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Wetter lockt viele aus ihren vier Wänden

Schnee sorgt für Blechlawinen um Dobel

Seit Wochen Homeoffice und Lockdown – da suchen viele Menschen mangels Alternativen Abwechslung in der Natur und an der frischen Luft. So tummeln sich mancherorts Hunderte auf Hängen und Pisten der Region. Manchmal aber hat man einen kleinen Hang auch ganz für sich.

Wieder „Großboxtag“: Bei Dobel tummelten sich auch am Sonntag Hunderte. Die Polizei sperrte ab von 13 bis 15 Uhr, um zu große Dichte an Ausflüglern zu vermeiden. Dobels Bürgermeister Christoph Schaack schaut nach vorn, denn am 6. Januar sei Neuschnee vorausgesagt.
Wieder „Großboxtag“: Bei Dobel tummelten sich auch am Sonntag Hunderte. Die Polizei sperrte ab von 13 bis 15 Uhr, um zu große Dichte an Ausflüglern zu vermeiden. Dobels Bürgermeister Christoph Schaack schaut nach vorn, denn am 6. Januar sei Neuschnee vorausgesagt. Foto: Irmeli Thienes

Für manch kleinen Erdenbürger war es der erste Schnee. Doch das Weiß zog an diesem Sonntag wieder viele andere aus ihren vier Wänden, ob aufs Derdinger Horn, auf die Burg Ravensburg bei Sulzfeld oder – erneut in Massen - auf den Dobel. Dort, auf dem Gelände „Wintersportarena“ mit Loipenportal, tummelten sich Hunderte – selten mit Maske. Und es wurden zunehmend mehr.

Dobels Bürgermeister Christoph Schaack war mit einem Gemeindevollzugsbeamten unterwegs und musste auch selbst Strafzettel verteilen. „Ich bin ja auch Ortspolizeibehörde“, sagte er den BNN.

Einige hatten es wohl vor den Polizeisperren heraufgeschafft, andere kamen ohne Zufahrtshindernis durch, wie vor allem aus Richtung Ettlingen. Die Polizei war allein auf dem Dobel mit drei Fahrzeugen im Einsatz, hatte Sperren von 13 bis 15 Uhr errichtet beim Drei-Markstein zwischen Dennach und Dobel sowie von Bad Herrenalb kommend bei Neusatz. Also hieß es dort für viele Fahrer kehrt. Weitere Polizeiwagen waren in Kaltenbronn, Sprollenhaus und Enzklösterle sowie Langenbrand vor Ort, um der Blechlawinen Herr zu werden.

Ein Mädchen fährt Snowboard
Snowboard oder Schlitten: Wie Lena Luksch freuten sich viele Kinder über den Schnee. Doch wegen der Sperrung Dobels waren nun die Nachbarorte überlaufen, wie hier Dennach. Alle Parkplätze waren voll. SDer Büprgermeister ging selbst auf Patroullie. Foto: Irmeli Thienes

Im Ort selbst war kein Parkplatz zu finden. Die Seitenstraßen waren so dicht, wie schon beinahe jeder Waldweg und die Hauptstraße. Bürgermeister Schaack spricht von einem erneuten „Großboxtag“. „Am Neujahrstag ging es, aber am Samstag waren wir hier schon fast am Anschlag, und am Sonntag gab es den Overflow für die Nachbarorte“, schildert Schaack. Die Sperrung Dobels bescherte den Nachbarorten Dennach und Neusatz nun die Blechlawinen.

Anwohner müssen parkende Autos abwimmeln

In Dobel winkt denn auch sofort eine Frau aus ihrer Balkontür, gibt zu verstehen, die Stellplätze gehörten zum Haus, seien nur für Bewohner da. Aber sie gibt sich mit der Erklärung „Presse“ für den Moment zufrieden.

Recht früh hatte sich Pirol Gügcel am Morgen mit seinen Enkelinnen Sevim und Meriam und ihrer Mama Nilgyn aufgemacht, im Gepäck eine Riesen-Thermoskanne Tee und ein Klappstuhl. Unter seiner karierten Decke und mit einer dampfenden Tasse in der Hand hielt der Opa Ausschau, wo sich die jungen Damen vergnügen. Das Areal der Wintersportarena auf dem Dobel ist groß und es ist voll. „Sie kommen gleich“, sagte er und sah dann in die andere Richtung.

