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Schwer gebeutelt

Winzer im Enzkreis beklagen große Ausfälle durch Kälteschäden und Mehltau

Im April Frost, ein kalter Mai, viel Regen, im Juni etwas Sonne und wieder Regen. 350 Hektar Fläche sind im Enzkreis mit Reben bepflanzt. In vielen Lagen entsteht Qualitätswein. Wie wird die Ernte der Winzer ab Mitte/Ende September ausfallen?

Im Weingut von Vater und Sohn, Otto und Michael Keller, in Eisingen, sehen die Beeren gut aus, auch wenn es durch den Frost weniger Ertrag in diesem Jahr geben wird.
Im Weingut von Vater und Sohn, Otto und Michael Keller, in Eisingen, sehen die Beeren gut aus, auch wenn es durch den Frost weniger Ertrag in diesem Jahr geben wird. Foto: Heinz Richter

„Vor allem trocken sollte es bis zur Lese noch bleiben“, wünscht sich Michael Keller vom gleichnamigen Weingut in Eisingen. Nicht mehr viel Hoffnung hat Melanie Frank vom Weingut Keltenwein in Keltern-Dietlingen: Es sei „in diesem Jahr eine traurige Angelegenheit“.

Peter Wohlfarth, Geschäftsführer vom Badischen Weinbauverband in Freiburg, der 18.000 Winzerfamilien betreut, spricht von deutlichen Frostschäden aus dem April, die sich bei der Lese auswirken werden.

„Mitte Juni war die Blüte in drei bis vier Tagen durch“, erklärt der Geschäftsführer, der mit einer Lese ab dem 10. September rechnet. Die Hauptlese beginne dann ab dem 20. September. „Etwas später als im vergangenen Jahr“, sagt er. Durch die Frostschädigungen seien unterschiedliche Reifezustände entstanden. Das erfordert einen höheren Leseaufwand.

Mehltau führt zu Ernterausfällen

Insgesamt rechnet der Geschäftsführer nur mit einem Ertrag von 50 Prozent gegenüber dem normalen Durchschnitt. „In guten Bereichen zeigt der Spätburgunder bereits ein optimales Durchfärben“, betont Wohlfarth auch einen positiven Aspekt.

Probleme mache jedoch der falsche Mehltau, ein Pilz, der artentechnisch als „Peronosporaceae“ bezeichnet wird und die Feuchtigkeit mag. Er wird vor allem zu Ernteausfällen führen.

Aber auch der echte Mehltau, von Biologen „Erysiphaceae“ genannt, hat einige Sorten belegt. Bei dem relativ kalten Sommer wird auch mit dem Schädling, der Kirschessigfliege, jetzt kurz vor der Lese gerechnet. In Württemberg gab es bereits einen Aufruf zur Bekämpfung. „Dieses Jahr ist mit den Vorjahren nicht vergleichbar“, attestiert der Geschäftsführer.

Ähnlich sieht das Katharina Kohl, die beim Landratsamt in Rastatt auch für die Weinbauberatung im Enzkreis zuständig ist. „Der Pilz war der Hauptschadenerreger, dazu die Nässe und die Temperatur“, sagt die Fachberaterin. Die Sporendichte konnte sich nicht entwickeln.

„Lange Zeit passierte im kühlen Frühjahr nichts. Dann ging es ab mit der Vegetation und innerhalb einer Woche mussten alle Arbeiten vorgenommen werden, da kamen viele nicht mehr mit“, befürchtet Kohl.

Fast jeder Betrieb klagt über Pilzbefall

Und sie sagt auch, wie das Wetter jetzt vor der Lese noch sein sollte: „Kalte Nächte und tagsüber schön sonnig, dann bilden sich noch ein paar Oechsle mehr“. Es gäbe wohl kaum einen Betrieb, der keinen Pilzbefall zu beklagen hatte, sagt sie. Katharina Kohl rechnet mit einer Ernte Anfang Oktober.

