Manche Neuerung und Überraschung wies die Einbringung des Haushaltsplanes 2021 der Stadtverwaltung Pforzheim auf. Zum ersten Mal geschah dies in der selbst ernannten „Smart City“ nicht in einer Sitzung im Ratssaal, sondern per „Zoom“-Videokonferenz mit den Gemeinderatsmitgliedern sowie Dirk Büscher, dem Ersten Bürgermeister der Stadt, der seit diesem Jahr auch Finanzdezernent ist.
Nicht unter den Teilnehmern der Videokonferenz, die nicht nur auf „Youtube“ gestreamt wurde, sondern auch im Einklang mit der Gemeindeordnung im nahezu menschenleeren Ratssaal, war überraschender Weise Oberbürgermeister Peter Boch. Das Stadtoberhaupt ist seit vergangenen Mittwoch mit einer Corona-Infektion in häuslicher Isolation, wollte aber dennoch seine Haushaltsrede per Video persönlich halten. Stattdessen leitete der fachlich ohnehin zuständige Büscher die Sitzung in Vertretung.
Büscher vertritt erkrankten OB Boch
Im vorbereiteten Redemanuskript hatte Boch noch formuliert: „Glauben Sie mir, mein Wochenende war nicht sehr angenehm, obwohl ich bisher Glück hatte und meine Symptome doch eher mild sind. Daher wollte ich es mir auch nicht nehmen lassen, diesen, meinen zweiten Haushalt persönlich einzubringen.“
Eineinhalb Stunden vor der Sitzung teilte die städtische Pressestelle jedoch mit, Boch könne „die Haushaltseinbringung aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst vornehmen“. Boch-Vertreter Büscher - ebenfalls eine Neuerung - verzichtete in seiner knapp 20-minütigen Haushaltsrede auf eine ausführliche Auflistung der einzelnen Haushaltsbereiche und verwies auf den knapp 1.000-seitigen gedruckten Entwurf, der den Ratsmitgliedern nach der Sitzung zugehen sollte.
Büschers Kennziffern waren gleichwohl aussagekräftig. „Wir sind mit zwei blauen Augen davongekommen“, beschrieb er die Lage. Lediglich 33,5 Millionen Euro Verluste im Ergebnishaushalt setzt die Finanzverwaltung um Stadtkämmerer Konrad Weber für 2021 an. Vor Corona hatte man zwar mit 5,5 Millionen Defizit gerechnet, nach dem ersten Lockdown im Frühjahr waren Schätzungen teilweise von siebenstelligen Verlusten ausgegangen.
Stadt profitiert von fetten Jahren
Büscher zufolge profitiert die Stadt in der Krise zumindest kurzfristig von den überdurchschnittlichen Einnahmen der vergangenen Jahre und der noch vorhanden Liquidität. So kommt es, dass der aktuelle Haushalt 2020 sogar mit einem Überschuss von bis zu neun Millionen Euro abschließen könnte, was laut Kämmerei auch an den Landeshilfen zum Gewerbesteuerausfall liegt.
Trotz Corona könne Pforzheim im nächsten Jahr mehr als 53 Millionen Euro investieren, unter anderem in Kindergärten und Schulen. Größter Posten ist allerdings der vom Rat beschlossene Rückkauf des Alten Rathauses für 8,6 Millionen Euro.
Mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen warnte Büscher die Räte vor Begehrlichkeiten: „Die fetten Jahre sind vorbei.“ Und die strukturelle Schieflage der Stadtfinanzen mit bald 100 Millionen Euro Schulden sei weiterhin ungelöst.