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Festtagsstimmung trotz Lockdown

Kreative Lösungen: Wie der Enzkreis corona-konform Weihnachten feiert

2020 sieht Weihnachten wegen der Corona-Pandemie anders aus als sonst - auch im Enzkreis. Doch mit ein bisschen Kreativität machen viele trotzdem das Beste aus dem Fest.

Vieles ist anders in diesem Jahr: So haben die Spaziergänger der Fichte vor dem Gelände des OGV Singen zu ihrem Glanz verholfen, worüber sich Agnetha Dalmus und Ralf Rothweiler freuen.
Vieles ist anders in diesem Jahr: So haben die Spaziergänger der Fichte vor dem Gelände des OGV Singen zu ihrem Glanz verholfen, worüber sich Agnetha Dalmus und Ralf Rothweiler freuen. Foto: Zachmann

In klassischem Rot-Gold, mit Strohsternen oder kunterbunt glitzernd? Um den Christbaumschmuck brauchen sich Ralf Rothweiler und Agnetha Dalmus vom Obst- und Gartenbauverein Singen dieses Mal keine Gedanken zu machen. Nicht etwa, weil sie in einem Jahr, in dem so vieles ausfallen musste, auch noch darauf verzichten würden. Sondern weil das Schmücken kurzerhand die Spaziergänger übernehmen.

Besondere Zeiten erfordern kreative Ideen: „Wir wollten unsere Gartenkinder und Vereinsfreunde nicht einfach sang- und klanglos verabschieden“, verdeutlicht der Revierförster, der die stattliche Fichte im Kelterner Wald selbst geschlagen und der Gemeinde abgekauft hat. Jetzt ist er begeistert, wie ihr die Vorbeikommenden in wenigen Tagen zu ihrem Glanz verholfen haben: mit schmucken Kugeln, selbstgebastelten Sternen, einer Mandarine, dem hellen Klang eines Windspiels und sogar einem Meisenknödel für die tierische Bescherung.

Auch die 20-jährige Studentin freut sich, dass viele alternative Aktionen vom Kindergottesdienst-Adventskalender zum Anhören bis zu Video-Konferenzen mit Punsch und Spekulatius die Freude aufs Fest trotz allem aufkommen ließen: „Wir machen das Beste draus und lassen uns die Weihnachtsfreude nicht nehmen!“

Mehr Gänge als Gäste beim Weihnachtsessen

Das gilt an Heiligabend auch bei Familie Vogel in Dietlingen: Normalerweise sitzt der ganze Tisch voll, doch in diesem Jahr braucht Beate Vogel aus Rücksicht auf die gebotene Vorsicht nur eine Handvoll Gedecke und Servietten für den engsten Kreis aus dem Schrank zu holen – mehr Gänge als Gäste.

Wobei Letzteres nicht verwunderlich wäre, schließlich zaubert die Hauswirtschaftsmeisterin Jahr für Jahr ein ausgeklügeltes Festtagsmenü für ihre Liebsten – und das, obwohl die Leiterin eines Bio-Bistros mit Bäckerei davor ab 5 Uhr im Laden steht, um bergeweise Bestellungen zu richten: „Man merkt, dass viele Kunden weder verreist, noch im Restaurant oder privat eingeladen sind und daher umso mehr einkaufen.“

Gute Vorbereitung ist da alles – insbesondere, was ihr Menü zu Hause betrifft: Schon zu Wochenbeginn hat sie sich neben der Salatsoße um frisches Obst und Gemüse aus der Region gekümmert, Ehemann und Sohn fürs Schälen instruiert.

Die Fischsuppe hat Beate Vogel bereits am Dienstag eingekocht und auch der mit Spinatblättern und Nöttinger Salsiccia gefüllte Kalbsrollbraten ruht bereits mit Thymian, Zwiebeln und Tomaten im Bratschlauch. So muss sie an Heiligabend nur noch die Soße mit Kelterner Wein und den Feldsalat mit Birnen und Walnüssen abschmecken und die Tagliatelle als Zwischengang aufkochen.

Die Familie ist das größte Geschenk

Lediglich beim Nachtisch macht sie es sich einfach und serviert Knittlinger Bauernhofeis: „Bei uns stehen eben nicht die Geschenke im Mittelpunkt, sondern das Menü – und vor allem das Zusammensein als Familie während dem Essen.“ Auf die Familie komme es an – dafür würden selbstverständlich auch Würstchen mit Kartoffelsalat oder etwas Bestelltes reichen, schließlich müsse man gerade an Heiligabend die Nerven behalten und mit Charme darüber hinwegsehen, wenn mal etwas anbrenne, sonst könne die Stimmung schnell kippen.

Ihr größtes Geschenk sei es, die engste Familie bei sich haben zu können, freut sich Vogel und denkt dabei wehmütig an Ältere oder Einsame, die an Heiligabend vielleicht ganz alleine sind.

„Gerade jetzt kommt es auf den Zusammenhalt von Nachbarschaft und Freunden an – dass man sich anruft, vom Gehweg aus oder von Fenster zu Fenster unterhält“, unterstreicht auch die evangelische Nöttinger Pfarrerin Dagny von der Goltz, die vermutlich das einzige Mal in ihrer Berufslaufbahn das Weihnachtsfest selbst alleine verbringt, ganz ohne Begegnungen bei Krippenspiel oder Christmette.

Die Video- und Audio-Gottesdienste sind wie in vielen anderen Gemeinden in der Region bereits aufgezeichnet und im Internet abrufbar, zudem haben Ehrenamtliche in viele Briefkästen eine Broschüre mit der biblischen Weihnachtsgeschichte, Lied- und Gebetsvorschlägen geworfen.

Auch wenn die Gemeinde den geplanten Gottesdienst im Panoramastadion frühzeitig aus Rücksicht abgesagt hatte, ist sich die Pfarrerin sicher, dass sie Heiligabend eben doch nicht einsam feiern wird: „Weihnachten heißt nicht, dass sich 300 Leute zum Großevent um die Krippe versammeln, sondern, dass Jesus kommt – zu uns in unsere Not. Ob wir im Stadion sitzen oder alleine zu Hause: Er schafft es bestimmt zu jedem einzelnen von uns.“

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