Als vermeintlich 17-Jähriger schickte der Mann seinem zwölfjährigen Opfer zwischen dem 5. und 25. April 2019 intime Fotos und ein Masturbations-Video im Austausch für intime Bilder des Mädchens. Als er sich jedoch als Erwachsener outete, sagte die Minderjährige das erste Treffen prompt ab.
Der Angeklagte nahm die Abfuhr nicht gut auf und drohte mit Bloßstellung. Das Opfer informierte die Mutter, die benachrichtigte die Polizei. Diese wiederum durchsuchte die Wohnung des Mannes und stellte Handys, Laptop und Speichermedien sicher. Darauf befanden sich weitere Dateien – fast 90.000 Fotos und mehr als 450 Videos.
Die Ermittler konnten daraufhin zwei weitere Mädchen ausfindig machen, die der Angeklagte im Juli und August 2018 ähnlich kontaktiert hatte.
Verteidiger plädierte für Freispruch
Sexueller Missbrauch von Kindern und Verbreitung kinderpornografischer Schriften lauteten die Vorwürfe von Oberstaatsanwalt Tobias Wagner, von denen der Angeklagte überhaupt nichts wissen wollte. Bereits zu Prozessbeginn verdeutlichte Verteidiger Dietmar Kaspari seine Taktik in Richtung Freispruch.
Er kreidete der Polizei einseitige Ermittlungen an, beharrte auf der Möglichkeit eines Hackerangriffes und untergeschobenem Belastungsmaterial und forderte nebst Penis-Vergleich-Gutachten auch ein EDV-Gutachten zum potenziellen Einsatz von Schadsoftware auf den Endgeräten seines Mandanten. „Schon ein Student im dritten Semester kann auf einen fremden Laptop zugreifen“, erklärte der Anwalt.
Das könnte auch das ominöse Auftauchen der anzüglichen Konversation auf dem Handy des 23-Jährigen erklären. „Da war plötzlich ein ganzer Verlauf, den ich nie geschrieben habe. Bevor ich den lesen konnte, war schon der Tag X da“, verwies der Angeklagte auf ein angeblich fremdgesteuertes Smartphone.
Als Alibis für den Chatverkehr führte er zudem an: Einen Urlaub in Italien im April 2019, der ihn tagelang am Chatten gehindert habe sowie den Geburtstag seines Vaters am Tag des Vorfalls im Juli 2018, an dem der Angeklagte stundenlang ununterbrochen mit Freunden an der Play-Station beschäftigt gewesen sein wollte.
Mutter beteuert Unschuld ihres Sohnes
Die Mutter zog im Zeugenstand noch einmal alle Register zur Unschuldsbeteuerung ihres Sohnes: 24-Stunden-Überwachung im Urlaub, bei dem ihr sogar im Schlaf aufgefallen wäre, wenn der Sprössling im Nachbar-Bett in der Nacht ins Smartphone getippt hätte.
Überhaupt wäre dem 23-Jährigen das keinesfalls fehlerfrei gelungen wie im vorliegenden Chat. „Mein Sohn ist Legastheniker.“ Und dann sei da noch eine Person aus Pforzheimer Polizeikreisen gewesen, die sie alle mit Falsch-Belastungen drangsaliert habe, um sich die Wohnung der Familie anzueignen.
Oberstaatsanwalt Tobias Wagner verwarf die Einlassungen zu Datenmanipulationen als hanebüchene Verschwörungstheorien, für die es keine Anhaltspunkte gebe und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, sowie eine Geldauflage von 7.500 Euro. Das Jugendschutzgericht folgte dem Antrag und ergänzte diesen noch um verpflichtende Beratungsgespräche. Der Angeklagte muss die Kosten des Verfahrens tragen. Außerdem werden Datenträger und Mobilgeräte eingezogen.