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Vorentscheidung in Ausschuss gefallen

OB Boch lenkt ein: Gewerbegebiet Klapfenhardt in Pforzheim abgelehnt

Die Entscheidung im Ausschuss war eindeutig: Das von der Stadtverwaltung Pforzheim und Oberbürgermeister Peter Boch lange favorisierte Gewerbegebiet im Klapfenhardt-Wald ist faktisch gestorben. Auch eine Alternative im Ochsenwäldle ist alles andere als sicher.

Protest auf Abstand: Umweltschützer verfolgen die entscheidende Ausschusssitzung zur Gewerbeflächenplanung in Pforzheim am Donnerstag im Pforzheimer Congresscentrum.
Protest auf Abstand: Umweltschützer verfolgen die entscheidende Ausschusssitzung zur Gewerbeflächenplanung in Pforzheim am Donnerstag im Pforzheimer Congresscentrum. Foto: Daniel Streib

Klapfenhardt oder Ochsenwäldle? Bis zuletzt hatte sich bei dieser Richtungsfrage zur Gewerbeflächenplanung eigentlich nur noch die CDU-Fraktion bedeckt gehalten. Aus allen anderen Fraktionen waren bereits klare Worte gefallen. Längst deutete sich deshalb das Aus für das von OB Peter Boch einst massiv propagierte Klapfenhardt an.

Nun herrscht Gewissheit. In einer gemeinsamen Sitzung von Hauptausschuss, Planungs- und Umweltausschuss, Bau- und Liegenschaftsausschuss sowie des Ausschusses für Wirtschaft und Digitalisierung sprach sich eine überwältigende Mehrheit der Mitglieder gegen ein Gewerbegebiet im Klapfenwardt-Wald zwischen der Autobahnanschlussstelle Pforzheim-West und Ispringen aus.

Darunter auch die CDU-Fraktion. Wenn auch mit der gebotenen Zurückhaltung. Vorsitzende Marianne Engeser sprach von einem „leichten Vorteil des Gebiets Ochsenwäldle“.

 Oberbürgermeister Beter Boch und Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler verkünden im Dezember 2017 im Pforzheimer Rathaus eine Änderung bei der Gewerbeflächenplanung.
Noch zuversichtlich: Oberbürgermeister Beter Boch und Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler verkünden im Dezember 2017 im Pforzheimer Rathaus eine Änderung bei der Gewerbeflächenplanung. Statt wie zuvor der Standort Ochsenwäldle, sollte demnach das Waldgebiet Klapfenhardt zum Gewebegebiet werden. Foto: Daniel Streib

Die Zurückhaltung schien auch der Loyalität zum CDU-OB Peter Boch geschuldet. Schließlich hatte Boch nach seinem Amtsantritt im Jahr 2017 die eigentlich längst ad acta gelegte Klapfenhardt-Variante wieder ins Spiel gebracht und ostentativ dafür geworben. „Ich marschiere nach Klapfenhardt“, eröffnete das Stadtoberhaupt bei seinem ersten Neujahrsempfang 2018 Congresscentrum. Das Ochsenwäldle, so Boch damals, werde nicht mehr verfolgt.

OB Boch lenkt ein

Fast drei Jahre später musste Boch an gleicher Stelle einräumen, dass er damit auf dem Holzweg war. Boch machte klar, dass er mit dem heutigen Wissen Klapfenhardt nicht weiterverfolge und sich nun auch für das Ochsenwäldle ausspreche.

Gleichwohl sei auch jenes kein Selbstläufer. Es könne noch zwei bis drei Jahre dauern, bis feststehe, ob dort tatsächlich ein neues Gewerbegebiet entstehen könne. Unter anderem müsse für das Ochenswäldle noch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Von dieser hänge ab, ob für eine Entwicklung eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung beantragt werden muss.

Eine Entwicklung von Klapfenhardt war bereits unter Boch-Vorgänger Gert Hager (SPD) als ungeeignet verworfen worden. Boch hatte die Pläne 2017 dennoch mit viel Optimismus reaktiviert.

Sogar zum Fastnachtsthema war Bochs Kurskorrektur geworden. Beim Umzug 2018 in Dillweißenstein trat Boch gar als Kapitän Klapfenhardt auf. Er versprach, dass Klapfenhardt nicht nur schneller realisiert werden könne als Ochsenwäldle, sondern argumentierte zudem mit einem Kostenvorteil von mehr als 50 Millionen Euro. Was allerdings auf viel Skepsis stieß, unter anderem bei Naturschutzverbänden, Bürgerinitiativen wie der BI Nord und Nachbargemeinden wie Ispringen.

Narretei: Pforzheims OB Peter Boch als Klapfenhardt-Kapitän beim Fastnachtsumzug 2018 in Pforzheim
Narretei: Pforzheims OB Peter Boch als Klapfenhardt-Kapitän beim Fastnachtsumzug 2018 in Pforzheim Foto: Daniel Streib

Die Stadt Pforzheim ruderte daraufhin teilweise zurück und kündigte im Mai 2018 die intensive Begutachtung und Gegenüberstellung der beiden Gebiete Ochsenwäldle und Klapfenhardt an. Eine Gegenüberstellung, die schließlich mehr als zwei Jahre dauern sollte und nun den Stadtverantwortlichen als Entscheidungsgrundlage diente.

Mit eindeutigem Ergebnis. Nicht nur Bochs CDU, sondern auch die große FDP/FW/UB/LED-Fraktion sprach sich gegen Klapfenhardt aus. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke (FDP) warb erneut für eine interkommunale Lösung. „Ob wir im Endeffekt ein Gewerbegebiet Ochsenwäldle bekommen, ist nicht sicher.“ Es lohne sich aber, in diese Richtung zu gehen.

Statt der Rodung von gesunden Wäldern brauchen wir eine Neukonzeptionierung bestehender Flächen.
Axel Baumbusch, Grüne Liste

AfD-Fraktionschef Bernd Grimmer sagte: „In Klapfenhardt geht die Klappe zu.“ Doch der ehemalige Grünen-Politiker merkte auch beim Ochsenwäldle Zweifel an. Die sechsköpfige AfD-Fraktion sehe noch „dringenden Diskussionsbedarf“.

Bedenken auch gegen Alternative

Laut SPD-Stadträtin Annkathrin Wulff kommt Klapfenhardt für ihre Fraktion nicht infrage, aber auch beim Ochsenwäldle habe man noch Bedenken. „Das ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera.“

Beide Standorte lehnen sowohl die „Grüne Liste“ als auch „Bündnis90/Die Grünen“ ab. Man müsse sich mehr auf die Verdichtung bestehender Flächen und die stärkere Entwicklung von Wohnraum als städtische Einnahmequelle konzentrieren, so Axel Baumbusch, der Boch überdies Respekt zollte für das Eingeständnis „sich geirrt zu haben“. Felix Herkens wunderte sich, dass Boch selbst im Januar 2020 noch an Klapfenhardt festgehalten habe.

Fazit: Die Ausschüsse stimmen mit großer Mehrheit für die Weiterverfolgung von Ochsenwäldle und ein Stopp der Klapfenhardt-Pläne. Nach der Vorentscheidung im Ausschuss, soll nächsten Dienstag im Gemeinderat die formale wie finale Entscheidung fallen. Das Vorhaben Gewerbegebiet Klapfenhardt ist dann offiziell erledigt.

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