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Fotoprojekt während Corona-Lockdown

Tiefenbronner Fotografin hat Geisterstädte fotografiert

Menschenleere Straßen auf der Wilferdinger Höhe – und das samstagnachmittags um 16 Uhr: Die Tiefenbronner Fotografin Simone Haydt hat Geisterstädte während des Corona-Lockdowns im vergangenen Frühjahr mit drei verschiedenen Kameras dokumentiert – darunter auch Bruchsal und Karlsruhe.

Die Zerrennerstraße in Pforzheim während des ersten Corona-Lockdowns menschenleer.
Leere Innenstadt: Samstagnachmittags hat Simone Haydt die Zerrennerstraße in Pforzheim fotografiert, die wie ausgestorben wirkt. Foto: Simone Haydt

Die Fotos dokumentieren die Verlassenheit der Städte und strahlen trotz dem Ernst der Lage eine stille Schönheit aus. „Vielen Menschen macht diese Stille Angst“, sagt Simone Haydt. Auch ihr selbst, gesteht die 42-Jährige: „Ich brauche Leben, Stress und Hektik und halte Ruhe nur schwer aus.“

Der Anblick der leeren Städte war gruselig.
Simone Haydt, Fotografin aus Tiefenbronn

Der Anblick der leeren Städte sei dementsprechend gruselig gewesen, erzählt Haydt. Und den Marktplatz in Freudenstadt, die Stuttgarter Fußgängerzone, die Pyramide in Karlsruhe oder das Schloss in Bruchsal völlig ohne Menschen zu fotografieren „wie bei der Apokalypse“. In Rottweil sei sie sogar in Tränen ausgebrochen, weil sie die Leere genauso beängstigend fand wie die Vorstellung, dass viele der Läden nach dem Lockdown wohl nicht mehr aufmachen werden.

Hochzeits-Absagen machen Unternehmen zu schaffen

Das Fotoprojekt war für Simone Haydt eine Art „Beschäftigungstherapie“. Die gebürtige Pforzheimerin arbeitet vormittags als Bürokauffrau in der Buchhaltung eines Küchenstudios in Tiefenbronn. Nachmittags und wochenends betreibt die gelernte Portraitfotografin ihr Kleinunternehmen und fotografiert mit ihrem mobilen Studio Hochzeiten oder macht Portrait-Aufnahmen. 15 Hochzeiten sollte sie in diesem Jahr fotografieren, dann kam Corona und die Schließung vieler Einrichtungen und Geschäfte.

„Alle sagten ihre Hochzeit ab“, erzählt Simone Haydt, die um ihre Existenz bangte. Staatliche Corona-Hilfe bekam sie nicht, weil sie ihr Unternehmen als Nebenerwerb führt. „Wenn jeden Monat 1.000 Euro fehlen, ist das auf Dauer schon existenzgefährdend“, weiß die Fotografin. Die vergangenen Monate hätte sie nur mit Unterstützung ihres Partners überbrücken können, sagt die Mutter eines zwölfjährigen Sohnes.

„Corona-Aufnahmen“ sollen als Kalender erscheinen

Ein Bekannter, der sah, wie sehr sie unter dem Auftragsstopp leidet, brachte sie auf die Idee, leere Marktplätze und so genannte Still-Leben in Corona-Zeiten zu fotografieren. Herausgekommen ist eine Bildersammlung von Plätzen, Straßen und Spielplätzen, die „meiner Empfindung nach wunderschön sind, aber so hoffentlich nie wieder stattfinden“, sagt Haydt, die ihre „Corona-Aufnahmen“ mit einem Photoshop-Filter einheitlich mit einem nostalgischen Rotton versehen hat.

Da die Bilder „zu schade für die Schublade sind“, will die Fotografin einen kleinen Kalender daraus machen und das örtliche Rote Kreuz damit unterstützen.

Perspektive für 2021 unsicher

Im Sommer hat auch das Geschäft wieder angezogen, sagt Haydt. Sie fotografierte unter anderem eine standesamtliche Trauung – mit Schutzmaske. Das Weihnachtsgeschäft, das jetzt mit Familienportraits losgehen sollte, sei dank Corona fast schon gelaufen. Und auch die Perspektive für den Winter und 2021 sei unsicher, sagt die Fotografin: Viele Kunden hätten ihre Hochzeit auf nächstes Jahr verschoben, dennoch: „Es wackelt weiter.“

Den zweiten Lockdown könne sie nicht gutheißen, sagt Haydt, weil er viele kleine und mittelständische Unternehmen in die Insolvenz treiben werde. „Ich habe Angst – aber nicht vor dem Virus. Hoffen wir, dass der Spuk bald vorbei ist.“

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