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Schmerzen in Rücken und Nacken

Orthopäden im Enzkreis sehen mehr körperliche Beschwerden wegen Homeoffice

Egal, ob Homeoffice oder Bewegungsmangel: Die Pandemie wird bei vielen Menschen auch für deren Körper Folgen haben.

Arbeit ohne Ende - trotz Kurzarbeit: Das ist nicht erlaubt. Doch weil auch die Prüfer im Homeoffice sitzen, bleiben Verstöße oft unentdeckt, fürchten Gewerkschafter.
Homeoffice ist eine Belastung für den Körper, warnen Orthopäden im Enzkreis. Sie verzeichnen eine Zunahme von Beschwerden im Nacken- und Rückenbereich. Foto: Fabian Strauch/dpa

Weniger Training und mehr Schonung belasten nicht zuletzt die Gelenke. Mediziner warnen zudem vor Rücken- und Nackenschmerzen als Folge von zu viel Sitzen. Dauerhaft helfen können dagegen kurze Trainingseinheiten von täglich jeweils zehn bis 15 Minuten, die in den Alltag eingebaut werden.

Dass Verspannungen derzeit in den Arztpraxen eine immer größere Rolle spielen, das bemerkt auch Elke-Sylvia Bös, Orthopädin in Remchingen. Von solchen Beschwerden hört sie oft von ihren Patienten, die in der Anzahl zwar konstant blieben; der Grund für den Arztbesuch hat sich in den letzten Monaten aber geändert.

„Wir haben dieses Jahr extrem wenig Kreuzbandrisse gehabt“, bestätigt sie. Dafür gab es öfter Probleme mit dem Sprunggelenk, weil viele „häufiger alleine im Wald unterwegs waren und dabei umgeknickt sind.“ Insgesamt gebe es ohnehin weniger Verletzungen, die sie behandeln muss, dafür aber mehr Verschleißerscheinungen – übrigens über alle Altersgruppen hinweg.

„Jeder Mensch hat Abnutzungen im Körper“, erklärt Bös. Das sei ganz normal. Regelmäßiges Sporttreiben könne aber helfen, beispielsweise Rückenbeschwerden in den Griff zu bekommen. Dass momentan vieles nicht mehr möglich ist – von Fitnessstudios über die Sportgruppen bis zur Reha – sei mit Blick auf dieses Thema natürlich ein Problem.

Homeoffice schafft Probleme

Ein Problem, das in ähnlicher Form auch Stefan Sell kennt. Er ist ärztlicher Direktor des Gelenkzentrum Schwarzwald in Neuenbürg, sitzt im Vorstand der Rheuma-Liga Baden-Württemberg und hat seit 2013 den Lehrstuhl für Sportorthopädie und Belastungsanalyse am Karlsruher Institut für Technologie inne. Gerade beim klassischen Homeoffice, das er als „Wechsel zwischen verschiedenen Stühlen“ beschreibt, seien Probleme programmiert.

„Der Muskelabbau geht relativ schnell“, betont er. Vor allem im Bereich von Bauch- und Rückenmuskulatur mache sich das bemerkbar. Ein Hauptproblem dabei ist die untere Lendenwirbelsäule, die Schmerzen verursachen kann. Viele, die solche Probleme bereits haben, gehen derzeit aber weder in die Praxen noch in die Klink, vermutet er. „Mit dem bisschen Schmerz gehe ich doch noch nicht zum Arzt“ ist eine Einstellung, die ihm nicht unbekannt ist. Welche Spätfolgen sich daraus ergeben können, machten sich viele Betroffene nicht sofort bewusst.

Matte, Tisch und Stuhl reichen schon

Training mit dem eigenen Körpergewicht kann in solchen Fällen als präventives Element durchaus helfen. „Bodenmatte, Tisch und Stuhl sind völlig ausreichend“, erklärt Sell. Übungen dafür gibt es zuhauf. Man findet sie unter anderem im Internet. Wer bereits Schmerzen habe, sei allerdings oft verleitet, sich lieber schonen zu wollen und nichts zu tun. Das ist nicht immer richtig, weiß Sell.

Stefan Sell, ärztlicher Direktor des Gelenkzentrum Schwarzwald in Neuenbürg, rät zu täglich zehn bis 15 Minuten kurzen Trainingseinheiten
Stefan Sell, ärztlicher Direktor des Gelenkzentrum Schwarzwald in Neuenbürg, rät zu täglich zehn bis 15 Minuten kurzen Trainingseinheiten Foto: Stefan Friedrich

„Das Gelenk wird durch Gelenkflüssigkeit ernährt und dafür braucht es Bewegung“, erklärt der Fachmann. Er selbst hat zuletzt an der Frage geforscht, wie ein Training für Gelenke aussehen sollte. „Da gibt es eine interessante Untersuchung aus England“, berichtet er. Arthrose-Patienten waren in zwei Gruppen aufgeteilt, die einen trainierten, die anderen nicht. In letzterer Gruppe mussten 44 Prozent mehr an der Hüfte operiert werden – ein deutlicher Wert.

Pandemiebedingt sind solche Operationen übrigens generell zurückgegangen, deutschlandweit um etwa 30 Prozent. Nicht, weil die Fälle weniger geworden wären, sondern weil viele Angst vor einer Ansteckung in den Kliniken haben. „Wir schieben im Moment eine große Gruppe von Patienten vor uns her, die sich eigentlich hätten operieren lassen wollen, es aber verschoben hat“, beschreibt der ärztlicher Direktor des Gelenkzentrum Schwarzwald die Lage. Die gute Nachricht sei allerdings: Weil man über zwei Standorte in Mühlacker und Neuenbürg verfüge, wird es voraussichtlich zu keinen Termin-Engpässen kommen.

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