
Eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Pforzheim, es ist aus Sicht des Kreisvorsitzenden der CDA Enzkreis/Pforzheim, Frank Johannes Lemke, „ein Thema, mit dem man keinen Blumentopf gewinnen kann“. Die Bevölkerung ist zwiegespalten.
Auch wenn viele die Not der Flüchtlinge sehen, so ist Pforzheim doch die Stadt mit der höchsten Migrations- und Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg und es gibt Zweifel, ob diese Stadt in der Lage ist, eine solche Erstaufnahmestelle zu stemmen.
„Dennoch hat es unser Oberbürgermeister in die Hand genommen, das Thema anzusprechen, weil es bedeutsam ist für die Stadt“, so Lemke.
Karlsruhe betreibt seit Jahren Einrichtungen und hat positive Erfahrungen
Die Die CDA Enzkreis/Pforzheim, der Ortsverband der CDU im Arlinger und der Arbeitskreis „Innere Sicherheit“ der CDU wollen sich der Thematik stellen. Am Mittwochabend bot sich im im Erich-Bähner-Haus die Gelegenheit, sich bei einer Gesprächsrunde unter anderem mit dem Karlsruher Bürgermeister Martin Lenz (SPD) und dem dortigen Ukrainekoordinator, Faris Abbas, aus erster Hand zu informieren.
Karlsruhe betreibt seit vielen Jahren solche Einrichtungen und hat damit durchaus positive Erfahrungen gemacht. Ratschläge, wie die Pforzheimer handeln sollen, wolle er aber bewusst nicht geben, räumte Lenz ein. „Sie vor Ort wissen am besten, was für ihre Stadt und für ihre Bürger gut ist.“
Stattdessen schilderte er die Situation in Karlsruhe, als 2015 im ganzen Land Aufnahmestellen für die syrischen Flüchtlinge benötigt worden sind. „Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat uns nicht informiert, dass auch in Karlsruhe Liegenschaften gesucht werden.“
Die Gespräche mit der Behörde seien zunächst „sehr konflikthaft“ gewesen, „weil wir sie gerne dezentral in kleineren Einheiten untergebracht hätten“, während das Regierungspräsidium über eine Erstaufnahmestelle nachgedacht hat, in der 5.000 Menschen unterkommen können.
Karlsruher Bürgermeister Lenz spricht von wenig fremdenfeindlichen Übergriffen
„Jetzt bist du als Kommune, egal ob Pforzheim, wir oder Stuttgart, davon abhängig, was die staatlichen Ebenen so mit einem machen wollen.“ Da habe es sich bewährt, den direkten Draht zu suchen und in Gesprächen die beste Lösung für alle Beteiligten zu finden.
In Karlsruhe waren es am Ende zehn Einrichtungen, von denen heute noch zwei existieren, eine davon mit einer Kapazität für bis zu 1.000 Menschen. Transparenz durch Öffentlichkeitsarbeit sei damals eine wichtige Sache gewesen, betonte Lenz. In der Bürgerschaft wurden die Aufnahmestellen akzeptiert.
Wer mit vielen Menschen untergebracht ist, kann oftmals nicht die einfachsten Hygieneregeln einhalten und ist damit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt.Thomas Lutz, stellvertretender Geschäftsführer Diakonie Pforzheim
„Wir hatten keinen einzigen fremdenfeindlichen Übergriff“, erzählte Lenz. Stattdessen hätten sich „unglaublich viele privat engagierter Menschen um jeden einzelnen Standort rum gefunden, die das soziale Miteinander organisiert haben“. Es habe einen Anstieg bei der Kleinkriminalität gegeben, bei Ladendiebstählen etwa.
„Wichtig war dann, einen Sicherheitsrat im Rathaus als Instrument zu haben“, der 14-tägig zusammenkam und aus Vertretern unter anderem des Regierungspräsidiums und der Polizei bestand. „Dadurch haben wir die Lage gut in den Griff bekommen“, so Lenz.
Diakonie spricht sich gegen einzige Erstaufnahmestelle aus
Auch der stellvertretende Geschäftsführer der Diakonie Pforzheim, Thomas Lutz, empfand dezentrale Unterbringungen als die bessere Variante gegenüber einer einzigen Erstaufnahmestelle mit hohen Flüchtlingszahlen, vor allem mit Blick auf Privatsphäre und Integration.
„Große Unterkünfte bergen große Gefahren“, mahnte Lutz. Das habe nicht zuletzt die Pandemie offengelegt. „Wer mit vielen Menschen untergebracht ist, kann oftmals nicht die einfachsten Hygieneregeln einhalten, kann keinen Abstand wahren und ist damit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt“, gab er zu bedenken.
Um zudem bessere Akzeptanz bei der Bevölkerung zu erreichen, forderte der Sprecher des Arbeitskreises Innere Sicherheit beim hiesigen CDU-Kreisverband, Marius Miztl, in Sachen Abschiebungen nachzubessern.
„Zu einer gelungenen Zuwanderungspolitik gehört auch, dass wir nicht nur die Einwanderung ermöglichen und sie koordinieren, sondern dass wir Menschen auch wieder in ihre Heimatländer bringen, wenn festgestellt wurde, dass sie nicht bei uns bleiben können.“