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Hilfe für die Ukraine

Spendenbereitschaft in Pforzheim lässt nach

Der Krieg in der Ukraine löste eine immense Spendenbereitschaft auch in Pforzheim aus. Derzeit sinkt sie wieder, obwohl der Bedarf weiter groß ist. Wie gehen Organisationen damit um und was wird benötigt?

Mann ordnet Sachspenden beim IB in Pforzheim ein
Frank Federl, Ausbilder beim Bildungsträger Internationaler Bund, bestückt die Regale mit Geschirr und anderen Küchenutensilien, die für Flüchtlinge aus der Ukraine bestimmt sind. Foto: Abdurrahman Özban

Es ist gerade sechs Wochen her, als das „Starke Bündnis für die Ukraine“ von einem stattlichen Spendenaufkommen im Wert von fast einer Million Euro berichtete. Während der Krieg unvermindert weiter tobt, scheint hierzulande die Bereitschaft, Geld zu geben, zu sinken.

Frauen richten bei der Pforzheimer Stadtmission Spenden
Sachspenden: Rebekka A., Patricia B. und Katja K. sortieren in der Sammelstelle der Pforzheimer Stadtmission Satt- und Saubermacher in Pakete, die dann vom Verein DHHN in die Ukraine gebracht werden. Lebensmittel sind derzeit aber ein seltenes Gut. Foto: Maik Armbruster

Das stellen die Verantwortlichen im Bündnis fest, in dem neben dem Caritasverband die Deutsch-Rumänische und Deutsch-Ungarische Gesellschaft, die CDU Enzkreis/Pforzheim sowie viele weitere Bürger und Vereine vertreten sind. „Dabei kümmern wir uns jetzt um knapp 100 Heimkinder in der Ukraine, die vor Wochen aus der Ostukraine flüchten mussten“, schildert Caritas-Chef Frank Johannes Lemke eine Situation, die sich weiter zugespitzt hat. „Die Heime wurden ausgebombt. Die Kinder leben jetzt in drei Zeltlagern in der Westukraine.“

Besonders dramatisch sei, dass zwei ihrer Erzieher auf der Flucht erschossen wurden, so Lemke weiter. Erst in der vorvergangenen Woche habe das Bündnis einen Lkw mit Lebensmitteln, Schlafsäcken, Medikamenten und anderer Dinge überführt. „Für diese Kinder benötigen wir dringend Geldspenden.“

In den letzten Wochen kam kaum noch Geld rein.
Erika Klefenz, Caritas

Caritas-Mitarbeiterin Erika Klefenz berichtet, dass sich zwar einzelne Leute nach der entsprechenden Kontonummer erkundigten. „Aber in den letzten Wochen kam kaum noch Geld rein.“ Vielleicht sei das Thema einfach nicht mehr in den Köpfen drin, vermutet sie.

Michaela Endres erlebt es ähnlich. Im Verein für Pflege und Betreuung Paul Gerhardt ist Endres Ansprechpartnerin für die Ukraine-Hilfe. Die Spendenbereitschaft sei anfangs überwältigend gewesen, schildert sie.

Vor allem an Mehl, Öl und Hygieneartikeln fehlt es

Der Pforzheimer Verein unterhält wie die Stadtmission eine Sammelstelle. Gemeinsam koordiniert man dort Lieferungen, die die Deutsche Humanitäre Hilfe Nagold (DHHN) dann mehrmals im Monat in die Ukraine fährt. Zuletzt wurden vor allem Kleidersäcke auf die Reise geschickt. Hingegen seien Lebensmittelspenden „extrem zurückgegangen“. Endres vermutet die Auswirkungen des Kriegs als Grund für die Zurückhaltung. „Lebensmittel sind knapp, die Kosten steigen immer mehr.“ Besonders Produkte wie Mehl und Öl seien rückläufig sowie Hygieneartikel.