„Durch den nassen Sommer wird das kein fröhlicher Artikel“, meint Melanie Frank vom Weingut Frank/Deeg in Keltern-Dietlingen, das Weine wie den Ellmendinger Keulenbuckel und den Dietlinger Kepberg keltert. Zehn Hektar werden bewirtschaftet. Frank rechnet mit einem Schaden durch den vielen Regen je nach Sorte im Schnitt von 75 Prozent.

Lese beginnt in Keltern-Dietlingen am 25. September

In Keltern-Dietlingen beginnt die Lese am 25. September. Der Frost hat in ihrem Weingut keinen so großen Schaden angerichtet, sondern eher der Pilz und die Feuchtigkeit. „Die Nischen-Rebsorten haben den Regen am besten vertragen“, erklärt sie und glaubt, dass der Schaden noch größer werden könnte: „Ich denke, die Kirschessigfliege wird auch noch kommen“.

„Viel Regen, Krankheiten, Frost und Hagel“ werden in seinem Weingut einen Schaden von 30 bis 40 Prozent anrichten, zählt Andy Silber aus Knittlingen auf. „Falls der Mehltau von der Ernte noch etwas übrig lässt, dürfte die Qualität durchschnittlich sein“, meint der Knittlinger Winzer. Der Lemberger leidet vor allem noch vom Frost und Silber sagt, er habe die Kirschessigfliege schon gesehen.

Von all diesen Problemen hat Patricia Jaggy aus Ötisheim als große Ausnahme hingegen noch wenig bemerkt. „Wir hatten sehr viel weniger Regen als Drumherum“, sagt sie dankbar. Ansonsten helfe nur schnelles Handeln: „Beim Pilz muss man sofort spritzen. Wer das zu spät macht, hat die Infektion in den Reben“.

Ab einem gewissen Zeitpunkt kontrollieren wir die Reben deshalb täglich.
Patricia Jaggy, Winzerin aus Ötisheim

Die Kirschessigfliege sei allerdings immer da und komme in die Weinberge, wenn reife Früchte vorhanden sind. „Ab einem gewissen Zeitpunkt kontrollieren wir die Reben deshalb täglich“, erklärt die Winzerin. In Ötisheim beginnt die Lese am 20. September mit den frühen Sorten. „Jetzt brauchen wir Sonne, Wasser hatten wir genug“, wünscht sich Patricia Jaggy.

„Am Anfang war der viele Regen positiv für die gesamte Natur“, beobachtet Michael Keller, der zwei Hauptlagen in Eisingen und Dürrn bewirtschaftet. Aber dann seien die Sorgen gekommen, was das für den Jahrgang bedeutet. Die Regenfälle in den vergangenen Wochen hätten die Winzer definitiv nicht mehr gebraucht.

Frost verursacht Schäden bis zu 70 Prozent

„Der Frost hat bei uns zu Schäden zwischen 30 und 70 Prozent geführt“, so Michael Keller weiter. Mit erheblichem Mehraufwand mit allen Kräften im Wengerter konnte größerer Schaden verhindert werden.

Durch wenig Laub zu allen Zeiten konnte auch der falsche Mehltau weitgehend verhindert werden. Wenn jetzt das Wetter noch mitmacht und der Schädling nicht auftritt, hofft er „mit einem blauen Auge davon zu kommen“.

„Bis Mitte Juli sah es ganz gut aus. Aber dann hörte es nicht mehr auf mit dem Regen. Am besten wir führen irgendwann als fünfte Jahreszeit Regen ein“, erklärt Jens Rüdiger aus Straubenhardt ironisch. Sein Weingut wird biologisch bewirtschaftet, auch im Hinblick auf den Pflanzenschutz. „Der blieb wegen dem vielen Regen nicht auf den Pflanzen haften“, sagt der Winzer. Jetzt hofft er auf Sonne: „Wenn es nicht aufhört zu regnen, sieht es mau aus.“

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