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„Ein zweites Amazon wird es nicht geben“

Neues Ansiedlungskonzept: Welches Gewerbe künftig nach Pforzheim kommen soll

Wer in Pforzheim eine Gewerbefläche haben will, muss künftig ebenso nachhaltig bauen wie zu den drei Hauptclustern passen. Dies gibt die Wirtschaftsförderung für ein Ansiedlungskonzept vor, über das der Gemeinderat aber erst noch entscheiden muss.

Neubauten im Gewerbegebiet Buchbusch
Rege Bautätigkeit: Freies Gelände gibt es kaum noch im vergleichsweise jungen, 39 Hektar großen Gewerbegebiet Buchbusch. Foto: Björn Fix

Das Ochsenwäldle ist nicht alternativlos als künftige Gewerbefläche. Aus Sicht der Pforzheimer Wirtschaftsförderung könnte sich die Stadt auch über eine interkommunale Beteiligung andernorts wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten sichern.

Der Griff nach einer deutlich unkomplizierter zu erschließenden Staatsfläche beim Gewerbegebiet Altgefäll sei ebenfalls eine Option. Nur eines sollten die heute Verantwortlichen nicht ignorieren, findet Wirtschaftsförderer Markus Epple: „Die Entwicklung neuer Gewerbeflächen ist essentiell.“

Firmen müssen in Pforzheim Steuern zahlen

Zahlen dazu werden dieser Tage für ein neues Ansiedlungskonzept aufbereitet. Dieses soll im Frühjahr zunächst im Wirtschaftsausschuss sowie im Gemeinderat vorgelegt werden und danach regeln, was auf den in Pforzheim raren Flächen geht. Zu den Handlungsgrundlagen könnte zum Beispiel gehören, dass interessierte Firmen nachhaltige Baukonzepte mit geringem Flächenverbrauch vorlegen und dass sie ihre Steuern in Pforzheim bezahlen.

„Ein zweites Amazon wird es nicht geben“, sagt Epple. Künftig sei der Wert eines Unternehmens für die Zukunft der Stadt ein Entscheidungskriterium, so der Gemeinderat dem Ansiedlungskonzept von Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim folgt. Gefragt seien hochwertige Betriebe, die ein Markenrenommee mit sich bringen sowie zu den Clustern Hochform, Kreativwirtschaft und IT passen. Auch Logistik könne ein Thema sein, so es Citylogistik ist.

Ein zweites Amazon wird es nicht geben.
Markus Epple, Wirtschaftsförderer Stadt Pforzheim

Aktuell hat Pforzheim laut Epple gut 30 Hektar zu vergeben, inklusive des projektierten 20 Hektar großen Gewerbegebiets Südlich des Hohbergs: „Das deckt die heute bekannte Nachfrage bis 2025.“ Die Anzahl der Pforzheimer Firmen bei den Flächenanfragen liege im zweistelligen Bereich. Dazu kämen vier große Unternehmen von außen, die jeweils zehn bis 15 Hektar suchen. Für einen akuten Bedarf oder attraktive Interessenten gebe es derzeit keine Reserven.

Braucht Pforzheim bis zu 100 Hektar Gewerbefläche?

Noch gravierender zeigt sich der Mangel in der mittelfristigen Planung. Insgesamt sind 60 bis 100 Hektar gefragt, wenn der Wirtschaftsförderer den Betrachtungszeitraum bis zum Jahr 2040 ausdehnt. Die Zahlen basieren auf einer so genannten Gifpro-Prognose, einer Gewerbe-Industrieflächen-Bedarfsprognose auf Basis der Beschäftigtenzahlen. Außerdem fließen in das Konzept Nachfragen bei ansässigen Firmen ein. Der errechnete Bedarf bringt die neuen Gewerbegebiete ins Spiel, die Pforzheim gerade emotional und kontrovers diskutiert.

„Man muss zumindest über die Planung nachdenken dürfen und der folgenden Generation die Chance eröffnen, diese Flächen zu Verfügung zu haben“, sagt Epple. Er hat dabei das Ochsenwäldle im Blick, aber nicht nur. „Wenn wir es in 20 Jahren nicht brauchen, dann schadet das nicht.“ Dass die Stadt mit der Ausweisung der Waldfläche als Gewerbegebiet zum Flächenverbrauch einlade, glaube er nicht. „Das Ding wird so teuer, das ist dann ein maximaler Stellriegel“ gegen ein Verschleudern von Grundstücken. Auch, dass nur Erbpacht vorgesehen sei, dürfte aus Sicht von Epple ein Hemmnis sein.

Zur Entwicklung neuer Gewerbeflächen gehört auch Nachverdichten von bestehenden sowie ein Rückkauf von leerfallenden Flächen - so sie denn der Stadt angeboten werden. Als mindergenutzt gelten derzeit zum Beispiel das Richter-Areal in Büchenbronn und das Bader-Gelände im Brötzinger Tal.

Wohnungen statt Betriebe

Hinzu kommen Gebiete in der Oststadt, die nicht mehr gewerblich genutzt werden oder mittelfristig zum Verkauf kommen dürften. Die meisten davon wären aus Epples Sicht allerdings „wertvoller, wenn dort Wohnen und Versorgung statt lärmender Betriebe hinkämen“.

Das neue Ansiedlungskonzept wird rund ein Jahr später fertig als geplant. Das hängt laut Epple wesentlich mit dem Gewerbegebiet Südlich des Hohbergs zusammen, für das jetzt der Bebauungsplan ansteht. Weiter werde der Flächenbedarf berücksichtigt, der sich aus dem eigenständigen Konzept ergibt, das gerade für die Nahversorgung der Pforzheimer Bevölkerung in Arbeit ist. Die gerade kontrovers diskutierte Frage, ob denn in Zeiten von Homeoffice überhaupt noch so viel Gewerbefläche gebraucht wird, stelle sich dagegen nicht, sagt Epple: „Produktion im Wohnzimmer ist herausfordernd.“

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