Entweder sieht der Betrachter das fertige Kunstwerk, oder er kann bestenfalls einen Moment lang hinter den Vorhang des künstlerischen Schaffens blicken als Außenstehender. Das ist es auch, was Kuratorin Chris Gerbing am „Mobilen Atelier“ so gefällt: „Die Besucher können den Prozess erleben.“
Von Alexander Weber vom Kulturamt etwa wird an der Theater-Unterführung das aufgegriffen, was der Bayer „fensterln“ nennen würde: Dank eines Podests vor einem von den Technischen Diensten aufgestellten Bauwagen ist es möglich, der Karlsruher Künstlerin Franziska Schemel durchs Fenster über die Schulter zu schauen.
Da die Inzidenz in Pforzheim unter 35 liegt, dürfen auch einzelne Besucher einen Blick in das mobile Atelier werfen, das bis zum 29. Juli von insgesamt fünf Künstlern „besetzt“ wird. „Wir haben 13,5 Quadratmeter, eine Person pro sieben Quadratmeter sind erlaubt“, sagt Organisator Weber.
Fünf Kunstschaffende an fünf verschiedenen Orten
An fünf verschiedenen Orten werden die fünf Kunstschaffenden den künstlerischen Prozess mitten unters Volk bringen. Die Idee ist nicht der Pandemie zu verdanken, bereits vor Jahren sei klar gewesen, dass man an das vor sechs Jahren eröffnete mobile Museum anknüpfen will, so Kulturamtsleiterin Angelika Drescher. „Erobere deine Stadt, gestalte sie mit“ ist bei vielen Projekten das Credo, wie sie weiter erläutert.
Mitmachen wird unter Umständen schwierig sein, aber nicht unmöglich. So wird Fero Freymark aus Weissach-Flacht – der als einziger Künstler vom Amt als Wunschkandidat vorgegeben war – auch Zeichenutensilien für Besucher mitbringen.
Und auch Franziska Schemel wird alles andere tun, als sich im Bauwagen zu verschanzen. Bei Regen hat sie den Vorteil, bis 1. Juli unter dem Dach vor der Unterführung auch draußen ihre Kunstwerke zeigen und erläutern zu können.
Diese haben übrigens sehr viel mit Pforzheim zu tun. Seit Jahren, so erläutert Kuratorin Chris Gerbing, sei die Künstlerin damit beschäftigt, „Unterbauwerke für Fußgänger“ zu fotografieren. Und sie hat entdeckt, dass Pforzheim viele Traversen dieser Art hat.
Die Organisatoren freuen sich, dass auch die Theatertraverse mit ihren knallgelben Umrahmungen Teil eines Kunstwerks geworden ist. Denn Franziska Schemel benutzt die kleinformatigen Fotografien, um den darauf festgehaltenen Lichteinfall mit Aquarell in ihrer eigenen Vorstellung fortzuführen.
Die Kunst kommt zu den Bürgern
Bei der Auswahl der Künstler sei es ihr darauf angekommen, „möglichst viele verschiedene Künstler und möglichst viele verschiedenen Techniken“ unter die Menschen zu bringen, so Kuratorin Chris Gerbing.
Die Kunst kommt zu den Bürgern, das kann man nun folgendermaßen erleben: Franziska Schemel wird an der Theater-Unterführung bis 1. Juli wirken, Eva-Maria Lopez (Paris, Karlsruhe) vom 2. bis 8. Juli an der Nordseite des Marktplatzes, Thaddäus Hüppi (Baden-Baden) vom 9. bis 15. Juli am Goldschmiedesteg an der Enz, Fero Freymark (Weissach-Flacht) vom 16. bis 22. Juli im Blumenhof neben dem Treppenaufgang und Sabine Classen (Karlsruhe) vom 23. bis 29. Juli in der Fußgängerzone, vor der Westlichen Karl-Friedrich-Straße 20. Gefördert wird das Projekt unter anderem von der Bundesstiftung im Rahmen von „Neustart Kultur“.