Anders als bei der Stadtmission, die mit Geldspenden Lebensmittel für die Transporte in die Ukraine kauft, gehen bei „Paul Gerhardt“ in der Frankstraße ausschließlich Sachspenden ein. Endres berichtet davon, wie kurz nach Kriegsbeginn Schulklassen Sachen vorbeibrachten und Mütter mit Babynahrung kamen. „Es war sehr berührend.“

Die erste Welle der Solidarität ist offenbar abgeebbt. Jetzt hätten wohl viele Menschen Angst, finanziell selbst nicht mehr klar zu kommen, meint Endres. „Auch wenn das Thema nicht mehr so präsent und brisant in den Medien ist: Wir müssen dran bleiben, denn die Lage hat sich eher noch verschärft.“

Seit Kriegsbeginn habe sich die Liste benötigter Sachspenden erweitert. Gebraucht werden neben Matratzen und Bettzeug auch Verbandsmaterial und Medikamente, selbst wenn diese abgelaufen seien.

Kleiderkammer in der Pforzheimer Bleichstraße ist wieder gut gefüllt

Kürzlich ging der Internationale Bund (IB) mit einem alarmierenden Aufruf an die Öffentlichkeit: Vom deutlichen Rückgang der Spendenbereitschaft zugunsten ukrainischer Flüchtlinge war auch dort die Rede.

Nun habe sich die Lage aber wieder entspannt, lässt Fabienne Kögel wissen. Die Kleiderkammer in der Bleichstraße sei wieder gefüllt. Und der Bedarf an gut erhaltenen Kleidern und Schuhen sowie an Küchenausstattung wie Kochtöpfen und Besteck sei weiterhin groß. Benötigt werde alles, „was man braucht, wenn man umzieht und gar nichts hat“, erklärt Kögel.

Lebensmittel können wir weiterhin gebrauchen.
Uli Limpf, Stadtmission Pforzheim

Der IB sei derzeit dabei, eine neues Spendenfeld zu organisieren. Es geht um Möbel und hier habe das Angebot zwischenzeitlich die Kapazitäten sogar überschritten. „Teilweise mussten wir Leute bitten, die Möbel vorübergehend noch zu lagern.“ Aus der Zusammenarbeit mit dem IB Polska weiß sie, dass es auch in Polen wieder mehr Möglichkeiten gibt, um Hilfsgüter zu lagern, bis sie weiter in die Ukraine gebracht werden.

Stadtmission benötigt dringend Lebensmittel für den Transport in die Ukraine

Die Stadtmission sammelt zum einen Geld für Lebensmittel und Transportkosten. Sie nimmt aber auch Hilfsgüter entgegen: Kartons mit Lebensmitteln und anderen Dingen des Bedarfs, die dann von den Lastwagen des DHHN in die Ukraine befördert werden. Dass die Spendenbereitschaft nachlässt, hält Stadtmissionar Uli Limpf für ganz natürlich. Bei der Flüchtlingskrise 2015 sei es ähnlich gewesen. Hilfsgüter habe man derzeit ausreichend, erklärt er, mit Ausnahme von Lebensmitteln. „Lebensmittel können wir weiterhin gebrauchen.“

Laut Maik Armbruster, der bei der Stadtmission die Spenden koordiniert, würde es „enorm helfen“, wenn Leute regelmäßig mehrere Päckchen mit Hygieneartikeln, Speiseöl, Reis, Zucker, Mehl, Haferflocken, Gries, Nudeln sowie Schokolade spendeten, mit mindestens zweimonatiger Haltbarkeit. „Das kostet den Einzelnen nur wenige Euro, wird in unserer Sammelstelle komplettiert und hilft Menschen zu überleben“, so Armbruster. Auf der Homepage der Stadtmission gibt es Packlisten.

Fragen können Spendewillige an die Email-Adresse richten: hilfspaket@pforzheimer-stadtmission.de.

Im Kleiderladen des DRK Kreisverbands Pforzheim-Enzkreis können sich Flüchtlinge aus der Ukraine mit Hygieneartikeln, Kosmetika, Bettwäsche und Babysachen eindecken. Dort registriert man, dass die Nachfrage nur „ganz leicht“ nachlasse.

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