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Gendern im Amt

Landratsamt des Enzkreises setzt sich mit gendersensibler Sprache auseinander

Das Landratsamt des Enzkreises will sich mit geschlechtergerechter Sprache als vielfältige und diskriminierungsfreie Behörde zeigen. Doch die Initiative stößt auch auf Kritik.

Tafel mit Gender-Varianten des Wortes „Kursteilnehmer“
Erntet nicht nur Beifall: Die Initiative aus dem Landratsamt, sich mehr um gendergerechte Sprache zu bemühen. Foto: Uli Deck picture alliance/dpa

Jede und jeder soll der Rede wert sein. Das Landratsamt will allen Menschen, egal welchen Geschlechts, sprachlich gerecht werden und mit der Sprache zugleich verdeutlichen, dass die Behörde sich als vielfältige und diskriminierungsfreie Behörde versteht.

Daher war die geschlechtersensible Sprache ein Teil der „Richtlinien zur Chancengleichheit von Frauen und Männern im Landratsamt Enzkreis“, die zum Jahreswechsel novelliert wurden. Wie diese Redaktion damals berichtet hatte, regte sich in der Folge in der Öffentlichkeit vereinzelt Widerspruch gegen „eine Bevormundung zur Durchsetzung einer einseitigen politischen Agenda, die an der Lebens- und Sprachwirklichkeit der meisten Menschen vorbeigeht“, wie damals die FDP-Kreistagsfraktion formulierte.

Kritik an einer geschlechtergerechten Sprache äußerten auch Klaus Holz, vormals Lehrbeauftragter für Methodik und Didaktik der deutschen Sprache am Staatlichen Seminar für schulpraktische Ausbildung Pforzheim, und Gottfried Zurbrügg, Regionalleiter des Vereins deutsche Sprache aus Königsbach-Stein.

Enzkreis-Gleichstellungsbeauftragte befürwortet gendersensible Sprache

Beide verwahrten sich gegen das Gendern: Wer „die deutsche Sprache derart verhunzt, hat noch nie deren Schönheit erfasst, wie sie in den Werken der deutschen Literatur zum Ausdruck kommt“.

Sie beriefen sich darauf, dass die deutsche Sprache bestimmten Regeln unterliege, ohne die eine ordentliche Verständigung nicht möglich sei. „Das Gendern gehört nicht dazu“, erklärten Holz und Zurbrügg in einem gemeinsamen Schreiben an diese Redaktion.

Einen gänzlich anderen Eindruck gewann Kinga Golomb, die Enzkreis-Gleichstellungsbeauftragte, in den letzten Monaten, wie sie dieser Redaktion auf Nachfrage berichtet.

Sie habe in mehreren Runden im Landratsamt über das Ziel einer geschlechtergerechten Sprache und deren Umsetzung in der Leitlinie gesprochen. Bei der Vorstellung ihres Jahresberichts im Kreistag Anfang April „wurde nicht mehr groß nachgefragt“; die Verwendung geschlechtersensibler Sprache im Landratsamt gehöre inzwischen zum Alltag.

Neue Leitlinie wurde im Januar eingeführt

Seit die Leitlinie im Januar eingeführt wurde, gab es mehrere Schulungen zum Thema gendergerechte Kommunikation mit Muriel Aichberger, Dozent für Gender- und Queer-Studies an der Universität LMU München. Zwei weitere Termine mit ihm im Mai und Oktober seien innerhalb eines Vormittags ausgebucht gewesen.

„Das Bedürfnis ist da. Alle sind sensibel geworden“, berichtet Golomb von Beschäftigten aus ganz unterschiedlichen Bereichen vom Jugendamt bis zur Zulassungsstelle. „Das Thema ist auf fruchtbaren Boden gefallen, und es hat sehr viel positives Feedback“ gegeben, freut sie sich über das Interesse an geschlechtergerechter Kommunikation.

Landratsamt im Enzkreis sieht sich in Sachen Gendern auf einem guten Weg

In den praktischen Übungen sei deutlich geworden, „wie gut man umformulieren kann, ohne sich verbiegen zu müssen“, indem man geschlechtsneutral formuliert.

Also beispielsweise Teilnehmende anstelle von Teilnehmern sagt, oder Lehrkräfte anstelle von Lehrern. Eine Erkenntnis der Fortbildungen sei auch, „wie selten man das Gendersternchen braucht“.

Schmunzelnd ergänzt Golomb, dass es ja auch keine Genderpolizei hinter der Leitlinie gebe. Denn nach wie vor gelte, dass die deutsche Sprache vielfältig ist.

Mit der Leitlinie, die das Thema Gendern beinhaltet, sei man beim Landratsamt auf einem guten Weg. Der Enzkreis ist nicht die erste Behörde, „aber mit Sicherheit auch nicht die letzte“, die sich auf den Weg machte, so die Gleichstellungsbeauftragte.

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