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Beflügelt von da Vinci

Tüftler aus Straubenhardt baut Vogelflügel für Menschen

Er ist ein Tüftler und seine Passion sind Vogelflügel. In seiner Werkstatt in Conweiler baut Rolf Schöninger seine Konstruktionen. Mit denen will der 80-Jährige aber nicht losfliegen - sein Ziel ist, sich schneller fortzubewegen.

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Mit Muskelkraft und seiner Flügelkonstruktion will sich Rolf Schöninger aus Conweiler schneller fortbewegen. Auf einer längeren Distanz hat der 80-Jährige seine Flügel schon ausprobiert. Foto: Ochs

Es sieht schon beeindruckend aus, wenn Schöninger seine beiden Flügel mit Klettverschlüssen an den Armen befestigt hat, den Holzgriff umfasst und die Arme ausbreitet. Orientiert hat er sich beim Bau an den Hautflügeln der Fledermaus. Die Holzleisten sind eine Art Verlängerung der Hand. Dazwischen ist luftdurchlässiger Vorhangstoff mit Gitterstruktur gespannt.

Der Stoff ist mit 400 roten Plastikklappen, so genannte Ventilklappen, bestückt. „Rabe 3“ hat der 80-Jährige seine Vogelflügelkonstruktion genannt. Mehrere Monate hat er daran getüftelt.

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Knackpunkt in der Vogelflügelkonstruktion ist das Klapptürchen mit Netz, einer Art Luftventilklappe, die Rolf Schöninger nach Ideen von Leonardo da Vinci nachgebaut hat. Foto: PK Foto: None

80 Jahre altes Buch gibt den entscheidenden Anstoß

Die Idee, Vogelflügel nachzubauen, sei über Jahre gereift, erzählt der gebürtige Birkenfelder. Ideen für die konkrete Umsetzung erhielt er schon vor vielen Jahren bei einer Ausstellung über Leonardo da Vinci in Trier. Hier hat er die Klapptürchen mit Netz, eine Art Luftventilklappe, entdeckt. Als er in einem 80 Jahre alten Buch über das italienische Universalgenie wieder auf Bilder der Klapptürchen stieß und sich 2019 der Todestag da Vincis zum 500. Mal jährte, beschloss Schöninger, seine Vision Realität werden zu lassen.

Knackpunkt sei die Luftventilklappe gewesen. da Vinci habe erkannt, wie Vogelfedern funktionieren und wie sie sich öffnen, wenn Luft einströmt. Das nachzubauen sei zu schwierig gewesen – das habe schon der italienische Meister erkannt. Hier kommen die Klapptürchen mit Netz ins Spiel.

„Der Mensch wird nie eigenständig fliegen können, er ist zu schwer“, weiß Schöninger, den etwas anderes antreibt: Er will sich auf ebener Fläche schneller fortbewegen – ähnlich wie ein Huhn oder ein Rochen im Wasser: durch die Muskelkraft der Arme, mit umgeschnallten Flügen, Auf- und Abbewegungen und fahrbarem Untersatz, möglicherweise Rollen, unter den Füßen. Auf kurze Distanz habe er das ganze schon ausprobiert. Ein zweiter Test über längere Distanz hat vor kurzem in der Straubenhardthalle stattgefunden – mit Erfolg.

Flügel will der 80-Jährige für Sportübungen verwenden

Denkbar sei, die Flügel für sportliche Übungen zu verwenden, sagt Schöninger, dem ein Freund bei den Versuchen hilft. Denn allein kann er sich die Flügel nicht umschnallen, so der Rentner, dem es nichts ausmacht, wenn er für seine Versuche belächelt wird.

Schöninger lebt mit seiner Frau Marga seit über 55 Jahren in Conweiler. Bisher haben seine Enkel noch kein brennendes Interesse an den Flügeln bekundet, aber das könne sich noch ändern, sagt Schöninger lachend.

Schöningers Flügel waren schon bei Ausstellung zu sehen

In seine Flügelkonstruktionen – auch die beiden Vorgängermodelle, bei denen er sich aber eher an Flugzeugen orientiert hat – fließt Schöningers berufliches und technisches Wissen mit ein. Der 80-Jährige ist Werkzeugmachermeister und Konstrukteur und hat mit Dental- und Stanztechnik gearbeitet. Seine Flügel hat er 2013 bei der Ausstellung „Bodenlos“ im Staatlichen Naturkundemuseum in Karlsruhe schon gezeigt. An Pfingsten ist er zudem bei einer Technik-Schau im Ulmer Rathaus vertreten.

Nachfolgermodell schon in Arbeit

„Seine Visionen muss man immer weiterpflegen und wachsen lassen“, weiß der Conweiler, der die Möglichkeiten für seine Konstruktion noch nicht ausgereizt sieht. Derzeit arbeitet Schöninger an „Rabe 4“ – ohne Steg, aber mit vollflächigen Flügelklappen, um den Wirkungsgrad der Flügel zu erhöhen.

Sein Ziel ist es, wissenschaftliche Institutionen wie das KIT in Karlsruhe für seine Flügel zu interessieren, um seine Konstruktionen professionell weiterzuentwickeln.

Mit seinen Flügeln will der Tüftler auch der Natur Tribut zollen: „Wir Menschen haben vielerorts mit unserem hochkarätigen technischen Wissen die Natur überlistet. Sie hat aber absolute Priorität. Mein Vogelflügelnachbau soll die körpereigene Energie und dem Umweltgedanken nützen.“

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