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Widersprüchliche Aussagen

Paar wegen Menschenhandels und Vergewaltigung in Pforzheim vor Gericht

Mehr als sieben Jahre nach den mutmaßlichen Taten wird nun am Amtsgericht verhandelt. Licht ins Dunkel sollen die Aussagen der beiden Opfer bringen.

am ersten Verhandlungstag wurde kein Zeuge in den Zueugenstand gerufen.
am ersten Verhandlungstag wurde kein Zeuge in den Zueugenstand gerufen. Foto: Arnd Waidelich

Viel widersprüchlicher kann die Besetzung einer Anklagebank kaum sein, als bei einem Prozess bei dem sich ein rumänisches Paar vor der Außenkammer des Landgerichts Karlsruhe am Amtsgericht Pforzheim wegen gemeinschaftlich begangenen Menschenhandels verantworten muss.

Neben Menschenhandel warf Staatsanwalt Sven Müller den beiden Vergewaltigung, Körperverletzung und Förderung von Prostitution vor. Von Gemeinsamkeit konnte nach der von Müller verlesenen Anklageschrift absolut keine Rede sein.

Es war mithin ein recht unorthodoxer Fall, den die Kammer verhandelte. Beginnend schon damit, dass es nach der Erstellung einer ersten Klageschrift im September 2015 „endlich nach vielen Anläufen“ wie Richter Andreas Heidrich formulierte, zur Prozesseröffnung kam. Schon im September 2013 nämlich soll eine 17-jährige Rumänin von einer in Pforzheim wohnenden Landsmännin unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Pforzheim gelockt worden sein.

Statt wie versprochen in der Küche eines Restaurants, landete sie als Prostituierte in einem Pforzheimer Club. Einen Monat lang sei sie in einer Wohnung festgehalten, geschlagen und mehrfach vergewaltigt worden, bevor ihr die Flucht gelang und sie Ende 2013 Anzeige bei der Polizei erstattet. Einem zweiten Opfer widerfuhr Ähnliches.

In der Vernehmung zeichnete sich die als Komplizin angezeigte Frau als komplettes Unschuldslamm, das selbst Opfer ihres Mitangeklagten gewesen sei. Mit Schlägen und Drohungen habe der Vierzigjährige sie immer wieder zu Liebesdiensten bei Freiern gezwungen und sie selbst aus Rumänien für genau diesen Zweck nach einer Flucht wieder zurückgeholt. Sie sei von ihm auch vergewaltigt worden. Geld habe sie für die Liebesdienste nie erhalten. Sie habe im Gegenteil die Urlaube des mittlerweile sechsfachen Familienvaters finanziert.

Geständnis auf Druck des Mitangeklagten?

Die 17-Jährige Landsmännin habe sie ebenfalls nur auf Betreiben ihres Peinigers nach Deutschland gebracht. Ein bei der Polizei in Euskirchen abgegebenes Geständnis, sie sei selbst schon seit vier Jahren als Prostituierte unterwegs und habe dieses Geschäft schon in Rumänien auf der Straße betrieben, sei ebenfalls nur unter Druck des Mannes entstanden.

Vom Mitangeklagten war das genaue Gegenteil zu hören. Die Frau habe ein Liebesverhältnis mit ihm angefangen. „Sie wollte, dass ich mich von meiner Frau trenne, sie heirate und ihr selbst ein Kind mache“, schilderte er eine andere Situation. Er habe ihr geholfen in Rumänien von der Straße wegzukommen und lukrative Jobs in Clubs in Heidelberg und Mannheim verschafft. Sie habe ihm kein Geld gegeben. Keine Ahnung habe er davon gehabt, dass das zweite, aus Rumänien vermittelte Mädchen noch keine achtzehn Jahr alt gewesen sei. Er habe es überhaupt nie angerührt, schon gar nicht vergewaltigt.

Licht im Dunkel und der Verwirrung erhofft sich Richter Andreas Heidrich von den Aussagen der beiden Opfer. Sie sind als Hauptzeuginnen geladen, wenn der Prozess am Mittwoch, 3. Mai, um neun Uhr im großen Saal des Amtsgerichts Pforzheim fortgesetzt wird.

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