmen. Dieses Vorhaben wird umgesetzt, wie es unsere Vorgänger festgesetzt haben.“ Er sei nicht bereit, sich „sozusagen erpressen zu lassen“.

Im Lauf der Sitzung wurde es ruhiger. Am Ende erklärte Thomas Kaucher (FWV), man sehe in den von Orpea gemachten Erläuterungen „gewisse positive Aspekte“, aber bei „einigen wesentlichen Punkten“ noch Klärungsbedarf. „Es hat sich vieles relativiert“, sagte auch Sascha Leonhard (FDP): „Wir sollten es konstruktiv angehen.“ Eine Aussage, der alle zustimmten.

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