Ganz anders erlebte Familie Jeppeson in Sulzfeld den Morgen. Fernanda Jeppeson hat Baby Johnny auf dem Arm genommen. Der Eineinhalb-ährige streckte das Händchen aus, denn Papa George Jeppeson rauscht mit dem Brüderchen Douglas den Hang hinter dem Hochbehälter bei der Burg Ravensburg hinab. „Wir waren vor einer Woche hier, ohne Schnee“, erzählte Jeppeson, als er wieder oben ankam. Die schottisch-brasilianische Familie lebt seit 2013 in Deutschland und hatte diese Piste ganz für sich.

Zwei Mädchen schlittern über eine in den Weg eingelassene Glasfläche, die vom Schnee rutschig ist.
Schlidderpartie: Marie und Lina aus Münzesheim sind mit Opa und Oma aufs Derdinger Horn gekommen und genießen die Rutschpartie. Foto: Irmeli Thienes

Etwas anders ging es auf dem Derdinger Horn zu, wenn auch weit entfernt von Dobler Verhältnissen. Aber alle Parkplätze waren belegt. Bunte Jacken und Mützen waren die einzigen Leuchtpunkte an diesem Tag, dem sonst nur das Weiß des Schnees etwas Licht verlieh. Christoph und Martina Parr gingen spazieren. „Wir sind tendenziell lieber drin, aber der Schnee hat uns rausgetrieben“, so Martina Parr. Der Lockdown sei für sie noch auszuhalten. Beide haben durch die Arbeit, die sie nicht ins Homeoffice zwinge, ausreichend Abwechslung.

Seinen ersten Schnee erlebte an diesem Tag der einjährige Erdem Demir. Ganz sicher auf Papas Arm schaut er mit großen Augen in die Gegend. Seine Eltern Hilal und Soner Saglik gehen regelmäßig spazieren, nicht nur im Lockdown. Und Marie und ihre Schwester Lina aus Münzesheim waren mit Oma und Opa aufs Derdinger Horn gefahren. Sie genossen die Schlitterpartien, alle Vier mussten lachen, wenn es eine auf den Po setzte. Auf dem Derdinger Horn war ein Ausweichen noch gut möglich.

An den Blechlawinen in Dennach musste man sich dagegen minutenlang vorbei quetschen, ehe an ein Durchkommen zwischen den eng geparkten Fahrzeugen zu denken war. Die Familien fanden andere Hänge und Pisten, wie hinter dem Feuerwehrhaus in Dennach oder sowohl unterhalb als auch neben dem Friedhof im Ort. Lena und Chris Luksch übten sich auf dem Snowboard. Die Zwölfjährige schaffte den ganzen Hang hinab und ihr achtjähriger Bruder immerhin auch schon zwei Drittel.

Dobler Bürgermeister vor Feiertag vor Feiertag in Hab-Acht-Stellung

Marcus Aydt steht vor seinem Sohn Levi vom Schlitten auf und klopft den Schnee von den Hosenbeinen. Levi kichert und jammert zugleich, weil der harte Schlitten seinem Hintern zugesetzt hat. Die Aydts sind aus Karlsruhe nach Dennach gekommen – wohlweislich, da Marcus Aydt von den Problemen auf dem Dobel gehört hatte. „Freunde von uns wollten heute nach Kaltenbronn. Davon habe ich abgeraten“, so Aydt. „Eigentlich wollte ich auch nicht raus, aber jetzt ist es super.“ Sein Sohn Levi zog den Schlitten schon wieder bergan. Es galt die Zeit und den schon wieder schmelzenden Schnee zu nutzen.

Da es an Heilige Drei Könige Neuschnee geben soll, seien er und die Gemeindebediensteten auch schon wieder in Hab-Acht-Stellung, so Bürgermeister Christoph Schaack. Die Zahl der Strafzettel an den vergangenen beiden Tagen dürfe sich in ähnlicher Größenordnung bewegen wie die über 200 beim vergangenen Ansturm auf dem Dobel. Genaues könne er erst zu Wochenbeginn sagen, so Schaack.

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