Nach teils zähen und kontroversen Abstimmungen rollten im Frühjahr die ersten Bagger – mittlerweile ist die Großbaustelle in vollem Gange und der Trassenverlauf deutlich zu erkennen. Im Gespräch war das Projekt bereits in den Neunzigerjahren.
Insbesondere die Anwohner der lärmgeplagten Ortsdurchfahrt, durch die sich täglich rund 10.000 Autos samt erhöhtem Schwerlastverkehr drücken, verliehen ihrem Wunsch nach Ruhe und Sicherheit immer wieder Nachdruck. Rund 6.000 Fahrzeuge, vor allem Lkw, sollen Berechnungen zufolge die neue Trasse nutzen, während die Gemeinde dann eine Neugestaltung der Ortsmitte angehen will. Bürgerbeteiligungen für drei Förder- und Sanierungsprogramme sind bereits im Gange.
Verbindungsstraße war lange Zankapfel
Doch durch den Straßenbau scheiden sich nicht nur Nöttingen und das dahinterliegende Feld-, Streuobstwiesen- und Waldgebiet – sondern auch die Meinungen: Widerstand regte sich über die Jahre bei Anwohnern der neuen Trasse, bei der Landwirtschaft und selbst bei einzelnen Unternehmern an der Ortsdurchfahrt, die im Gegensatz zu ihren Kollegen durch fehlenden Durchgangsverkehr eher ein Aussterben als eine Belebung des Orts befürchten.
Neben langen Verhandlungen zu Planung, Lärmschutz und Fördermitteln legte 2017 die Petition der Interessengemeinschaft „Alternativen zur Ortsumfahrung“ das Projekt lahm, indem der Landtagsbeschluss anderthalb Jahre auf sich warten ließ. Ein weiteres Jahr zog wegen Erschwernissen beim Flächenerwerb ins Land.
„Es ist uns bewusst, dass es durch den Straßenbau Vor- und Nachteile geben wird – aber die Gesundheitsbelastung an der Ortsdurchfahrt war schließlich so hoch, dass wir handeln mussten“, erklärt Becker, der mittlerweile Bauamtsleiter ist. „Vieles muss man abwarten und wir sind mit allen Beteiligten im Gespräch, um gute Lösungen zu finden.“
39.000 Kubikmeter Erde bewegt
Zwei bereits vor Jahren fertiggestellte Abschnitte führen von Wilferdingen kommend unterhalb an Darmsbach vorbei durch die A8 auf die Lailingstraße ins Nöttinger Industriegebiet. Dort beginnt der 1,1 Kilometer lange dritte Abschnitt, der den Verkehr mit Tempo 70 westlich um Nöttingen herumführen soll und nach einer Brücke über den Auerbach mit einem Kreisverkehr auf die bis voraussichtlich Ende Juli 2021 gesperrte Kreisstraße zwischen Nöttingen und Auerbach mündet. Ein vierter Abschnitt könnte den Weg auf die Landstraße Richtung Keltern weiter verkürzen – dieser ist aber noch nicht beschlossen.
Erdwälle sorgen für Lärmschutz
Mit insgesamt 39.000 Kubikmetern fanden am dritten Abschnitt gewaltige Erdbewegungen statt, da die Trasse von der Lailingstraße her kommend in einer bis zu sechs Meter tiefen Schneise im Gelände liegt. Sonst wäre die Steigung für den Verkehr gerade im Kurvenbereich zu hoch gewesen, erklärt Becker und freut sich über den Nebeneffekt: Die Erdwälle sorgen gleichzeitig für den Lärmschutz, den die Gemeinde im weiteren Verlauf über die Vorgaben hinaus durch bis zu zweieinhalb Meter hohe zusätzliche Lärmschutzwände gewährleistet. Ein lärmmindernder Asphalt steht noch zum Beschluss.
Für Fußgänger und Radfahrer, die einen separaten Weg oberhalb der Trasse bekommen, sind zwei Querungshilfen vorgesehen – zudem wird neben der Anbindung des Striesterwegs eine Zufahrt in das als Bauerwartungsland ausgewiesene Gelände zwischen Ortsrand und neuer Trasse vorbereitet, das grob halb so groß ist wie der Wilferdinger Niemandsberg.
Verkehr soll frühestens Mitte 2022 rollen
Bis zur möglichen Wohnbebauung werde es aber noch einige Jahre dauern, unterstreicht Becker. Während die Ausschreibung der Auerbachbrücke laufe, rechnet er im Herbst mit Fertigstellung der Tragschichten. 2022 soll der Belag mit 16.800 Quadratmetern Asphalt folgen: „Frühestens Mitte 2022 kann dann der Verkehr rollen.“