
Vier Jahre gingen ins Land, ehe es jetzt wieder soweit war: Die Festgemeinschaft von Musik- und Turnverein Neuenbürg hat mit Unterstützung der Stadt das Flößerfest im beschaulichen Städtchen Neuenbürg aufleben lassen. Seit der letzten Austragung des Traditionsfests ist Großes passiert. Die Unesco hat die Flößerei zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt.
Das 19. Flößerfest knüpfte nach neunmonatiger Vorbereitungszeit da an, wo das letzte Fest 2019 aufhörte. Es gab eine Festmeile rund um den Marktplatz und die Hirschbrücke, zahlreiche Besucher wurden angelockt.
220 Helfer und 250 Mitwirkende machen das Flößerfest zu einem Erfolg
Beim Aufbau und Ablauf brachten sich nach Aussage von Andreas Löttlere, Vorstandsmitglied des Musikvereins, 220 Helfer ein, während 250 Mitwirkende für Unterhaltung und Spaß sorgten. Der Auftakt fand mit dem Fassanstich durch Bürgermeister Fabian Bader (parteilos) statt, musikalisch untermalt von der Stadtkapelle Neuenbürg.
Neue Akzente setzte die Festgemeinschaft nicht nur beim Musikprogramm, sondern auch im Bereich Kulinarik. Während auf der Festzeltbühne verschiedene Musikvereine ihre musikalischen Werke zum Besten gaben, begeisterte bei der Oldie-Night schon traditionell die Cover Band „The Moonlights“.
Auf der Marktplatzbühne heizten neben der Sparkassen-Big-Band auch die Pforzheimer Band „Parade“ mit Alternative Rock sowie die Gruppe Pryff aus Stuttgart mit deutsch-amerikanischem Rock ’n’ Roll ein. Die Freiburger Band Cosmic Mints sorgte für eine Soul-Note im Programm. „Man hat mit Bedacht nur Bands ausgewählt, die nur eigene Werke präsentieren“, bekräftigte Lötterle.
Großen Anklang fanden auch die Flößerführungen von Conny Westerkamp und Winfried Hahner zu historischen Plätzen und Gebäuden.
Viel Aufmerksamkeit erhielt der Aufbau eines langen Floßes durch die Talhubenflößer aus Unterreichenbach. Beifall von den Zuschauern gab es auch am späten Samstag, als sich 20 Flößer zur Nachtfloßfahrt auf der Enz aufmachten.
Neben den Schaufahrten konnten Kinder sowie Erwachsene beim Kinderflößen an beiden Tagen selbst mit dem 16,80 Meter langen Floß mitfahren und Neuenbürg aus einer anderen Perspektive betrachten.
Flößergemeinschaft wartet mit 60 Meter langem Floß auf der Enz auf – doch es geht noch länger
Die Talhubenflößer sind mit 39 Jahren eine der ältesten Interessengemeinschaften. Nach sechsjähriger Auszeit präsentieren die Unterreichenbacher ihr 120 Meter langes Floß im September wieder auf ihrer Wildwasser-Hausstrecke auf der Nagold von Monbach bis Unterreichenbach.
Auf der angestauten Enz wartete die Flößergemeinschaft, die auch die Calmbacher Flößerzunft beim Flößerfest in Neuenbürg unterstützte, dagegen mit einem 60 Meter langen Floß auf.
Das Gestör, das über die Jahre beim Sägewerk Burkhard in Unterreichenbach gelagert ist, wurde mit einem Holztieflader an die Enz gebracht und mit Hilfe von schwerem Gerät in die Enz abgelassen. Aus mehreren Gestören wurde dann das Floß auf dem Wasser zusammengebaut. Das Gestör, das handgeschält ist, stammt von Tannen aus dem Nordschwarzwald.

Die Flößergemeinschaft bedauerte, dass nach der Renovierung des Neuenbürger Mühlewehrs aus Kostengründen eine Floßgasse eingespart wurde und die Flussabwärtsfahrt daher erst nach dem Wehr möglich war.
Die Flößergemeinschaft, die mit 20 Mann im Alter von zwölf bis 70 Jahren die Floßfahrten auf der Enz realisierte, ist nach Aussage von Jugendleiter Gerd Aechteler ein eingespieltes Team. Jeder wisse, wo er hinlangen müsse, und jeder Handgriff bei dem 40-Tonnen-Gefährt sitzt.
Vorn am Floß ist das Lenkfloß, während hinten sich das Bremsfloß befindet. Obwohl das Lenkfloß die Richtung angibt, wird die richtige Richtung letztendlich durch das Bremsen vorgegeben.
Dort, wo die Flößer einst auf dem Wasserweg die Langholzstämme Richtung Pforzheim transportierten, war rund um den Neuenbürger Marktplatz auch am Sonntag ein buntes Allerlei geboten. Nach dem ökumenischen Gottesdienst am Sonntag und dem Frühschoppen mit der MVN Big-Band war ein vielfältiges Rahmenprogramm angesagt.
Historisches Handwerk gab es beim sogenannten Wiedendrehen. Im Unterhaltungsprogramm präsentierten sich die Hip-Hop-Kids des TV Neuenbürg, die Jugendmusikschule, das Jugendsinfonie-Orchester, das Gymnasium, die Musikschule, die Gesangsklasse Miriam Kurrle, die Grundschule Arnbach und die „Bears“. Für eine Premiere sorgte sorgte die neue Besetzung des MV „Hello Dolly“, die im Dixieland-Sound überzeugte.
Traditionelles Waschzuberrennen ist eine Riesengaudi in Neuenbürg
Eine Riesengaudi mit großer Anziehungskraft war am Sonntagnachmittag wie in den Vorjahren das traditionelle Waschzuberrennen mit mehr oder minder schwimmtauglichen Gefährten der Marke Eigenbau und Eigenantrieb. Dazu hatten sich sieben Teilnehmer angemeldet.
Das Starterfeld war international, denn für einen ukrainischen Matrosen war es Ehrensache, daran teilzunehmen. Ihr Floß war ein Altbestand der Jungschar Engelsbrand, denen die Ukrainer zum Dank beim Rennen dann auch Anschubhilfe gewährten. Die Jungschar Engelsbrand war mit zwei Teams auf „Löwenjagd“, von denen das Team 1 mit der schnellsten Zeit die Strecke absolvierte. Mit zwei Teams war auch die Ludwig-Uhland-Schule vertreten, wobei ein Floß aus Tetra Paks bestand.
Das Teilnehmerfeld rundeten ab die Jugendarbeit „NeueBirke“, die auf Anhieb mit ihrer Strandbar sich den zweiten Platz erkämpften vor der Zimmerei Stoll, die mit ihem „Stollingus“ den dritten Platz belegten. Den Publikumspreis teilten sich Engelsbrand2 und das ukrainische Team.
Aber nicht nur das Teilnehmerfeld war international, sondern auch auch die Besucher, unter denen sich eine Familie aus dem niederländischen Eindhoven befand, die vom Flößerfest kurzfristig auf dem Campingplatz in Bad Wildbad Kenntnis erlangte.