Noch ist auf dem Gelände des Auenhofs in Bauschlott eine grüne Wiese, wo künftig ein neues Gebäude entstehen soll. Und zwar nicht irgendein Gebäude, sondern eines, das 20 Plätze für Menschen mit kognitiven Einschränkungen bietet. Bis Weihnachten soll die Baugenehmigung vorliegen.
„Der Wunsch ist, dass wir im Lauf des nächsten Jahres die ersten Bagger sehen“, sagt Rainer Ilg. Er ist Vorsitzender des Fördervereins für den Auenhof und setzt sich zusammen mit anderen Eltern behinderter Kinder schon seit Jahren für die Umsetzung des Projekts ein.
Wie nötig sie ist, wird deutlich, wenn man Auenhof-Geschäftsführer Stefan Finscher zuhört: Aktuell leben viele Menschen mit kognitiven Einschränkungen in normalen Mietwohnungen und werden vom Auenhof ambulant betreut. Allerdings ist es für sie oft schwierig, auf eigene Faust einen Vermieter zu finden, der an sie vermieten will.
Mietvertrag mit dem Auenhof kann jederzeit gekündigt werden
Deshalb hat man in den vergangenen Jahren beim Auenhof ein System etabliert, das Finscher als „Notlösung“ bezeichnet: Der Auenhof tritt als Zwischenmieter auf.
Der Wunsch ist, dass wir im Lauf des nächsten Jahres die ersten Bagger sehen.Rainer Ilg, Vorsitzender des Fördervereins.
Das Problem: Als Organisation kann er keinen privaten, sondern nur einen gewerblichen Mietvertrag abschließen – und der kann jederzeit gekündigt werden. „Das bringt viel Rechtsunsicherheit mit sich“, sagt Finscher und verweist auf den hohen Aufwand, der zusätzlich für die Verwaltung der Mietwohnungen anfällt.
Ein Aufwand, für den im Auenhof eigentlich kein Budget vorhanden ist. Stundenlang könnte Finscher ausführen, welche Folgen das hat und wo er Arbeitszeit aufwenden muss, die eigentlich nicht zur Verfügung steht.
Der Auenhof-Geschäftsführer kritisiert, dass der ambulante Sektor in der Vergangenheit politisch forciert wurde, ohne die erkennbaren Probleme zu lösen. Die damit verbundenen Risiken und Kosten seien gezielt ausgeblendet worden.
Viele Fragen bleiben offen
Finscher moniert, es gebe nach wie vor viele offene Fragen. Etwa bei den Folgen für die Mieter, wenn ein ambulantes Wohnprojekt scheitert. Wenn keine Einrichtung sie aufnimmt, könnten sie schlimmstenfalls auf der Straße landen.
Beim Auenhof ist das zwar noch nie passiert, aber theoretisch wäre es denkbar. All das hat laut Finscher zur Folge, dass sich Einrichtungen wie der Auenhof genau überlegen, ob sie ambulantes Wohnen noch unterstützen, indem sie als Zwischenmieter auftreten.
Es ist ein Dilemma: Geht das Engagement der Einrichtungen zurück, wird es für Menschen mit kognitiven Einschränkungen noch schwerer, Wohnungen zu finden. Gleichzeitig besteht ein riesiger Bedarf. Denn viele leben immer noch bei ihren Eltern, obwohl sie längst volljährig sind.
Ein Dauerzustand kann das laut Ilg nicht sein – allein schon deshalb, weil auch die Eltern älter werden und ihre Kinder immer schlechter versorgen können. Vor rund fünf Jahren haben sich deshalb einige Eltern zusammengetan, um eine Lösung zu finden. Zuerst gab es die Idee, in Bauschlott ein größeres Objekt anzumieten.
Sie wurde ebenso verworfen wie die für ein inklusives Wohnprojekt auf dem Auenhof. Letzteres haben die Vorschriften nicht zugelassen, weil in der Nähe Landwirtschaft betrieben wird. Inzwischen ist man seit zwei Jahren dabei, auszuloten, was auf dem Gelände des Auenhofs realisiert werden kann.
Plan für das neue Gebäude in Bauschlottt steht schon
Ein Raumprogramm und eine ordnungsrechtliche Genehmigung gibt es schon. Geplant ist ein zweigeschossiges, modulförmiges Gebäude. Es soll Platz für fünf Wohngemeinschaften mit vier Personen bieten. Jede soll wie eine Privatwohnung sein, mit eigener Haustür und eigenem Schlüssel.
Ilg spricht von einer „ganz anderen Qualität“ und erklärt: Wie hoch der Betreuungsgrad sei, könne von WG zu WG variieren. Dadurch würden die Grenzen zwischen stationärem und ambulantem Wohnen fließend.
Allerdings: Wie die Betreuungsleistungen finanziert werden sollen, ist noch nicht klar. Zwar sind laut Finscher auf Landesebene „die Verhandlungsgrundlagen grob gesetzt“, aber die konkrete Abarbeitung stehe noch aus. Grund sind die nach wie vor unklaren Rahmenbedingungen, die die dritte Stufe des Bundesteilhabegesetzes vorgibt.
Auch bei den Mietzahlungen herrscht noch Klärungsbedarf: Die hier zu erwartenden Einnahmen werden laut Ilg zur Finanzierung des Neubaus nicht reichen. Deshalb ist der Förderverein auf Spenden dringend angewiesen.
Zudem will man in Gespräche mit dem Enzkreis eintreten, um über die Höhen der Mieten zu reden. „Wir haben hier eine Finanzierungslücke, denn die Mittel der öffentlichen Hand reichen nicht aus.“