In Gedanken war er schon entworfen. Aber Andreas Zordel hat den „Forellomat“ dann doch nicht bauen müssen, nachdem die Bundeskanzlerin wieder zurückgerudert ist mit ihren Oster-Ruhetagen.
„Das wäre für uns der Tod gewesen“, sagt Oliver Felbrich, der für Andreas Zordel dessen Betrieb im idyllischen Naturschutzgebiet Eyachtal bei Neuenbürg leitet. Klingt dramatisch, trifft die Lage aber schon ganz gut in Zeiten, in denen die Zordel-Forellen weder glotzäugig auf den Gastronomie-Tellern oder auf einer Biertischgarnitur eines Fischerfestes landen, noch in den Großhandel strömen.
„An Ostern ist Hauptgeschäft. Neben Weihnachten“, sagt Lisa Zordel, die Tochter des Inhabers. Klar, an Karfreitag isst jeder Fisch. Und da die Gastronomie nicht geöffnet ist, kocht den jeder selbst. So kommt es an diesem vorösterlichen Wochenende dann auch vor, dass Oliver Felbrich noch ein paar Forellen für einen anderen Anbieter klar machen muss, dem die Ware ausgegangen ist. Denn so schnell wächst die schuppige Köstlichkeit dann auch wieder nicht. „Zwei Jahre vom Setzling bis zum schlachtreifen Fisch“, sagt Oliver Felbrich.
Forellen-Minis von der Schwäbischen Alb
Die Setzlinge – die Forellen-Minis – kauft man inzwischen aber ein. „Das Bruthaus haben wir nur noch, weil ich ja auch Ausbilder bin“, so Oliver Felbrich. Zu aufwändig. „Dafür gibt es dann auch Leute, die sich darauf spezialisiert haben.“ Seine Minis kauft er etwa auf der Schwäbischen Alb. Und dann werden die Kleinen in den Aufzuchtbecken mit bestem, acht Grad kaltem Quellwasser direkt aus dem Berg aufgezogen, das dann allerdings noch mit Sauerstoff angereichert werden muss.
Zwei Jahre vom Setzling bis zum schlachtreifen Fisch.Oliver Felbrich, Forellenzüchter
Erst ab 300 Gramm – ausgewachsen können das bis zu zwölf Kilogramm schwere „Kaventsmänner“ sein – ziehen die Fische um in die Außenbecken, durch die eine Umleitung der Eyach fließt. Und die wiederum bahnt sich ihren Weg durch ein lediglich forstwirtschaftlich bearbeitetes Naturschutzgebiet.
Kameras sollen auch Diebe erfassen
Wasser gut, alles gut – lautet die einfach klingende Formel. Allerdings ist laut Felbrich in den natürlich wirkenden Becken auch jede Menge Überwachungs-Technik versenkt. Darüber übrigens inzwischen auch in Gestalt von Infrarot-Kameras - nach dem dreisten, tierquälerischen Diebstahl vor einigen Monaten. In den Becken im Freien dürfen die Fische dann noch ein paar Monate im nie zu groß gehaltenen Schwarm ihre Runden drehen, nur kurz an die frische Luft kommend, wenn sie durch ein ausgeklügeltes Sortier-System nach Größe in unterschiedliche Becken kommen.
„Ist wie bei den Menschen, nicht alle sind gleich schnell am Büffet“, erklärt Oliver Felbrich den Grund. Nach Ablauf der zwei Jahre werden die Forellen dann wieder durch ein raffiniertes Rohrsystem in die Schlachterei geleitet, um wenige Minuten später durch Stromschlag ein blitzschnelles Ende zu finden. Respekt und ein sich an Bio-Richtlinien orientierendes Tierwohl haben sie bis dahin erfahren, ausgewiesenermaßen nach den höchsten europäischen Standards.
180 Tonnen Forellen im Jahr
Sechs Fischzuchtbetriebe werden von Zordel betrieben, ursprünglich dachte man, dass die Fische vom Harz in den Schwarzwald zum Verkauf kämen. Falsch gedacht: Auch die Harzer essen gern Fisch. In den drei im Schwarzwald betriebenen Anlagen werden pro Jahr 180 Tonnen Forellen über den Tresen direkt zum Käufer oder in den Handel gereicht.
Das Hauptgeschäft, so Oliver Felbrich, sei die klassische Forelle. „Ein edler Fisch mit geringem Fett- und hohem Eiweißgehalt.“ Und ein guter Futterverwerter dazu. „Ein Kilogramm Futter gibt ein Kilogramm leckere Forelle. Der riesige Stör, der im Schwarm im ersten Becken auch an diesem Wochenende von Besuchern bestaunt wird, ist natürlich auch für den Verzehr gedacht. „Aber in erster Linie ist das unser Showfisch“, sagt Oliver Felbrich lachend.
Stammkunden können sich noch an einen ganz anderen Star erinnern, den sie Harald Juhnke tauften, weil die Forelle eine ganz außergewöhnlich blaue Farbe hatte. Harald durfte natürlich so lange wie möglich blau bleiben und wurde irgendwann privat verkauft. Er war eine Laune der Natur. Genau wie die Goldforelle, die mit ihrem Übermaß an Farbpigmenten in der Natur keine Überlebenschance hätte. Das Auge isst in der Zucht aber offenbar mit.
Spezielle Transportfahrzeuge entwickelt
Den Forellomat für die Selbstbedienung zu bauen, wäre für den Tüftler Andreas Zordel übrigens ein Klacks gewesen. Er hat schon ganz andere Dinge auf den Weg, besser: auf die Straße gebracht. Spezielle Transportfahrzeuge auf hohem technischen Standard zur Überwachung der kostbaren Lebend-Ware an Bord. Und diese Lkw sind so begehrt und einzigartig, dass sie sogar schon aus der Zordelschen Werkstatt den Weg bis nach Australien, Libyen und Russland fanden.
Auch die dritte Generation sitzt mit der studierten Betriebswirtin Lisa Zordel und ihrem Bruder, dem gelernten Mechatroniker Max Zordel, schon am Steuer und das im wahrsten Sinn des Wortes. „Das sieht schon irre aus, wenn die Lisa aus dem 40-Tonner aussteigt“, sagt Oliver Felbrich lachend.