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Illegale Sparmaßnahme

Gastronom aus Pforzheim soll mit einem Magneten seinen Stromzähler gebremst haben

Sparfüchse gibt es überall. Etwas übertrieben haben soll es ein 30-jähriger Gastronom. Die Staatsanwaltschaft am Amtsgericht Pforzheim warf dem Mann vor, mit einem Magneten den Stromzähler manipuliert zu haben.

Das Zählwerk eines Stromzählers.
Ein Elektriker hat ein zigarettenschachtelgroßes Extra an einem Stromzähler entdeckt. (Symbolfoto) Foto: Jens Büttner/zb/dpa

Zwischen Januar und Juni 2019 soll ein Gastronom seinen offiziellen Stromverbrauch mit einem Magneten am Zähler um die Hälfte halbiert haben. Ersparnis in einem halben Jahr: knapp 3.000 Euro. In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Pforzheim wurde der 30-Jährige am Donnerstag von Richterin Stephanie Ambs vom Vorwurf der Fälschung technischer Aufzeichnungen freigesprochen.

Die Höhe der ursprünglich aufgerufenen Strafe von über 10.000 Euro zeigte aber auch, dass eine Stromzähler-Manipulation nicht zur Energie-Sparmaßnahme taugt.

Aufgeflogen war die Schummelei eher zufällig: Der Elektriker hatte am 5. Juni eigentlich den Auftrag, den Zähler einer Mieterin in dem Pforzheimer Mehrfamilienhaus zu wechseln, als seine Blicke magnetisch von einem zigarettenschachtelgroßen Extra angezogen wurden.

Elektriker entdeckt illegalen Magneten

Sofort nutzte der Elektriker die Gelegenheit zur Foto-Dokumentation, als er den Tatort kurz verließ und später zurückkehrte, war das illegale Anbringsel allerdings bereits wieder verschwunden.

Dem Nutznießer der Ersparnis flatterte ein Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 150 Euro ins Haus. Der Gastronom, der derzeit auf Kosten seiner Eltern leben muss, legte Einspruch ein und bestritt jegliche Urheberschaft für die angeklagte Fälschung technischer Aufzeichnungen, die ihm bis dato überhaupt nicht aufgefallen sei.

Immerhin habe er seinen Betrieb mit echten Energiesparmaßnahmen aufgerüstet, wie beispielsweise einer Umstellung auf LED-Lampen oder der Installation eines effizienteren Kühl-Systems

Pforzheimer Amtsgericht kann Tat nicht nachweisen

Den Einbau der illegalen Sparmaßnahme konnte ihm am Donnerstag vor Gericht nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Spur des Beweisfotos führte zwar zur Tat, aber eben nicht zum Täter, und ausgerechnet die Aussagen von zwei Mitarbeitern des Stromversorgers waren im Zeugenstand von Gedächtnisschwächen, technischer Unwissenheit und Nichtzuständigkeit geprägt.

Der Elektriker konnte sich er nach dem Studium einer Mail an die Rechtsabteilung vage daran erinnern, dass der Technikraum vielleicht doch abgeschlossen war und dass ausgerechnet der Angeklagte ihm aufgeschlossen haben könnte.

Auch seine Mutmaßungen zum Angeklagten, den er auch gleich zum Besitzer des Mehrfamilienhauses mit einzigem Stromzähler-Zugang erkor, wurden widerlegt oder blieben bestenfalls ungeprüft.

Stromverbrauch halbiert

In punkto der Manipulations-Technik verwies er auf seinen zuständigen Kollegen für Geräteeichungen, auf die Möglichkeiten von Online-Bestellungen und das Internet, in dem der Magnet-Trick indes gerne als Humbug bezeichnet wird.

Abgebucht wird ein Abschlag auf Basis des Vorjahresverbrauches von 2018. Da kann die Ersparnis nicht auffallen.
Stefan Rothenstein, Verteidiger

Der kaufmännische Mitarbeiter des Stromversorgers schätzte anhand der Vergleichsdaten aus dem Vorjahr einen halbierten Verbrauch. Auch an der Hochrechnung des Schadens von rund 500 Euro monatlich unter Annahme eines exakt gleichen Strombedarfs meldete Verteidiger Stefan Rothenstein Zweifel an.

Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass seinem Mandanten einem Plus auf seinem Konto hätte ins Auge springen müssen, widerlegte Rothenstein: „Abgebucht wird ein Abschlag auf Basis des Vorjahresverbrauches von 2018. Da kann die Ersparnis nicht auffallen.“

Richterin Ambs folgte den angemeldeten Zweifeln der Verteidigung und sprach den Angeklagten frei. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15 Euro gefordert.

Billig dürfte der Gastronom trotzdem nicht zwangsläufig davonkommen. Der geschädigte Stromanbieter könnte den „gesparten“ Betrag beispielsweise über eine Zivilklage geltend machen.

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