Das Landgericht hat die Strafe für Messerstiche nach einem misslungenen Haarschnitt nach unten korrigiert. Statt einer Freiheitsstrafe von vier Jahre, muss der Mann ein halbes Jahr weniger verbüßen.
Auf einem Parkplatz an der Autobahn 8 bei Pforzheim waren zwei Lkw-Fahrer am 4. April 2020 gewaltig aneinander geraten. Ursache: ein als Glatzkopf missratener Haarschnitt.
Die Meinungsverschiedenheit über die vermeintliche frisurentechnische Katastrophe lief völlig aus dem Ruder. Der kahl Rasierte revanchierte sich 30 Minuten nach dem „Friseurtermin“ mit zwei Messerstichen. Einer ging in die Hüfte, einer in den Oberbauch.
Täter zunächst zu vierjähriger Haftstrafe verurteilt
Nach der operativen Notversorgung starb das Opfer drei Tage später, allerdings nicht notwendigerweise an den Folgen der Verletzung, sondern an einem Herzinfarkt.
Das Landgericht Karlsruher verurteilte den Täter am 2. November 2020 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Die von seinen Verteidigern am Bundesgerichtshof (BGH) eingereichte Revision war teilweise erfolgreich.
Unterschiedlich zum Urteil der Schwurgerichtskammer des Landgerichts unter Fernando Sanchez-Hermosilla werteten die Obersten Richter die Bedeutung des Blutalkoholwerts des Angeklagten. Der BGH wies das Landgericht deshalb am 21. Mai 2021 an, den Fall noch einmal zu verhandeln.
Blutalkoholgehalt entscheidend
Am Schuldspruch selbst wollte der BGH nicht rütteln. Die Strafzumessung allerdings wurde aufgehoben. Entscheidend für die andere Beurteilung war der Blutalkoholgehalt.
Anders als das Landgericht wertete der BGH die Frage, ob angesichts eines Blutalkoholwertes von 3,47 Promille von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen werden könne.
Das Landgericht hatte diese Frage deshalb verneint, weil der Angeklagte sich selbst wissend und schuldhaft in seinen Zustand versetzt habe. Das wurde vom BGH als „rechtsfehlerhaft“ gerügt.
Unter der Leitung des Vizepräsidenten des Landgerichts, Ulrich Bunk, sollte nun eine neue Strafzumessung erarbeitet werden. Nur mit Zähneknirschen mochte Staatsanwalt Mirko Heim der Auflage des BGH folgen.
Die 3,47 Promille hätten maximal zur Einschränkung nicht aber zur Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führen können. Heim fragte sich, ob man von einem minder schweren Fall sprechen könne, „wenn jemand wegen einer Nichtigkeit mit einem Messer auf einen anderen einsticht und den Bauch aufschneidet“. Selbst verschuldete Alkoholisierung könne keine Minderung bringen. Vier Jahre halte er weiterhin für schuldangemessen.
Verteidiger fordern Bewährungsstrafe
Sowohl Pflichtverteidiger Hannes Linke als auch Wahlverteidiger Eduard Karabelnikov sahen hingegen sehr wohl eine verminderte Schuldfähigkeit durch den schwer alkoholisierten Zustand ihres Mandanten. Beide plädierten auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle.
So weit ging Ulrich Bunk in seinem Urteil nicht. Ein gewisse Strafminderung billigte er zu, beließ es aber bei einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Die Staatskasse müsse ein Viertel der Prozesskosten tragen.