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Kommunen im Krisenmodus

„Nicht mehr zu bewältigen“: Enzkreis schlägt Alarm mit Brief an Scholz und Kretschmann

Eine Krise jagt die nächste – und die Behörden im Landratsamt Enzkreis und in den 28 Kreiskommunen sehen sich zunehmend überfordert.

Landrat Bastian Rosenau
Landrat Bastian Rosenau wendet sich mit einem Brief an Scholz und Kretschmann. Foto: Herbert Ehmann

„Sowohl in finanzieller als auch in personeller Hinsicht sehen wir uns nicht mehr in der Lage, weitere Leistungsversprechen der Politik umsetzen zu können“, schreiben Enzkreis-Landrat Bastian Rosenau und der Vertreter der 28 Kreis-Bürgermeister Michael Schmidt (beide parteilos) in einem Brief, der es an vielen Stellen in sich hat.

Der Adressatenkreis könnte kaum prominenter sein: Bundeskanzler Olaf Scholz, Innenministerin Nancy Feaser (beide SPD) und auf Landesebene Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sowie Innenminister Thomas Strobl und Justizministerin Marion Gentges (beide CDU).

„Keine Kapazitäten für Flüchtlinge mehr“

Die Enzkreis-Vertreter beklagen, zur ohnehin „stetig wachsenden Anzahl von neuen gesetzlichen und gesellschaftlichen Aufgaben“ komme mittlerweile die Krisenbewältigung als „Standardaufgabe“ hinzu. Rosenau und Schmidt: „Wir möchten es daher deutlich betonen: Es kann so nicht weitergehen. Gesetze und Vorgaben in immer kürzerer Zeit mit allzu häufig handwerklichen Fehlern, die eine Umsetzung vor Ort sehr erschweren, bringen eine schlicht nicht mehr zu bewältigende Aufgabenflut mit sich.“

Beispielhaft nennen die Enzkreis-Vertreter die Flüchtlingssituation. Städte und Gemeinden hätten schlichtweg keine weiteren Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen mehr. Die kommunalen Unterbringungsmöglichkeiten am Ende der Verteilkette seien noch mit Flüchtlingen von 2015/16 belegt. In der Kürze der Zeit und unter den aktuellen Bedingungen Wohnraum in entsprechender Menge aufzubauen, sei unmöglich.

Appell an Spitzenpolitiker in Bund und Land

„Der Realität des defizitären Wohnraumangebots kann nicht unter Beibehaltung eines Verteil- und Zuweisungssystems entsprochen werden, welches auf der Grundlage viel geringerer Flüchtlings- und Migrationszahlen seit Jahrzehnten seine Berechtigung hatte“, betonen Rosenau und Schmidt. „In diesem Zusammenhang sei auch bemerkt, dass weder auf bundes- noch landespolitischer Ebene erkennbar und mit Nachdruck an europäischen Verteil- und Rückführungslösungen gearbeitet wurde.“

Man stelle immer wieder fest, dass sich die Sicht der politisch Verantwortlichen nicht mit der Sicht der „Praktiker vor Ort“ decke. Der Appell an die Spitzenpolitiker in Bund und Land: „Nehmen Sie die Lösungsansätze und -vorschläge der Kommunalen Spitzenverbände ernst und lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir die Herausforderungen der Zukunft gut bewältigen können“, so schließen Rosenau und Schmidt im Namen aller Enzkreiskommunen und der Kreisverwaltung.

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